Gerüstklassen

In welchen Breiten und Höhen sind Gerüste verfügbar, wie hoch dürfen Gerüstlagen belastet werden? Die Gerüstklassen geben Aufschluss.

Gallerie

Die DIN EN 12811 Temporäre Konstruktionen für Bauwerke - Teil 1: Arbeitsgerüste - Leistungsanforderungen, Entwurf, Konstruktion und Bemessung definiert Arbeitsgerüste nach

  • Tabelle 1 in Breitenklassen für Gerüstlagen
  • Tabelle 2 in Klassen der lichten Höhe und
  • Tabelle 3 Verkehrslasten auf Gerüstlagen.
  • Zusätzlich gibt es eine Klassifizierung für Treppen.

Breitenklassen für Gerüstlagen

Insgesamt gibt es sieben Breitenklassen, die in 30-Zentimeterschritten von einer Breite von 0,60 auf 2,40 Meter gehen. In der Norm wird die Breitenklasse mit dem Buchstaben W und zwei Ziffern gekennzeichnet. Sie ist als Breite w der Gerüstlage einschließlich der Dicke des Bordbretts definiert, wobei letzteres mit maximal 30 mm angesetzt werden darf. Die Auswahl der Breitenklasse ist unter anderem von den auszuführenden Arbeiten oder möglichen Absturzgefährdungen abhängig.

Ist von der Systembreite (SW) die Rede, handelt es sich nicht um die Breite w der Gerüstlage, sondern um den lichten Abstand c zwischen den Ständern.


Tabelle 1 Breitenklassen für Gerüstlagen

Höhenklassen

Man unterscheidet zwei Höhenklassen, siehe Abb. 1 und nachfolgende Tabelle. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Klassen liegt in der lichten Durchgangshöhe. Diese ist nach unten durch die Oberkante des Belags begrenzt, nach oben durch den Querriegel oder einen ins Feld hineinragenden Anker.

Beträgt die lichte Durchgangshöhe im Bereich des Stellrahmens weniger als 1,90 Meter, handelt es sich um die Höhenklasse H1, bei einer lichten Durchgangshöhe von 1,90 Meter oder mehr um die Höhenklasse H2. Da in Deutschland üblicherweise Systemgerüste eingesetzt werden, kommt im Regelfall nur die Höhenklasse H1 zur Anwendung.


Tabelle 2 Klassen der lichten Höhe

Lastklassen

Insgesamt gibt es sechs Lastklassen. Die Lastklasse definiert dabei die maximal mögliche, gleichmäßig verteilte Last in einem Gerüstfeld (Flächenlast q1 in [kN/m²]) beziehungsweise die maximal möglichen konzentrierten Lasten auf definierten Flächen (Einzellast F1 auf einer Fläche von 500 x 500 mm bzw. Einzellast F2 auf einer Fläche von 200 x 200 mm).

In der Regelausführung darf in jedem Gerüstfeld nicht mehr als eine Gerüstlage zur gleichen Zeit genutzt werden (eine Person entspricht dabei einer Last von 1 kN). Die Summe der gleichmäßig verteilten Verkehrslasten auf den einzelnen Belagflächen darf innerhalb eines Gerüstfeldes den Wert der maximal zulässigen gleichmäßig verteilten Verkehrslast q1 nicht überschreiten.

Ab der Lastklasse 4 müssen alle Teile der Belagfläche und deren unmittelbare Abstützung eine (zweite) Verkehrslast q2 (Teilflächenlast) aushalten, wobei diese nur auf einen Teil der Belagfläche (definiert durch Teilflächenfaktor) angerechnet wird. Der Teilflächenfaktor bezieht sich auf die Gesamtfläche eines Gerüstfeldes.

Die gewählte Lastklasse muss der Art der auszuführenden Arbeit entsprechen.

  • Lastklasse 1: Einsatz nur für Inspektionsarbeiten
    max. gleichmäßig verteilte Verkehrslast q1 = 0,75 kN/m²
    konzentrierte Last F1 = 1,5 kN bzw.  F2 = 1,0 kN
  • Lastklasse 2: Einsatz für Arbeiten, die kein Lagern von Baustoffen oder Bauteilen erfordern
    max. gleichmäßig verteilte Verkehrslast q1 = 1,5 kN/m²
    max. konzentrierte Last F1 = 1,5 kN bzw.  F2 = 1,0 kN
  • Lastklasse 3: Einsatz für Arbeiten, die Lagern von leichten Baustoffen oder Bauteilen erfordern
    max. gleichmäßig verteilte Verkehrslast q1 = 2,0 kN/m²
    max. konzentrierte Last F1 = 1,5 kN bzw.  F2 = 1,0 kN
  • Lastklasse 4 bis 6: Einsatz für Arbeiten, bei denen schwere Baustoffe oder Bauteile auf der Belagfläche abgesetzt und/oder gelagert werden dürfen; hierbei ist mindestens die Breitenklasse W 09 erforderlich.
  • Lastklasse 4: Einsatz für Arbeiten, die Lagern von schweren Baustoffen oder Bauteilen erfordern max. gleichmäßig verteilte Verkehrslast q1 = 3,0 kN/m²
    max. Teilflächenlast q2 = 5,0 kN/m² mit Teilflächenfaktor 0,4
    max. konzentrierte Last F1 = 3,0 kN bzw.  F2 = 1,0 kN
  • Lastklasse 5: Einsatz für Arbeiten, die Lagern von schweren Baustoffen oder Bauteilen erfordern max. gleichmäßig verteilte Verkehrslast q1 = 4,5 kN/m²
    max. Teilflächenlast q2 = 7,5 kN/m² mit Teilflächenfaktor 0,4
    max. konzentrierte Last F1 = 3,0 kN bzw.  F2 = 1,0 kN
  • Lastklasse 6: Einsatz für Arbeiten, die Lagern von schweren Baustoffen oder Bauteilen erfordern max. gleichmäßig verteilte Verkehrslast q1 = 6,0 kN/m² 
    max. Teilflächenlast q2 = 10,0 kN/m² mit Teilflächenfaktor 0,5
    max. konzentrierte Last F1 = 3,0 kN bzw.  F2 = 1,0 kN

Bei den Lastklassen 4 bis 6 müssen in jeder Gerüstlage Gerüstbeläge der entsprechenden Lastklasse verwendet werden. Es dürfen z. B. bei Gerüstaufstiegsfeldern keine Gerüstbeläge der Lastklasse 3 verwendet werden.

