Verlegung von Großformaten
Der anhaltende Trend zu großformatigen Fliesen und
Platten stellt alle am Bauteil „keramischer Belag“ Beteiligten vor
große Herausforderungen. Zumal der Qualitätsanspruch deutscher
Bauherren, insbesondere an die Ebenflächigkeit, deutlich höher ist
als beispielsweise in Südeuropa. Welche Stolperfallen,
Schwierigkeiten und normative Einschränkungen bei der Verarbeitung
von Großformaten zu erwarten sind, erläutert der Fliesen-, Platten-
und Mosaiklegermeister Thomas Schmidt in diesem Beitrag.
Gallerie
Untergrund
Faktisch gilt der Grundsatz: Je größer die zu verlegenden
Fliesen und Platten sind, desto ebenflächiger muss der Untergrund
sein. Dies ist der heute fast ausschließlich angewendeten
Dünnbettverlegung geschuldet. Gab es in den letzten Jahren immer
eine Grauzone in der Vorbereitung der Untergründe durch Ausgleichen
und Spachteln, spricht die neue DIN 18157 Ausführung von
Bekleidungen und Belägen im Dünnbettverfahren nun endlich ein
klares Wort: Trotz Erfüllung der Ebenheitstoleranzen nach DIN
18202 Toleranzen im Hochbau sind Maßungenauigkeiten
im Vorfeld auszugleichen. Erfahrungsgemäß werden mehr Großformate
im Bodenbereich als an Wänden verlegt. Daneben sind Duschbereiche
mit geringem oder keinem Fugenanteil Wunsch vieler Bauherren. Auch
Küchenspiegel ohne hohen und lästigen Reinigungsaufwand werden
geschätzt. Mit Großformaten erleben keramische Beläge in diesen
Bereichen ebenfalls eine Renaissance. Dabei sind dann allerdings
nicht nur Ebenheits-, sondern auch Winkeltoleranzen zu
beachten.
Die vermeintlich einfache Methode, Unebenheiten mittels eines
erhöhten Klebemörtelauftrags auszugleichen, ist nur auf den ersten
Blick eine gute Idee. Eine bereits verlegte Platte wieder aufnehmen
und anschließend mit Klebemörtel ausgleichen zu wollen, dürfte sich
aufgrund ihrer Größe und ihres Ansaugverhaltens als schwierig
erweisen. Ein weiterer kritischer Punkt ist das schlechtere
Durchtrocknungsverhalten des Klebemörtels und die dadurch geringere
Verbundfestigkeit zwischen Kleber und Plattenrückseite, die meist
aus einem absolut dichten keramischen Scherben besteht. Umgekehrt
ist die Korrektur des Höhenversatzes infolge zu viel aufgetragenen
Klebemörtels auch nicht einfacher. Zur Korrektur muss wegen der
großen Fläche enorm viel Kraft aufgewendet werden.
Die bessere Alternative ist das Egalisieren des Untergrundes mit
gut verlaufenden Ausgleichsmassen wie z.B. Soloplan-30-Plus
von Schomburg. Wer diese Art der Untergrundvorbereitung wählt, muss
u.a. entsprechende Werkzeuge zur Verfügung haben. Denn schon die
Abweichung der Toleranz von nur einem Millimeter kann die
Investition zunichtemachen. Viele Unternehmen sehen in diesem
zusätzlichen Aufwand einen Nachteil im Zeitmanagement. Meist
rentiert sich der Aufwand in einen zusätzlichen Vorbereitungstag
und das benötigte Material jedoch, denn die Verlegeleistung wird
sich entsprechend erhöhen.
Estrichbindemittel und ihre Unterschiede
Calciumsulfatfließestriche stellen im Allgemeinen einen idealen
Untergrund hinsichtlich des ebenflächigen Einbaus dar. In der Regel
sind keine zusätzlichen Ausgleichsschichten erforderlich. Gleiches
gilt für Zementfließestriche. Konventionell eingebaute Estriche
unterliegen aufgrund des händischen Einbaus naturgemäß gewissen
Unebenheiten. Somit ist hier eine Ausgleichsschicht meist
erforderlich. Egal welche Möglichkeit der Egalisierung der
Unebenheiten man favorisiert, es müssen umfangreiche Kenntnisse
über das eingesetzte Estrichbindemittel und den daraus
resultierenden Eigenschaften vorliegen.
