St. Pauli Elbtunnel in Hamburg
Schalwagenlösung für einen Hundertjährigen
Er war der erste Unterwassertunnel Europas und zum Zeitpunkt seiner Entstehung sowohl eine technische Sensation als auch ein architektonisch-ästhetisch höchst anspruchsvolles Ingenieurbauwerk: Der St. Pauli Elbtunnel verbindet seit 1911 die Landungsbrücken mit dem Hafengebiet in Steinwerder. Erst 2003 wurde das Bauwerk unter Denkmalschutz gestellt. Der Architekt Otto Wöhlecke entwarf repräsentative Zugangsbauten und verwendete aufwendig gestaltete Fliesenreliefs für die Auskleidung der beiden 426 Meter langen Röhren mit sechs Metern Durchmesser. 4.400 Arbeiter hatten sie zuvor in 24 Metern Tiefe unter der Elbe hindurch gebohrt. In Spitzenzeiten durchquerten 19 Millionen Passanten zu Fuß, auf dem Fahrrad und im Auto jährlich die Tunnels. Inzwischen gilt das 2011 zum historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst geadelte Bauwerk eher als touristisches und kulturelles Highlight denn als Verkehrsbauwerk.
Gallerie
Seit 1994 sind umfangreiche Sanierungsarbeiten im Gang, die nach der Restaurierung der Eingangsbauten bis voraussichtlich 2018 die Oströhre betreffen. Ab 2017 ist die Instandsetzung der Weströhre geplant. Allein für Erstere kletterten die Kosten inzwischen auf über 60 Millionen Euro.
Die tragende Außenhülle aus aneinandergereihten, vernieteten
Stahlringen, sogenannten Tübbingen, war korrodiert. Nach der
Begutachtung von 37.000 Metern Bleifugen – wovon 10.000 Meter
erneuert wurden, dem Austausch einer Vielzahl von Nieten und einem
neuen Korrosionsschutz erfolgt(e) die Sanierung der Innenschale.
Die Wände und Decken sind in selbstverdichtendem Beton ausgeführt
und stellen die ursprüngliche Geometrie der Röhre wieder her.
Außerdem diente der Beton als Ballastmaterial gegen die
Auftriebskräfte am Tunnel.
Gerüste und Schalungen
Um die Stahlbeton-Innenschale mit Stärken zwischen 25 und 40
Zentimetern aufbringen zu können, konzipierten die Experten für
Gerüstsysteme zusammen mit den Planern eine maßgeschneiderte
Schalwagenlösung. Mit einem Wandschalwagen und einem
Gewölbeschalwagen lassen sich jede Woche zwei Abschnitte von
jeweils zwölf Metern fertigstellen. Der Wandschalwagen dient zur
Herstellung der Seitenwände und zugleich als Arbeitsplattform für
die Bewehrungs- und Installationsarbeiten am Deckengewölbe. Die
Konstruktion hält zudem den Fluchtweg für das Baustellenpersonal
frei. Wand- und Deckenschalwagen ließen sich trotz des kleinen
Tunnelquerschnitts und nur 1,92 Metern Spurweite weitestgehend mit
standardisierten Systembauteilen realisieren. Dabei wurde die
hydraulische Unterstützung zum komfortablen Ein- und Ausschalen
sowie Heben und Senken berücksichtigt. Auch die Anlieferung über
den Fahrzeugaufzug und die besondere Montagesituation vor den
Tunnelröhren flossen in die Schalungsplanung ein. Die technische
Ausstattung wie Notbeleuchtung und Entrauchungsanlage sind in die
Innenschale integriert.
Bautafel
Bauherr: Hamburg Port Authority, Hamburg
Bauunternehmen / Projektbeteiligte: Arge Alter Elbtunnel, HC Hagemann, Hamburg; Ed. Züblin, Direktion Ingenieurbau Nord, Hamburg
Projektbetreuung: Peri, Hamburg und Weißenhorn
Fertigstellung: Mitte 2016
Standort: Bei den St. Pauli-Landungsbrücken, 20359 Hamburg
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn