Europäische Schule in Frankfurt
Erweiterung mit vorgefertigten 3 x 3 x 9-Meter-Holzmodulen
Seit ihrer Gründung 1998 hat die Europäische Zentralbank (EZB)
ihren Sitz in Frankfurt am Main und seit 2002 gibt es in der Stadt
für die Kinder ihrer Mitarbeiter auch eine Europäische Schule.
Während sich die Institution für ihren Neubau im Frankfurter Ostend
(siehe Surftipps) 13 Jahre Planungs- und Bauzeit genehmigte – der
Wettbewerb startete 2002, eröffnet wurde 2015 – musste die mit
ihren räumlichen Kapazitäten ebenfalls längst an ihre Grenzen
gekommene Schule innerhalb kürzester Zeit erweitert werden. Die
ortsansässigen Architekten Nicole Kerstin Berganski und Andreas
Krawczyk schlugen im Rahmen einer Machbarkeitsstudie vor, nicht wie
inzwischen schon fast üblich Schiffscontainer zu stapeln, sondern
aus vorgefertigten Holzcontainern ein ordentliches Haus zu bauen.
Sie erhielten den Auftrag für das bauaufsichtlich dennoch nur als
temporär eingestufte Schulgebäude und benötigten für die Planung
und Realisierung lediglich rund anderthalb Jahre.
Gallerie
Dem mäandrierenden, dreigeschossigen Neubau der Vor- und
Primarschule sieht man seinen modularen Aufbau auf den ersten Blick
nicht an. Die Architekten haben den insgesamt 98 gereihten und
gestapelten Holzcontainer eine Hülle aus geschosshohen
Holz-Aluminiumfenstern und silbrig glänzenden Trapezblechen
gegeben, deren Klarheit und Präsenz vielmehr den vorhandenen
benachbarten Schulbau provisorisch erscheinen lässt.
Die 98 Raummodule wurden in der Steiermark vorgefertigt und mit
Lkws nach Frankfurt transportiert; die Größe von etwa 3 x 3 x 9
Metern hing durchaus mit diesem Aspekt zusammen. Jedes der 17
Klassenzimmer setzt sich aus drei Elementen zusammen, von denen die
beiden äußeren eine geschlossene Seitenwand aus Brettsperrholz und
einen frei spannenden Unterzug haben. Das beidseits offene mittlere
Element hat in Längsrichtung zwei Unterzüge aus sogenannter
Baubuche, einem Furnierschichtholz aus Buche, dessen Festigkeit
eine Spannweite von neun Meter ermöglicht. Die Nebenräume,
Treppenhäuser und Sanitärbereiche werden jeweils aus einzelnen
Modulen gebildet, die Flurzonen haben partiell eine doppelte Breite
und dienen den Drei- bis Achtjährigen hier auch als Tobe- und
Begegnungsort. Lediglich der Bewegungsraum im Erdgeschoss bricht
aus dem Raster und der Bauweise aus: mit Abmessungen von 12 x 36
Metern benötigte er eine Stahlkonstruktion.
Alle Räume sind durch die hell lasierten Holzoberflächen der
vorgefertigten Elemente geprägt und wurden nachträglich mit grauem
Linoleum ausgelegt. In maximalem Kontrast zur zurückhaltenden
Farbigkeit der Innenräume und auch der Fassade stehen die drei
Treppenhäuser, die leuchtend bunt in Gelb, Pink und Grün ausgemalt
sind.
Konstruiert wurde das Gebäude ohne Keller auf einer Bodenplatte aus
Beton, auf die die fertigen Module gestapelt und mit
Positiv-Negativ-Knaggen ineinander gefügt und anschließend
verschraubt wurden. So können die Verbindungen auch wieder gelöst
und die Module einschließlich der demontierbaren Fassadenbleche
woanders wieder aufgebaut werden. Lediglich die haustechnische
Installation müsste dafür an den Übergangsstellen gekappt und
wieder zusammengefügt werden sowie das Dach neu eingedichtet
werden.
Bauphysik
Komplett mit Wänden, Böden, Decken und Fenstern,
Sanitärobjekten, Heizkörpern und Elektroverkabelung wurden die
vorgefertigten Holzcontainer geliefert. Vor Ort montiert wurden die
Fassadenbekleidungen mit Dämmung und Trapezblechen aus glänzendem
Aluminium sowie die Elemente der Glasfassade entlang der Flure und
die Linoleumböden. Der Dämmstandard der Module erfüllt die
Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2009. Damit
weisen die wichtigsten Bauteile folgende U-Werte auf:
Fußboden 0,35 W/m²K, Außenwand 0,28 W/m²K, Fenster und Türen 1,30
W/m²K. Für einen sommerlichen Wärmeschutz nach DIN 4108-2
Mindestanforderungen an den Wärmeschutz wurden zur Vermeidung
von Tauwasser und unhygienischen
Raumluftverhältnissen die Fenster auf der Südseite mit Markisen als
außen liegendem Sonnenschutz versehen.
In brandschutztechnischer Hinsicht ist die Schule der Gebäudeklasse 3 zugeordnet und musste
feuerhemmend ausgebildet und aus größtenteils normal entflammbaren
Baustoffen hergestellt werden. Dass die vielen Holzoberflächen
sichtbar bleiben konnten, wurde durch eine Überversorgung mit drei
Treppenhäusern und entsprechend kurzer Fluchtwege möglich.
Zur Erfüllung der raumakustischen Anforderungen wurde eine
Akustikdecke der Absorberklasse A (höchst absorbierend) mit einem
bewerteten Schallabsorptionsgrad αw ≥ 0,90 großflächig
unter den Decken zwischen den Trägern angebracht. Beheizt wird die
Schule über eine Nahwärmeversorgung und
Deckenstrahlplatten.
Bautafel
Architekten: NKBAK, Frankfurt am Main
Projektbeteiligte: Hochbauamt Frankfurt am Main (Projektleiter, Fachplaner HLSE); Bollinger+Grohmann, Frankfurt (Tragwerksplaner); Merz Kley Partner, Dornbirn (Generalunternehmer Tragwerk); Michael Gattinger, Limburg (Landschaftsplaner); Kaufmann Bausysteme, Reuthe (Generalunternehmer); Jan Bratengeier Bau, Dreieich (Gründung, Rohbau); Wagner Zeitter, Wiesbaden (Brandschutz)
Bauherr: Stadtschulamt Frankfurt
Fertigstellung: 2015
Standort: Praunheimer Weg 126, 60439
Bildnachweis: Thomas Mayer, Neuss; Norman Radon, Ingolstadt; NKBAK, Frankfurt