Grundsätzliches zur Bauphysik und Bautechnik

Bei der Umsetzung jeder Art von Dachbegrünung müssen zahlreiche Aspekte beachtet werden. Die wichtigsten Anforderungen sind in den Richtlinien für die Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen (Dachbegrünungsrichtlinien) zusammengefasst; eine explizite Norm zur Dachbegrünung gibt in Deutschland nicht. Die Dachbegrünungsrichtlinien werden von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) herausgegeben, gelten als verbindlich und enthalten Vorgaben für den Dachaufbau, wie etwa Trennlage, Schutz-, Durchwurzelungs-, Drän- und Filterschicht, der Schwerpunkt liegt auf der Vegetationstechnik. Für Techniken, die nicht in den der FLL-Dachbegrünungsrichtlinien geregelt sind, verweist die FLL auf die jeweiligen Normen und Richtlinien.

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Dachkonstruktionen und -abdichtungen

In Deutschland sind für gängige Dachbegrünungsarten nach einschlägigen Normen zwei wesentliche Punkte von Bedeutung: Eine fachgerechte Abdichtung und die ausreichend statische Tragfähigkeit der Dachkonstruktion. Die spezifische Dachform (flach, geneigt oder gekrümmt) und die verwendeten Materialien beeinflussen die Wahl der Begrünung und haben Auswirkungen auf die Kosten und Lebensdauer des Gründachs.

Die Dachabdichtung für Gründächer muss wurzelfest sein, um Schäden an der Dachkonstruktion durch eindringendes Wasser zu verhindern. Die Bewertung der Wurzel- und Rhizombeständigkeit von Dachabdichtungen und separaten Wurzelschutzschichten erfolgt deutschlandweit nach dem Prüfverfahren der FLL. Durchgeführt werden die Prüfungen durch unabhängige Institute; die jeweiligen Hersteller stellen bei Bedarf entsprechende Prüfberichte ihrer Produkte zur Verfügung. Grundsätzlich schränkt das Kriterium der Wurzelfestigkeit die Wahl des Abdichtungsmaterials nicht wesentlich ein. Dachabdichtungen können aus Bitumen- und Polymerbitumenbahnen, aus Kunststoff- und Elastomerbahnen oder Flüssigabdichtungen bestehen. Nicht wurzelsichere Dachabdichtungen müssen mittels Aufbringen eines separaten Wurzelschutzes ausreichend gesichert werden. Dies geschieht meist mittels Kunststofffolien oder -bahnen.

Bauphysikalische Besonderheiten der Dachkonstruktion

Der Wärmeschutz von Dachflächen wird über Dämmschichten sichergestellt, die ihre Funktion nur erfüllen, wenn sie dauerhaft trocken bleiben. Sie werden üblicherweise unterhalb der Dachabdichtung platziert. Je nach Art und Anordnung des Wärmeschutzes unterscheidet man drei Arten von Dachkonstruktionen:

  • Nicht belüftetes Dach (Warmdach)
  • Belüftetes Dach (Kaltdach)
  • Umkehrdach
Beim einschaligen, nicht belüfteten Warmdach verhindern Dampfsperren die Feuchtigkeit daran, von der Raumseite in die nicht durchlüftete Wärmedämmschicht zu gelangen. Beim zweischaligen Kaltdach wird die Feuchtigkeit über eine Luftschicht oberhalb der Wärmedämmung an die Umgebung abgegeben. Beim ebenfalls einschaligen Umkehrdach liegt die Wärmedämmung oberhalb der Dachabdichtung, also im feuchten Bereich, was einen Dämmstoff mit entsprechender Eignung und bauaufsichtlicher Zulassung voraussetzt.

Bei der Begrünung von Umkehrdächern ist darauf zu achten, dass das Ausdiffundieren von Wasserdampf aus dem Dämmstoff nicht behindert wird und auch kein flächiger Wasserstau entsteht. Auf die Wärmedämmung darf daher keine Wurzelschutzfolie o. ä. aufgebracht werden.

