Theater in Wuxi

Hinter den Kulissen

Erst bei genauerem Hinsehen zeichnen sich die Umrisse eines Gebäudes ab: Ein stilisierter Bambuswald umgibt das Taihu Show Theatre am Ufer eines Sees in der chinesischen Metropole Wuxi. Inspiriert ist das Bauwerk durch den etwa 50 Kilometer entfernten Nationalpark „Sea of Bamboo” in Yixing, in dem sich der wohl größte Bambuswald des Landes befindet. Doch die filigranen, leicht geneigten Stützen mit goldenem Lamellendach dienen dem Bühnenhaus nicht nur als symbolisch aufgeladene Hülle. Vielmehr handelt es sich um einen effektiven Sonnenschutz, der die dahinterliegende gläserne Vorhangfassade verschattet.

Gallerie

Ring, Kranz und Zylinder

Im Kern des von SCA Steven Chilton Architects geplanten Gebäudes sitzt ein zylindrischer Rundbau, der von einem Kranz aus zahllosen Stützen umgeben wird, die ein ringförmiges Vordach aus golden eloxierten Lamellen tragen. Im Bereich der Zugänge lichtet sich die Säulenabschirmung, was dem Zuschauerfluss ebenso dient wie der Orientierung.

Auf insgesamt 34.500 Quadratmetern sind eine große Eingangshalle, zahlreiche Backstage- und Verwaltungsräume sowie der kreisrunde Theatersaal untergebracht. In dem multifunktionalen Raum mit zentral angeordneter Rundbühne finden 2.000 Zuschauer Platz. In erster Linie dient das Revue-Theater als Behausung für eine permanente Show zum Thema Wasser, inszeniert durch den Theaterregisseur Franco Dragone. Ferner sind wechselnde Tanzinszenierungen geplant.

Als Tragwerk dient eine Stahlbetonkonstruktion. Auf der Seite des Haupteingangs ist die thermische Hülle als großflächig verglaste Vorhangfassade, zur Rückseite als verputztes Blocksteinmauerwerk ausgeführt. Rundherum sind sowohl auf die verglasten als auch auf die verputzten Fassadenabschnitte weiße und goldene Streifen aufgebracht, die über die gesamte Höhe verlaufen und die Stützen imitieren. Der abstrakte Bambuswald wird dadurch optisch fortgesetzt, der Kern des Bauwerks scheinbar entmaterialisiert.

Sonnenschutz: generativ gestaltete Überkopfverschattung

Die Überkopfverschattung umgibt das Gebäude auf Level des Daches, ist also dessen Fortführung über die Grenze der Gebäudehülle hinaus. Ihre Gestaltung leitet sich aus der Abstraktion eines Blätterdaches in einem echten Bambuswald ab. Funktional entspricht sie dem Vorbild aus der Natur insofern, als dass sie die Fassade großflächig verschattet. Die erforderliche Kühlung des Theaters soll durch diese passive Maßnahme verringert werden.

Das ringförmige Vordach setzt sich zusammen aus unregelmäßigen Dreiecken in verschiedenen Größen, die teilweise in einer sekundären Tragstruktur wiederum in kleinere Einheiten unterteilt sind. Alle Dreiecke nehmen parallel verlaufende Reihen von golden anodisierten, feststehenden Aluminiumlamellen auf, deren Ausrichtung und Winkelstellungen zufällig ausgewählt sind. Gemeinsam mit den ebenfalls willkürlich geneigten Stützen ergibt sich ein organisches Gesamtbild. Die Lichtsituation unter dem Vordach und im Inneren des Gebäudes ändert sich dabei im Tagesverlauf durch die unterschiedlichen Sonnenstände stetig.

Beim Entwurf des Stützenkranzes wurde punktuell die Methode der Generativen Gestaltung eingesetzt, oft auch als „Computational Design“ bezeichnet. Dabei werden bestimmte Entwurfsentscheidungen nicht allein durch die Entwerfenden getroffen, sondern durch einen zuvor entwickelten Algorithmus unterstützt. So bewirkte den willkürlich wirkenden Neigungswinkel der Stützen ein Algorithmus, der die optimale Verteilung der Basen am Boden berechnete. -sr

Bautafel

Architekten: SCA Steven Chilton Architects, London
Projektbeteiligte:
BuroHappold Engineering, Bath (Tragwerkplanung); Auerbach Pollock Friedlander, San Francisco (Beratung Bühnen-, Audio- und Videotechnik); Dragone, La Louvière (Inszenierung / Show-Design)
Bauherrschaft: Sunac Group, Tianjin
Fertigstellung: 2019
Standort: Binhu, Wuxi, Volksrepublik China
Bildnachweis: Kris Provoost, Hongkong / Shanghai

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