Shoji-Apartment in London
Sambatreppe aus Birkensperrholz
Zwei typisch japanische Elemente finden sich in der 29
Quadratmeter großen Einraumwohnung im Londoner Stadtviertel Belsize
Park. Zum einen legte das verantwortlich zeichnende Architekturbüro
Proctor and Shaw der Wohnung das Konzept des sogenannten
Mikroapartments zugrunde. Ein bekanntes Beispiel für solche
Kleinstwohnungen war der Nakagin Capsule Tower in Tokio –
ein 13-geschossiger Turm mit 140 portablen, vorgefertigten
Wohnkapseln, der 1972 nach Plänen von Kisho Kurokawa errichtet und
2022 abgerissen wurde. Zum anderen sind die lichtdurchlässigen
Schiebetüren zwischen Schlaf- und Wohnbereich traditionellen,
japanischen Raumteilern aus Holz und Papier nachempfunden. Diesen
Shoji genannten Paravents verdankt das kleine Apartment auch
seinen Namen.
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Micro Living im Bestand
Angesichts der steigenden Immobilienpreise können sich vor allem in Großstädten wie London immer weniger Menschen eine eigene Wohnung leisten. Die Nachfrage nach Wohnungen für Ein- bis Zweipersonenhaushalte ist dabei besonders hoch. Eine mögliche Antwort auf diesen Bedarf ist das Konzept des sogenannten Micro Livings. Damit gemeint sind kompakte, aber komfortable Kleinwohnungen, die oftmals um Gemeinschaftsflächen ergänzt werden und mit unterschiedlichen Serviceleistungen verbunden sind. Sie haben den Vorteil, dass sie günstiger sind und weniger materielle Ressourcen benötigen.
Das Shoji-Apartment konzipierte das Architekturbüro als
Prototyp für Kleinstwohnungen in bestehenden Wohngebäuden mit
großzügigen Deckenhöhen. Vor dem Umbau war der Grundriss in drei
kleine Räume gegliedert. Durch Abriss der Innenwände entstand ein
offener, multifunktionaler Raum; das Bad blieb in der südöstlichen
Ecke der Wohnung erhalten. Wo früher die Küche war, befindet sich
nun eine Art Box mit zwei Ebenen, die aufgrund der Deckenhöhe von
3,40 Meter möglich waren. Oben bietet sie Platz für ein Doppelbett,
darunter ist ein begehbarer Kleiderschrank integriert. Umhüllt wird
diese Schlafkapsel von Schiebetüren aus weißem, transluzentem
Kunststoff mit Aluminiumrahmen. Getrennt nach Ebene lassen sie sich
von oben und unten öffnen. Von innen beleuchtet, strahlt die Kapsel
wie eine Laterne in den Raum.
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Farb- und Materialkonzept
Eine reduzierte, helle Farb- und Materialpalette sorgt in der kleinen Wohnung optisch für Ruhe. Wände und Decke sind mit hellgrauem Lehm verputzt, den Boden bedeckt ein farblich abgestimmter Linoleumbelag in hellem Grau. Die südöstliche Wand ist vom Boden bis zur Decke mit formstabilen Birkensperrholzplatten verkleidet. Die Küchenfronten und die Schlafkapsel bestehen aus dem gleichen Material, sodass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Das einzige schwarze Element im Raum ist eine kugelförmige Pendelleuchte, die an die berühmte Leuchte im Büro von Walter Gropius erinnert.
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Platzsparende Sambatreppe
Die Erschließung der Zwischenebene erfolgt über eine platzsparende Wechselstufentreppe. Die Besonderheit dieser Art von Treppen ist der versetzte Stufenauftritt. Jede Stufe ist abwechselnd links und rechts halbseitig ausgeklinkt, sodass immer nur der linke oder der rechte Fuß auf eine normal tiefe Stufe trifft. Aufgrund der Hüftbewegung beim Hinaufsteigen, die durch die zickzackförmige Lauflinie bedingt ist, werden solche Treppen auch Sambatreppen genannt.
Die Stufen bestehen aus 18 Millimeter starkem Birkensperrholz
und fügen sich dezent in das Materialkonzept ein. Der filigrane
Handlauf besteht aus dem gleichen Material wie
die Rahmen der Schiebetüren. Eine eingefräste, streifenförmige
Vertiefung in der angrenzenden Holzwand dient als zweiter Handlauf.
Bei geschlossenen Schiebetüren und angeschaltetem Licht im Inneren
der Schlafkapsel, lässt sich von außen die Silhouette der Treppe
erkennen. -np
Bautafel
Architektur: Proctor & Shaw, London
Projektbeteiligte: Jensen Hunt Design, London (Statik); James Latham (Holzeinbauten)
Bauherr/in: privat
Standort: Belsize Park, London, England
Fertigstellung: 2021
Bildnachweis: Ståle Eriksen, London (Fotos); Proctor & Shaw, London (Pläne)
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