Statische Anforderungen

Eine Dachbegrünung mit entsprechender Auflast muss von der Dachkonstruktion aufgenommen und bis in die Fundamente weitergeleitet werden können. Bei den statischen Berechnungen muss diese Last immer im wassergesättigten Zustand berücksichtigt werden. Je nach Begrünungsart sind verschiedene Flächenlasten einzuplanen. Maßgeblich für die Auflast ist die Substratschicht, dazu kommen die ebenfalls nicht unerheblichen ständigen Lasten von Dränschicht, Vegetation und sonstigen Ausstattungselementen wie beispielsweise durch Photovoltaikmodule oder Wasserbecken. Auch Verkehrslasten und regional anzusetzende Schneelasten sind einzukalkulieren. Lastannahmen für gebräuchliche Dachbegrünungsvarianten können den FLL-Dachbegrünungsrichtlinien entnommen werden. Zu beachten sind außerdem die entsprechenden DIN-Normen.

Sicherung gegen Windsog und Verwehungen

Dachabdichtungen und die einzelnen Schichten des Dachaufbaus können durch Verklebung, mechanische Befestigung und durch Auflast gegen Abheben durch Windkräfte gesichert werden. Soll ein Begrünungssystem als Auflast eingesetzt werden, ist das Trockengewicht des Aufbaus entscheidend. Die notwendige Auflast hängt von mehreren Faktoren ab, die sich gegenseitig bedingen. Allen voran die Windgeschwindigkeit, dann die Lage und Höhe eines Gebäudes, aber auch Dachform und -neigung sowie der Dachbereich und Art der Deckunterlage. Typische Windgeschwindigkeiten in geografischen Regionen werden durch Windzonenkarten erfasst. Um generell Verwehungen der Begrünung auszuschließen, sollte das Substrat nicht zu leicht sein und eine sich gut verzahnende Struktur aufweisen. Vegetation, die noch nicht mit dem Untergrund verwurzelt ist, wird auch mit Kleber fixiert. Bei starken Windkräften kann zudem der Einsatz von Vegetationsmatten empfehlenswert sein.

Dachneigung und -gefälle

Gemäß den Flachdachrichtlinien werden Dachkonstruktionen mit einem Gefälle von 2% als höherwertige Dachkonstruktionen betrachtet, da sie eine effiziente Ableitung von Niederschlagswasser ermöglichen. Dachflächen mit einem Gefälle unter 2% werden als Standard-Dachkonstruktionen bezeichnet und erfordern besondere Maßnahmen, um Pfützenbildung zu vermeiden, die verschiedene Risiken birgt. So begünstigen Pfützen Ablagerungen und Algenbefall, die bei tiefen Temperaturen als Ansatzpunkte für Eisbildung dienen können. Zudem besteht bei Pfützen die Gefahr, dass Wasser bei der kleinsten Undichtigkeit in den Dachaufbau eindringt. Unabhängig von dem vorhandenen Gefälle sollten alle mit einer Abdichtung versehenen Dächer wasserdicht sein.

Begrünungen können diese Effekte bis zu einem gewissen Grad abmildern, da sie temperaturausgleichend wirken und eine Algenbildung verhindern. Bei intensiver Begrünung und dem entsprechenden Substrataufbau und Vegetation kann es aber dennoch zweckmäßig sein, die Dachfläche ohne Gefälle auszubilden, damit Wasser angestaut werden kann (Anstaubewässerung). Im Gegensatz dazu ist es bei extensiven Dachbegrünungen sinnvoll, Dachflächen mit Gefälle herzustellen, denn die verwendeten Pflanzen reagieren überwiegend empfindlich auf stauende Nässe.

Entwässerung

Eine effiziente Entwässerung auf Gründächern ist notwendig, um überschüssiges Wasser abzuleiten. Nur so lassen sich Überflutungen und Schäden an der Dachkonstruktion verhindern und das Ökosystem auf dem Dach unterstützen. Entwässerungsvorrichtungen bei Gründächern können Dachabläufe, innenliegende Entwässerungsrinnen, vorgehängte Dachrinnen, Wasserspeier oder Not- bzw. Sicherheitsüberläufe sein. Alle Systeme müssen sowohl Überschusswasser aus der Dränschicht als auch Oberflächenwasser von der Vegetationstragschicht bzw. von Plattenbelägen aufnehmen können. Dachbegrünungen halten grundsätzlich einen erheblichen Teil des Niederschlagswassers zurück und werden deshalb vielerorts gefördert oder zur Auflage gemacht.

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