Bibliothek für Architektur, Kunst und Design in Münster
Gläserner Erweiterungsbau
Seit 1994 bildet der Leonardo-Campus im Norden der westfälischen Stadt Münster das kreative Zentrum der dortigen Bildungslandschaft. Mehrere massive denkmalgeschützte Backsteingebäude, die zwischen 1898 und 1901 für die preußische Kavalerie errichtet worden sind, beherbergen heute verschiedene Fachbereiche der Kunstakademie und der Fachhochschule Münster. Um auch deren Literaturbestände in einem Gebäude zu vereinen, bedurfte es einer Erweiterung der vorhandenen Bibliothek.
Gallerie
Drei auserwählte Masterstudenten des Fachbereichs Architektur
wurden mit dem Entwurf für einen Anbau an die Bestandsbibliothek
betraut, der möglichst den Blick auf das historische Gebäude
erhalten sollte. Zwei von ihnen haben dann als studentische
Planungsgemeinschaft Zauberscho(e)n die praktische
Ausführungsplanung und Umsetzung zusammen mit ihrem Professors
Herbert Bühler durchgeführt.
Sanierung und Modernisierung
Im Nordosten des Bestandsgebäudes erstreckt sich nun auf einer
Fläche von rund 415 m² (46 m auf 9 m) ein gläserner,
eingeschossiger Anbau. Durch seine Transparenz ist die
dahinterliegende Backsteinwand der Bibliothek sichtbar. Optisch ist
der Neubau mit seinem auskragenden Flachdach durch eine 46 m lange
Glasfuge vom Altbau getrennt, die tagsüber eine blendfreie,
natürliche Belichtung des Innenraumes ermöglicht. Drei weiße
Stützen bilden das primäre Tragwerk des Anbaus und ermöglichen eine
flexible Gestaltung des Innenraumes. Deren ungewöhnliche Form
stellt den abstrahierten Bewegungsablauf der Vorderbeine eines
galoppierenden Pferdes dar – in Anlehnung an die einstige Funktion
des Gebäudes, einem Pferdestall.
Im Wesentlichen ist der neue Baukörper in drei Bereiche unterteilt. Im Zentrum erstreckt sich der Freihandbereich mit angeschlossenem Zeitschriftenarchiv. Raumhohe, parallel zueinander aufgestellte, schlichte Regale nehmen die Buchbestände auf. Im Nord-Osten des Gebäudes stehen den Nutzern drei separate, abgeschlossene Arbeitsplätze zur Verfügung. Ein großer ovaler Konferenztisch im Süd-Osten, auf der anderen Seite des Anbaus, lässt sich mit einem schweren weißen Akustikvorhang umschließen, sodass hier verschiedene Arbeitsformen oder auch Schulungen möglich sind ohne dass der eigentliche Bibliotheksbetrieb gestört wird. Zwei schwarze, scheinbar über dem anthrazitfarbenen Industrieboden schwebende Stahltreppen ermöglichen den Zugang in das zweite Geschoss der vorhandenen Bibliothek. Schmale, hohe Durchbrüche in der Backsteinwand schaffen eine visuelle Verbindung zwischen Alt- und Neubau.
Drei Seiten des quaderähnlichen Baukörpers werden von einer Structural Glazing Fassade umhüllt, die durch rechtwinklig angeordnete Verbundglasschwerter statisch unterstützt werden und für die nötige Aussteifung gegenüber anfallenden Windlasten sorgen. Durch den Einsatz von Sonnenschutzglas kann auf zusätzliche innen- oder außenliegende Sonnenschutzsysteme verzichtet werden. Zudem sorgt der weite Überstand des Daches für eine ausreichende Verschattung des Innenraumes.
Die Belüftung des Anbaus erfolgt über fußbodenintegrierte Klappen und Gitterroste im Fassadenbereich. Die Abluft wird am höchsten Punkt des Raumes über die Lamellenfenster innerhalb der Glasfuge abgeführt, sodass eine wirksame Querlüftung im Bedarfsfall eine Klimaanlage entbehrlich macht. Beheizt wird das neue Gebäude über eine Fußbodenheizung.
Für die Erweiterung der Bibliothek auf dem münsteraner
Leonardo-Campus wurden die Architekten mit dem Deutschen
Hochschulbaupreis 2012 ausgezeichnet.
Bautafel
Architekten: Planungsgemeinschaft Zauberscho(e)n mit Andreas Schüring, Stephan Weber, Mathias Hostmann (Mitarbeit Entwurf), Münster; Prof. Prof. h.c. Herbert Bühler von Bühler und Bühler, München
Projektbeteiligte: Josef Gartner, Gundelfingen (Fassadenplanung); Ingenieurgemeinschaft Führer Kosch Jürges, Aachen (Tragwerksplanung); Averbeck Bau, Ostbevern (Generalunternehmer); Bentheimer Stahl und Hallenbau, Bad Bentheim (Stahlbau); Ziegelwerk Schüring, Gescher (Sanierung historisches Mauerwerk);
Bauherr: Land Nordrhein-Westfalen
Fertigstellung: 2010
Standort: Leonardo-Campus, 48149 Münster
Bildnachweis: D. Haas-Arndt, Hannover; Planungsgemeinschaft Zauberscho(e)n, Münster und Roland Borgmann, Münster