Mobility Hub Zug Nord

Parkhaus mit Gewerbe für ein Zukunftsquartier in Zug

Die Stadt Zug im gleichnamigen Kanton gehört zur Metropolregion Zürich und gleichzeitig zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Schweiz. Entsprechend groß ist der Bedarf an Wohn- und Stadtraum, Maßnahmen der Nachverdichtung sind gefragt. Der Schweizer Hersteller für Haushaltsgroßgeräte, die V-ZUG, arbeitet seit 2013 an einer beispielhaften Konversions- und Stadtentwicklungsmaßnahme im Norden ihrer Heimatstadt, wo sie ihre Produktionsstätten verdichten und dadurch Platz für ein städtisches Quartier freimachen will. Durch in die Vertikale verlagerte Industrieprozesse und neue Mobilitätskonzepte mit zentralisierten Parkplätzen sowie einem weit geringeren Bedarf an Flächen für den ruhenden Verkehr lassen sich auf dem Unternehmensareal auch öffentliche Nutzungen und Räume für Forschung und Wohnen integrieren.

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Den Masterplan für das Quartier namens TechCluster entwickelten infolge eines Studienauftrags aus dem Jahr 2014 die Büros Hosoya Schaefer Architects für das städtebaulichen Konzept mit dem Team von Keoto für die Nachhaltigkeitsplanung, Müller Illien Landschaftsarchitekten und IBV Hüsler für die Verkehrsplanung. Den zugehörigen Bebauungsplan verabschiedeten die Stadt und der Kanton im Jahr 2018, die Gesamtumsetzung auf dem 166.000 Quadratmeter großen Areal ist bis zum Jahr 2048 geplant.

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Mobility Hub als erster Baustein im Quartier

Ebenfalls nach einem Entwurf von Hosoya Schaefer Architects aus Zürich konnte 2022 ein Infrastrukturbau fertiggestellt werden, der zukünftig eine multimodale Anbindung an das Quartier bieten kann. Entwickelt wurde das Vorhaben von der Urban Assets Zug, die als Tochter der V-ZUG für das gesamte Arealprojekt zuständig ist. Am Stadtrand und angrenzend an die Nachbargemeinde Baar konnte auf dem früheren Gelände eines Baumarkts das Mobilitätstor für das Zukunftsquartier errichtet werden. Das Gebäude nimmt im Erdgeschoss den neu eröffneten Baumarkt und ein Bistro auf. Die sechs Obergeschosse besetzen 433 Parkplätze, die derzeit größtenteils von der Belegschaft des Unternehmens genutzt werden. In den beiden Untergeschossen – durch die Nähe zum Zugersee und entsprechend hohem Grundwasserspiegel war der unterirdische Bau nur begrenzt ausführbar – finden sich 122 weitere Parkplätze, die auf Dauer vermietet sind. Insgesamt umfasst das Gebäude eine Bruttogrundfläche von 17.000 Quadratmetern.

Im Zuge der Quartiersentwicklung unterstützt das Gebäude weitere Mobilitätsausbaustufen: von der Anbindung zum ÖPNV sowie der Möglichkeit, als Leihstation für E-Bikes und Scooter zu fungieren bis hin zum Umstieg auf einen autonomen Shuttleservice. Dazu kommt eine Anbindung für den motorisierten Verkehr an die weitere Infrastruktur. So ist der Mobility Hub Zug Nord gekoppelt an die Reorganisation größerer Verkehrssysteme der Stadt, etwa den Bau einer Autobahntangente. Das derzeitige Parkhaus fängt den Verkehr vor dem Areal ab und bildet bereits jetzt den Eingang zum TechCluster. Eine Fußgängerbrücke, die sich entlang des Gebäudes zieht und über die Verkehrsstraße schwingt, formt eine wirkungsvoll inszenierte Verbindung in das Quartier.

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Materialmix in stimmiger Tonalität

Die Konstruktion des Gebäudes ist den Anforderungen entsprechend gewählt. So sind der Sockel, die Fußgängerbrücke und der Erschließungsturm, an dem der Name beziehungsweise das Akronym des Projekts weithin sichtbar sind, in Ortbeton ausgeführt. Im Erdgeschoss bilden V-förmige Stützen aus Beton die tragende Konstruktion und inszenieren Durchlässigkeit zu einer dahinterliegenden Glasfassade. Die Obergeschosse sind als Stahlbaukonstruktion umgesetzt, wobei die schrägen beziehungsweise horizontalen Parkflächen ohne Stützen auskommen. Drei Stützenachsen finden sich an den Außenseiten, sodass die Parkflächen frei bleiben damit zukünftig hier auch selbstfahrende Autos problemlos parken können. Die Breite der Parkplätze ist ebenfalls anpassbar. Die Lasten der Parkflächen werden über einen umlaufenden Unterzug in die V-Stützen abgeleitet.

