Wohn- und Geschäftshaus in Zürich
Sechsgeschossiger Holzbau mit Schieferfassaden
Gallerie
An der Nordspitze des Zürcher Sees, unweit des Stadtzentrums,
entstanden nach Plänen des ortsansässigen Büros Kämpfen für
Architektur zwei Hochbauten aus großflächigen
Holzrahmenelementen. Sie schließen den nordöstlichen und
südwestlichen Rand eines Baublocks, weisen fünf Vollgeschosse plus
Staffelgeschoss auf und sind unterirdisch miteinander verbunden.
Der nördliche schließt an der verkehrsreichen Mühlebachstraße eine
Lücke zwischen einem Bürohaus der 1970er-Jahre und einem
denkmalgeschützten Bau aus dem 19. Jahrhundert. Der südliche bildet
am anderen Ende des Grundstücks, an der Hufgasse, den Abschluss
einer Zeile mit Wohnhäusern aus den 1940er-Jahren. Diese steht
unter Denkmalschutz und ist leicht konkav ausgebildet, worauf der
neue Baukörper mit gegensätzlichem Schwung und abgewinkeltem
Grundriss reagiert.
Aufgrund eines Geländeversatzes ist das Grundstück an der Hufgasse
tiefer gelegen als das an der Mühlebachstraße. Das Gebäude dort
erhielt daher eine zusätzliche Ebene, die als Hofgeschoss
bezeichnet wird, da sie ausschließlich vom Hof aus belichtet wird.
In den Räumen gen Südwesten befinden sich dementsprechend Büros,
die unbelichteten Räume nach Nordosten werden als Keller genutzt.
Durch diesen Höhenversatz wurde das (einschließlich Staffel-, Hof-
und Kellergeschoss) insgesamt achtstöckige Haus an der
Mühlebachstraße brandschutztechnisch genehmigungsfähig, denn in der
Schweiz sind nur sechs Geschosse als Holzbau erlaubt; die unteren
beiden Geschosse zählen diesbezüglich nicht.
Da die beiden Bauherrinnen Wohn- und Büroflächen wünschten, die
sich später umnutzen lassen, erhielten die über 4.500 Quadratmeter
umfassenden Gebäude flexible Grundrisse, die beiden Nutzungen
gerecht werden. Momentan werden vier Geschosse an der
Mühlebachstraße gewerblich genutzt, die oberen drei Etagen sind als
Wohnungen ausgebaut. An der Hufgasse befinden sich nur im
Erdgeschoss Büros, alle weiteren Stockwerke beinhalten Wohnungen.
Die Grundrisse sind als Zweispänner jeweils um ein innen liegendes
Treppenhaus mit Fahrstuhl angeordnet. Das Untergeschoss nimmt
beinahe die gesamte Grundstücksfläche ein, es bietet Platz für
Stellplätze, Technik und Kellerräume.
Die Wohn- und Geschäftshäuser erhielten eine Zertifizierung nach
Minergie-P-Eco, wofür eine schadstoffarme Bauweise und die
Minimierung grauer Energie eine große Rolle spielen. Sie wurden ab
Kellerdecke vollständig in vorgefertigter Holzbauweise errichtet.
Die tragenden Außenwände sind mehrschichtig aus großflächigen
Holzrahmenbauelementen mit integrierten Stützen aus
Brettschichtholz aufgebaut und durchgehend mit rund 35 cm
Steinwolle gedämmt. Die Decken bestehen aus einer
Brettstapel-Beton-Verbundkonstruktion, die weder Leim noch
Armierung benötigt. Diese Konstruktion dient als thermischer
Speicher und bietet hervorragenden Schallschutz. Das Energiekonzept
verbindet die Prinzipien der passiv-solaren Architektur mit
thermischen Sonnenkollektoren an der nach Südwesten ausgerichteten
Hoffassade und Photovoltaik-Modulen auf beiden Dächern. Die
technischen Systeme sind dabei so einfach wie möglich gehalten. Der
geringe zusätzliche Energiebedarf wird ausschließlich aus
erneuerbaren Energiequellen gedeckt.
Schiefer
Bis auf die Attikageschosse, die Hoffassade des zur Mühlebachstraße
orientierten Hauses und dessen Eingangsgeschoss sind die Fassaden
mit kleinteiligen, anthrazitfarbenen Schieferplatten bekleidet.
Diese stehen im Kontrast zu den hellgelben, aus der Fläche
hervorstehenden Aluminiumzargen der Fenster mit eingelassenen
Schiebeläden. Zum Einsatz kommt Schiefer im Format 40 x 25 cm als
Waagerechte Deckung. Durch die Höhen- und Seitenüberdeckung
bleiben als Ansichtsfläche einer Platte 36 x 21 cm übrig. Weil
jedes Gebinde zu dem darunterliegenden horizontal um
vier Zentimeter verschoben ist, entstehen auffallend schräge Linien
innerhalb der Fassadenfläche. Zur Befestigung
wurden pro Platte drei verzinkte Nägel und ein schwarz eingefärbter
Chromstahl-Schieferhaken verwendet.
Aufbau der Fassade von außen nach innen:
- Schiefer als Waagerechte Deckung
- 3 x 6 cm vertikale Unterkonstruktion zur Hinterlüftung
- Diffusionsoffene Feuchtigkeitssperre mit sd ≤ 0,2 m
- 1,5 cm GKF (Gipskarton feuerhemmend)
- 4 cm Wärmedämmung
- 6 x 24 cm Holzständer mit 24 cm Wärmedämmung in den
Zwischenräumen
- 1,5 cm GKF
- Dampfbremse mit sd ≤ 5 m
- 7,5 cm Metallständer mit Dämmung in den Zwischenräumen
- 2 x 1,25 cm Trockenbau, gespachtelt
Bautafel
Architekten: kämpfen für architektur, Zürich
Projektbeteiligte: De Vries Engineering, Zürich (Bauingenieur); Makiol + Wiederkehr, Beinwil am See (Holzbauingenieur); Q4 - Ingenieur Josef Kolb, Uttwil (Ingenieurbüro für Holzbau); Elektroingenieur Marcel Wyder, Zürich (Elekroplanung); HLKS-Ingenieur Planforum, Winterthur (HLKS-Planung); Amstein + Walthert, Zürich (Bauphysik); Rathscheck Schiefer, Mayen (Intersin-Schiefer)
Bauherren: Privat
Fertigstellung: 2012
Standort: Mühlebachstraße 8 und Hufgasse 11, Zürich
Bildnachweis: kämpfen für architektur, Zürich; Fotograf: R. Rötheli, Baden
Fachwissen zum Thema
Rathscheck Schiefer und Dach-Systeme, Mayen | Kontakt 02651 955 0 | www.rathscheck.de