Oberste Priorität hat die Belegreife des Untergrundes.
Oberflächenfestigkeit, Ebenflächigkeit und vor allem die
Restfeuchtigkeit eines Untergrundes bilden die Grundlage für eine
Erfolg versprechende Leistung, die der Auftraggeber erwartet.
Leider hat man bei der Neugestaltung der neuen DIN 18157 die
Verantwortung und die möglichen Folgen auf den Verarbeiter
„abgewälzt“. Die breit gefächerte Angabe der Belegreife/Restfeuchte
bei Zementestrichen mit 2,0 bis 2,5 CM% kann fatale Auswirkungen
haben. Die ersten Vorgaben des Fachverbands Fliesen und Naturstein
im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) in der
Veröffentlichung Großformatige keramische Fliesen und
Platten aus dem Jahr 2010 von nur 1,8 CM% bei Zementestrichen
waren, ausgehend von den heute vorzufindenden, gesamtklimatischen
Verhältnissen im Wohnbereich, eine richtungsweisende Vorgabe.
Möchte man bzgl. der Restfeuchte den sicheren Weg gehen, bleibt nur
die Erstellung eines Schnellestrichs, z.B. mit Aso-EZ6-Plus
von Schomburg, der nach 24 Stunden bereits mit Fliesen belegbar
ist.
Folgende Fakten sollen die Ursache und Wirkung zu hoher Restfeuchte, vor allem bei Calciumsulfat- und Zementestrichen, infolge zu früher Belegung kurz darlegen:
- Calciumsulfate unterliegen bei zu hoher und durch dampfdichte Beläge eingeschlossener, alkalischer Feuchtigkeit teilweise starken Volumensvergrößerungen. Menge und Zeitraum sind stark abhängig von der sich bildenden Zusammensetzung. Die entstehende Kristallisation benötigt Platz, das Volumen unter der Fliese nimmt zu, es kommt zu immensen Schäden der Konstruktion.
- Zementestriche unterliegen wegen ihres Bindemittels anderen chemischen und bauphysikalischen Grundsätzen. Oft tritt bei dieser Estrichart eine nicht zu vernachlässigende Schüsselung infolge zu schnellen Austrocknens der Oberflächenzone auf. Nach Belegung eines vermeintlich belegreifen Untergrundes kommt es im Estrich zur Angleichung an die sogenannte Haushalts- oder Ausgleichsfeuchte. Der Estrich wird sich bis zur Einstellung dieser schwinden und folglich verkürzen. Verbundstörungen durch auftretende Scherspannungen gerade im Randbereich sind die Folge, abgesehen vom allgemein bekannten Abriss der elastischen Randfuge.
- Eine zu hohe Restfeuchte bei der Belegung zementgebundener Estriche bringt andere Probleme mit sich. Die eingeschlossene Feuchtigkeit führt zwar nicht wie bei Calciumsulfaten zu Gefüge zerstörenden Schäden, allerdings dürfte die sich bildende konvexe Verformung und Eckabsenkung bis hin zum Einbruch der Estrichkonstruktion jedem bekannt sein. Folglich treten an der Belagsoberfläche und teilweise in Rand- und Eckbereichen durch die Längenausdehnung sehr hohe Scherspannungen auf. Eine Kompensation dieser ist in der Klebemörtelschicht schlichtweg nur mit wirklich verformbaren Klebemörteln, wie z.B. Unifix-S3 von Schomburg in einer angemessenen Schichtdicke möglich. Während bei kleineren Fliesenformaten der relativ hohe Fugenanteil entspannend wirkt, kann es unter Großformaten zu Verbundstörungen kommen. Ausplatzungen von Fugenmörtel, Hohllagen und Abscheren des Belages vom Klebemörtel sind das Ergebnis.
