Jüdisches Gemeindezentrum in Hannover
Umbau eines evangelischen Gotteshauses zu einer jüdischen Synagoge
Im Nordwesten Hannovers, im Stadtteil Leinhausen, hat die Jüdische Gemeinde ein neues Gotteshaus bekommen. Die ehemalige evangelische Gustav-Adolf-Kirche wurde in den 1960er-Jahren vom Architekten Fritz Eggeling entworfen und 1971 eingeweiht. Das schlichte weiße Gebäude mit dem stark geneigten, markanten Pultdach wurde von der Bevölkerung recht schnell „Sprungschanze“ genannt.
Gallerie
Da die evangelisch-lutherische Gemeinde im Laufe der Jahre stetig kleiner und der Betrieb der Kirche nur gering gefördert wurde, musste die Kirche letztlich geschlossen und verkauft werden. Die liberale jüdische Gemeinde erwarb das nicht denkmalgeschützte Gebäude und ließ es zu einer Synagoge mit integriertem Gemeindezentrum umbauen. Finanziell wurde der Umbau vom Land Niedersachsen, der Stadt Hannover sowie von privaten Spendern gefördert.
Sanierung/Modernisierung
Nach zweieinhalbjähriger Planungs- und Bauzeit stand das
Gemeindezentrum Etz Chaim (zu deutsch Baum des Lebens) für
seine neue Nutzung bereit. Die Architekten Roger Ahrens und Gesche
Grabenhorst aus Hannover erhielten die ursprüngliche äußere Gestalt
des Gebäudes und verliehen den Innenräumen einen neuen,
meditativen, sakralen Charakter.
Im ersten Obergeschoss befindet sich der Synagogenraum, der gleichermaßen für Gottesdienste und für Versammlungen, Konzerte und Lesungen genutzt werden kann. Dieser quadratische, sieben Meter hohe Raum bekommt durch die geschickte Platzierung eines blendfreien Oberlichtes in der Raummitte eine kontemplative Atmosphäre. Die textilbespannten Seitenwände, welche oberhalb der weiß lackierten Holzschränke beginnen, sind hinterleuchtet und sorgen so ebenfalls für weiches, diffuses Licht.
Durch vier klar verglaste, bodentiefe Seitenfenster wird der Blick nach außen gewährleistet. Der Raum wird von Vitrinen und Falttüren flankiert, hinter denen sich Ausstellungsgegenstände oder technische Einrichtungen verbergen. Über drei Stufen gelangt man zum axial angeordneten Thoraschrank, der der sakrale Mittelpunkt des Raumes bildet. Er enthält eine eigene Thorarolle der Gemeinde und zwei Dauerleihgaben. Der Schrank wurde mit einer goldfarbenen Metallverkleidung umschlossen. Als Vorlage für das Ornament des Bleches, das als Gestaltungselement ebenso im Eingangsbereich sowie als Sichtschutz vor den Fenstern eingesetzt wurde, diente der Davidstern.
Alle Innenräume sind weiß verputzt und verfügen über dunkle Naturstein-, Werkstein- oder Linoleumböden. Die anthrazitfarbenen Türen unterstützen das schlichte, zurückhaltende Konzept. Eine jüdische Bibliothek, die mit fünf Meter hohen Bücherregalen einen 80 m² großen Leseraum mit einer umlaufenden Galerie umschließt, konnte auf der ehemaligen Empore des Kirchenraumes realisiert werden. Neben einer öffentlichen Beratungsstelle für Zuwanderer, einem Jugendraum und Büros gehören zu dem Gemeindezentrum ein Café und ein progressiver jüdischer Kindergarten.
Für diesen behutsamen Umbau der ehemals
evangelischen-lutherischen Kirche zu einem jüdischen Gotteshaus
wurden die Architekten Ahrens und Grabenhorst 2010 mit dem
Niedersächsischen Staatspreis für Architektur
ausgezeichnet.
Bautafel
Architekten: Ahrens Grabenhorst Architekten, Hannover
Projektbeteiligte: HTA, Hildesheim (Haustechnik); Heinrich Meier, Hannover (Tragwerksplanung); Klaus Sellmann, Garbsen (Prüfstatik); Horstmann und Partner, Laatzen (SiGeKo); AMT Ingenieurgesellschaft, Isernhagen (Raumakustische Beratung); AVE Verhengsten Audio Visual Equipment, Hannover (Akustik/Beschallung); Selge Saur, Isernhagen (Rohbau, Abbrucharbeiten); Elektro Lindemann, Isernhagen (Elektroinstallation); Ruhstrat Haus- und Versorgungstechnik, Göttingen (Raumlufttechnik); HFP Haustechnik, Hannover (Heizung/Sanitär)
Bauherr: Stiftung Liberales Judentum Hannover
Fertigstellung: 2009
Standort: Fuhsestraße 6, Hannover-Leinhausen
Bildnachweis: D. Haas-Arndt, Hannover