An die Farbgebung des Sichtbetons und der Stahlbauteile gleicht sich auch die Fassadenbekleidung der Parkgeschosse an. Sie besteht aus vorgegrauten Holzlamellen, die durch unterschiedliche Breiten und Ausrichtungen der einzelnen Elemente ein lebendiges Bild entlang der klar abgegrenzten Geschosse abgeben. Der Öffnungsgrad der festinstallierten Lamellen wurde hinsichtlich Lüftung und Rauchabzug so groß wie möglich, hinsichtlich Lichtverschmutzung so gering wie möglich gehalten. Innen schirmt ein perforierter, von außen nicht sichtbarer Blendschutz das Licht der Autoscheinwerfer nach außen ab.

Präzise Schalungsarbeit in Schreinerqualität und Strukturmatrizen

Die Fußgängerbrücke, die nahtlos als Verlängerung eines außenliegenden Weges auf Höhe des ersten Obergeschosses verläuft, schwingt in einer filigranen S-Kurve über die Zufahrtsstraße. Um die schlanke Form der Brücke, die einen dreifeldrigen Rahmen mit Spannweiten von 20, 31 und 13 Metern darstellt, sicherzustellen, musste eine äußerst präzise Schalung hergestellt werden. Der vorgespannte Träger besitzt einen T-Querschnitt mit veränderlicher Höhe und Breite. Der vorgespannte Brückenträger ist dabei mit den Stützen, dem Fundament des Treppenhauses sowie dem Gebäude zu einem monolithischen Rahmentragwerk verbunden. Die Schalungsarbeit übernahm der Schweizer Spezialist Müller Schalungen. Dieser ließ im Werk die Schalung, die entsprechend der besonderen Geometrie der Brücke geformt ist, maßanfertigen. Es kamen auch speziell gebogene und abgerundete Bretter zum Einsatz, deren Form sich aus den Abmessungen und der vordefinierten Einteilung ergibt.

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Am Gebäude selbst erhielt der Sichtbeton eine besondere Strukturbehandlung. Die Sichtschalung an den Wänden und Stützen wurde mit Holzbrettern von circa 12 Zentimetern Höhe und gehobelter Qualität erzielt. Vor dem ersten Einsatz wurden diese mit Zementbojake eingeschlämmt und anschließend abgebürstet. Schließlich zieren die Oberflächen des Liftschachts, des Lüftungsturms und der Einfahrtsrampen vertikale Rillen mit einer groben Bruchstruktur und sieben Millimeter breiten Vertiefungen. Hierfür wurden Strukturmatrizen des Herstellers Reckli in der Ausführung Pennsilva in die Schalung eingelegt. -sab

Bautafel

Architektur: Hosoya Schaefer Architects, Zürich
Projektbeteiligte: Cerutti Partner Architekten, Rothenburg (Gesamt- und Bauleitung), Moos Bauingenieure, Zug (Bauingenieure); Conzett Bronzini Partner, Chur (Bauingenieure Brücke); Hefti. Hess. Martignoni, Aarau (Elektroplanung); Andy Wickart Haustechnik, Finstersee (HKLS-Planung); Land Schafft, Sursee (Landschaftsarchitektur); Bänziger Partner, u.a. Zürich (Werkleitung/Tiefbau); Ibv Hüsler, Zürich (Verkehrsplanung); Pirmin Jung Ingenieure, Sursee (Brandschutz); Martinelli & Menti, Luzern (Bauphysik); Landis Bau, Zug (Betonbau Gebäude und Brücke); Müller Schalungen, Morgarten (Schalungsbau Brücke)
Bauherr: Urban Assets Zug
Standort: Industriestraße 61, 6300 Zug, Schweiz
Fertigstellung: 2022
Bildnachweise: Valentin Jeck, Hosoya Schaefer Architects, LOGOROM Marcel Roos, Müller Schalungen, Philippe Hubler Fotografie

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