Verlegung von Großformaten
Ein viel diskutiertes Thema sind die maximal zulässigen
Abweichungen bei Fliesen nach der EN 14411 Keramische Fliesen
und Platten. Die derzeit gültigen Festlegungen z. B. der
Kantenlängenwölbung von 0,5 % bei trocken gepressten Fliesen sind
meiner Auffassung nach viel zu groß. Bezogen auf eine Fliese mit
1,20 m Kantenlänge wären 6 mm Wölbung zulässig! Daraus ergeben sich
qualitative Einschränkungen, die gerade bei Erwerb des
Belagsmaterials durch den Auftraggeber meist nicht berücksichtigt
werden. Folglich muss der Verleger die zu treffenden Maßnahmen
selbst einschätzen. Großformatige Beläge sollten nach Möglichkeit
so hohlraumarm wie möglich verlegt werden. Hierfür eignen sich z.B.
der flexible Fliesenklebemörtel Monoflex-XL oder der
flexible Fließbett-Fliesenklebemörtel Monoflex-FB von
Schomburg. Thermische Beanspruchung und Längenänderungen führen zu
Spannungen, die zwischen Estrich und Fliese im Kleberbett
ausgeglichen werden müssen. Verwölbte Fliesen sind nur durch die
Anwendung des Buttering-Floating-Verfahrens mit hoher
Klebemörteldicke sicher zu verlegen. Oft reicht auch die Anwendung
dieser Verlegemethode nicht mehr aus. Teilweise muss die
aufgetragene Klebemörtelschicht der Verwölbung angepasst werden.
Auch bei nicht verwölbten Fliesen ab 50 x 50 cm Kantenlänge ist
rückseitig eine Kontaktschicht aufzutragen. Die gewährleistet zum
einen das Verfüllen von Vertiefungen, zum anderen einen guten
Haftverbund zur bereits auf dem Untergrund
aufgetragenen Mörtelschicht.
Mehrdicken von Klebemörteln beinhalten nicht nur ein hohes,
sondern auch alkalisches Feuchteniveau. Entsprechend müssen
besonders Calciumsulfat gebundene Untergründe vor dem Eintrag
alkalischen Milieus geschützt werden. Der Einsatz schnell bzw.
kristallin abbindender Klebesysteme könnte hilfreich sein. Aus
praktischen Gründen allerdings empfiehlt sich zum Schutz des
Estrichs vor eindringender alkalischer Feuchtigkeit der Einsatz
einer wirklich dichten Reaktionsharzgrundierung.
Belags- und Bewegungsfugen
Belagsfugen erfüllen nicht
nur gestalterische Aspekte, sondern auch technische Aufgaben.
Fugen in 1
bis 2 mm Breite, oft vom Auftraggeber gewünscht, können diesen
Aufgaben nicht mehr genügen. In normalformatigen Keramikbelägen
können Spannungen in den vielen Fugen aufgenommen werden. Bei
Großformaten und dem entsprechend geringen Fugenanteil funktioniert
das nicht mehr. Gerade bei Konstruktionen mit Großformaten in
Verbindung mit entsprechenden Fensterfronten sollten deshalb die
zulässigen Maximalflächen nicht ausgereizt werden. Geometrische
Besonderheiten sollten ebenfalls beachtet werden. Bewegungsfugen
müssen so ausgeführt sein, dass sie zu erwartende Formveränderungen
konstruktiv aufnehmen können, also entsprechend dimensioniert.
Festzulegende Feldgrößen können je nach Estrichausführung und
Bindemittel variieren.
Belagsebenflächigkeit
Untergrundebenheit, Maßtoleranzen des Belagsstoffes und
eventuell zu treffende Maßnahmen sind wesentliche Kriterien zur
Abnahmefähigkeit eines mit Keramik belegten Estrichs. Überzähne
wären nach den Vorgaben des ZDB-Merkblatts Höhendifferenzen in
keramischen, Betonwerkstein- und Naturwerksteinbekleidungen und
Belägen richtungsweisend für eine Einigung. Allerdings muss die
Auffassung des ZDB nicht unbedingt vom Sachverständigen geteilt
werden und schon gar nicht vom Auftraggeber oder Bauherrn. Auch in
diesem Fall gibt es technische Hilfsmittel, die eine ebenflächige
Verlegung möglich machen – sogenannte Nivelliersysteme bzw.
Verlegehilfen. Am Anfang belächelt, sind sie heute für eine
hochwertige Verlegung von Großformaten nicht mehr wegzudenken. Aber
hier ist ebenfalls weniger mehr. Wichtig ist eine vollflächige
Bettung der Platte, eine an der Fliese rückseitige Kleberbenetzung
und ein minimales Angleichen benachbarter Fliesen. Keinesfalls
sollte die Fliese aus dem Klebebett gehoben werden, Hohllagen wären
die Folge. Die Vielfalt der angebotenen Nivelliersysteme und
Verleghilfen ist groß, jeder Verleger wird hier seinen Favoriten
finden.