Für die auf Raumgerüste einwirkenden Lasten darf die Lasteinwirkungsfläche für die gleichmäßig verteilte Verkehrslast der jeweiligen Lastklasse auf 6,0 m² begrenzt werden. Die restlichen Flächen des Raumgerüstes sind mit 0,75 kN / m² zu belasten. Wird von dieser Einschränkung Gebrauch gemacht, so ist das Gerüst entsprechend zu kennzeichnen.


Tabelle 3 Lastklassen

Maßgebliche Norm: DIN EN 12811-1:2004-03 - Temporäre Konstruktionen für Bauwerke - Teil 1: Arbeitsgerüste - Leistungsanforderungen, Entwurf, Konstruktion und Bemessung

Fachwissen zum Thema

Arbeitsgerüste am Westflügel des Karlsruher Naturkundemuseums, das zum 300-jährigen Stadtjubiläum saniert und modernisiert wurde

Arbeitsgerüste am Westflügel des Karlsruher Naturkundemuseums, das zum 300-jährigen Stadtjubiläum saniert und modernisiert wurde

Gerüstarten

Arbeitsgerüste

Die temporären Konstruktionen bieten einen sicheren Arbeitsplatz für die Errichtung, Instandsetzung sowie den Abbruch von Bauwerken und sichern dabei den notwendigen Zugang.

Modulgerüstkonstruktion bei Instandhaltungsarbeiten am Fackelturm Domo Chemicals im Industriepark Leuna

Modulgerüstkonstruktion bei Instandhaltungsarbeiten am Fackelturm Domo Chemicals im Industriepark Leuna

Gerüstarten

Modulgerüste

Durch unverlierbare Verbindungselemente und regelmäßig angeordnete Anschlussknoten erlauben Modulgerüste flexible Gerüstkonstruktionen.

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Schalungen und Gerüste sponsored by:
PERI | Kontakt 07309 / 950-0 | www.peri.de
Zum Seitenanfang

Geschichte des Gerüstbaus

Um die Malereien in der Höhle von Lascaux anzubringen waren Gerüste notwendig

Um die Malereien in der Höhle von Lascaux anzubringen waren Gerüste notwendig

Schon immer bediente sich der Mensch der verschiedensten Hilfsmittel bei der Errichtung oder Gestaltung von Behausungen und...

Definition und Verwendung von Gerüsten

Gerüstarten lassen sich nach Verwendung, Ausbildung und Bauart unterscheiden

Gerüstarten lassen sich nach Verwendung, Ausbildung und Bauart unterscheiden

Gerüste sind temporär genutzte, vorübergehend errichtete Baukonstruktionen veränderlicher Länge, Breite und Höhe. Sie werden an...

Klassifizierung der Gerüsttreppen

Gerüstaufstiege mit Treppen werden in Hinblick auf Abmessungen je einer Klasse (A oder B) zugeordnet. Die Gerüsttreppen müssen...

Gerüstnormen

Systemgerüst beim Bau eines Multifunktionszentrums in Spanien

Systemgerüst beim Bau eines Multifunktionszentrums in Spanien

Die wichtigsten Normen für Arbeitsgerüste sind die DIN EN 12810 Fassadengerüste aus vorgefertigten Bauteilen und DIN EN 12811...

Gerüstarten nach Tragsystem

Hängegerüste kamen bei der Komplettsanierung des Hotels Le Royal im Luxemburger Stadtzentrum zum Einsatz

Hängegerüste kamen bei der Komplettsanierung des Hotels Le Royal im Luxemburger Stadtzentrum zum Einsatz

Nach dem jeweiligen Tragsystem werden Gerüste unterschieden in Standgerüste, Hängegerüste, Auslegergerüste und Konsolgerüste. Die...

Gerüstarten nach Verwendung

Arbeitsgerüst

Arbeitsgerüst

Nach ihrem Verwendungszweck werden Gerüste eingeteilt in Arbeitsgerüste, Schutzgerüste, Fahrgerüste und Traggerüste. Arbeitsgerüst...

Gerüstklassen

Maße der lichten Höhe und Breiten der Gerüstlagen nach DIN EN 12811, Temporäre Konstruktionen für Bauwerke - Teil 1: Arbeitsgerüste

Maße der lichten Höhe und Breiten der Gerüstlagen nach DIN EN 12811, Temporäre Konstruktionen für Bauwerke - Teil 1: Arbeitsgerüste

In welchen Breiten und Höhen sind Gerüste verfügbar, wie hoch dürfen Gerüstlagen belastet werden? Die Gerüstklassen geben Aufschluss.

PERI Schulungsprogramm

Aktuelles Fachwissen aus der Bau- und Gerüstbaubranche: Seminare zu PERI Systemen, Arbeitssicherheit und betriebswirtschaftlichen Themen.

Partner-Anzeige