Gerüstarten nach Tragsystem
Nach dem jeweiligen Tragsystem werden Gerüste unterschieden in Standgerüste, Hängegerüste, Auslegergerüste und Konsolgerüste. Die Bezeichnungen sind bewusst selbsterklärend gewählt. Das Standgerüst steht auf festem Untergrund, das Hängegerüst ist an Rohren, Ketten oder Seilen abgehängt, das Auslegergerüst wird mit Stahlprofilen als Kragarm auf Decken ausgeführt und das Konsolgerüst wird entweder aus Einzelkonsolen mit Bohlenbelag gebaut oder als fertige Bühne mit Konsolen an Aufhängungen eingehakt. Sicherheitstechnische Anforderungen an die Umsetzung und Nutzung der verschiedenen Gerüstarten hat die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) als Arbeitsmittel in den sogenannten Bausteinen zusammengefasst (siehe Surftipps).
Gallerie
Standgerüste
Die am einfachsten aufzubauenden und am häufigsten verwendeten
Tragsysteme sind Standgerüste. Standgerüste leiten ihre
Vertikallasten direkt über druckbeanspruchte Stäbe in den Baugrund
oder tragfähige Unterkonstruktionen ab. Die Lasten fließen direkt
in ihrer Wirkungsrichtung (d.h. nach unten, in Richtung
Erdmittelpunkt) ab. Standgerüste bestehen in aller Regel aus einer
Vielzahl von Vertikalrohren und sind mit diversen Diagonalsträngen
und/oder Ankern ausgesteift. Die Belagteile sind an oder auf einem,
auf dem Boden fest stehenden Gerüstbauteil wie einem Stiel, einer
Leiter oder einem Rahmen befestigt. Standgerüste benötigen nur
wenige Befestigungspunkte bzw. Verankerungen. Die Befestigung an
der Fassade bzw. der Wand erfolgt meistens mit Dübeln oder
Gewindehülsen, die auch in der Fassade belassen werden können.
Hängegerüste
Hängegerüste sind Arbeits- und Schutzgerüste mit (selten) längen-
oder (meistens) flächenorientierten Belagebenen. Die Beläge lagern
auf stabförmigen Biegetraggliedern, z.B. Gitterträgern,
Kanthölzern, Walzprofilen, welche an Zugstäben hängen, die an den
einzurüstenden Bauwerken, z.B. Brücken, Hallendächer o.ä. verankert
sind. Bei den Zugstäben kann es sich um biegesteife Tragglieder,
z.B. Rohre aber auch um biegeweiche Stäbe, z.B. Seile, Ketten oder
Gewindestähle handeln. Hängegerüste können auch fahrbar sein.
Hängegerüste werden als Arbeitsgerüste dort eingesetzt, wo aus
statischen, verkehrstechnischen oder sicherheitsrelevanten Gründen
ein Standgerüst nicht umsetzbar ist. Sie schützen und verhindern
Gefahren für sich unterhalb der Arbeiten befindliche Personen und
erlauben einen sicheren Personenverkehr während der Durchführung
von Bauarbeiten oder Ähnliches.
Auslegergerüste
Auslegergerüste sind Arbeits- und Schutzgerüste, deren Belagflächen
auf Auslegern, die aus dem Bauwerk auskragen, aufliegen. Der
„Ausleger“ kann ein Stahlprofil sein, das auf der Stahlbetondecke
über zwei vorher einbetonierte Stahlschlaufen mit Holzkeilen
verkeilt wird. Es kragt über den Deckenrand hinaus und hat am
äußeren Ende eine Vorrichtung zur Aufnahme eines Geländerpfostens.
Als Belag dienen üblicherweise Holzbohlen. Auslegergerüste werden
im konventionellen Gerüstbau kaum noch verwendet – wenn überhaupt,
dann vereinzelt bei kleinen Handwerksbetrieben. Abgelöst wurden sie
durch Modulkonstruktionen, wie Bühnensystemen oder Konsolgerüsten,
die einfach am Bauwerk verankert werden, ohne dass auskragende
Ausleger notwendig sind.
Konsolgerüste
Konsolgerüste sind Arbeits- und Schutzgerüste an Bauwerken des
Hoch- und Tiefbaus oder an Traggerüsten, deren Belagflächen auf
Konsolen aufliegen. Konsolgerüste kommen in einer festgelegten Höhe
an Bauwerken zur Durchführung von längenorientierten Arbeiten zum
Einsatz. Dazu werden Konsolen an der Außenwand in einbetonierten
Aufhängeschlaufen eingehängt, deren Hauptteile nach der Demontage
des Gerüsts entfernt werden. Auf den Konsolen werden Belagflächen
verlegt. In ihrer Konstruktionsweise ähneln Konsolgerüste dem
Auslegergerüst und wie diese kommen sie dort zum Einsatz, wo der
Aufbau eines Standgerüsts gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand
zu bewerkstelligen ist.
Durch seine direkte Verankerung am Bauwerk eignen sich
Konsolgerüste nur für Arbeiten, die direkt am Gebäude erfolgen.
Beispiele sind Putz- und Stuckarbeiten mit wenig Materialaufwand,
Verfugungen oder Beschichtungs- und Ausbesserungsarbeiten. Bei
Betonierarbeiten werden Konsolgerüste außerdem als Schalungsgerüste
eingesetzt; die Lastenaufnahme der Konsolen erfolgt über den
bereits erhärteten Beton. Bei manchen Arbeiten werden Konsolgerüste
auch als Fang- bzw. Dachfanggerüste eingesetzt.
Für Konsolgerüste ist ein Brauchbarkeitsnachweis erforderlich,
bestehend aus dem Standsicherheitsnachweis und dem Nachweis der
Arbeits- und Betriebssicherheit. Er ist auf Grundlage der DIN EN
12811-1 Temporäre Konstruktionen für Bauwerke - Teil 1:
Arbeitsgerüste - Leistungsanforderungen, Entwurf, Konstruktion und
Bemessung zu erbringen.