Geothermie

Die in und unterhalb der Erdkruste vorhandene Wärmeenergie (Erdwärme) kann ingenieurstechnisch als Geothermie genutzt werden. Sie kann direkt zur Wärme- oder Kälteversorgung eingesetzt werden oder auch indirekt zur Erzeugung von Strom. Je tiefer man in das Innere der Erde mittels Bohrungen vordringt, desto wärmer wird es. In den ersten 100 Metern beträgt die Temperatur konstant um die 10 °C. Danach erhöht sie sich alle 100 Meter um circa 3 °C. Die Wärmeenergie, die sich mittels Geothermie gewinnen lässt, ist in menschlichem Maßstab unerschöpflich, da rund 99 % des Erdinneren heißer als 1.000 °C und 99 % der verbleibenden 1 % noch heißer als 100 °C sind. Die Geothermie kann somit einen beachtlichen Beitrag zur Energiewende und somit zum Erreichen der Klimaziele leisten.

Gallerie

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten der Geothermie unterschieden, die beide ihre jeweiligen Vor- und Nachteile haben:

Oberflächennahe Geothermie

Bei der oberflächennahen Geothermie wird die Erdwärme aus einer Tiefe von bis zu 400 Metern genutzt. Die in diesen Tiefen vorherrschenden Temperaturen von ganzjährig bis rund 25 °C können zum Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen und Infrastruktureinrichtungen eingesetzt werden. Die meisten der für die Gebäudeheizung vorgenommenen Bohrungen reichen in eine Tiefe von 50 bis 200 Metern, wo eine Temperatur zwischen 8 und rund 15 °C herrscht. Dass man nicht in größere und damit wärme Tiefen vordringt, ist in der Regel ein Kompromiss zwischen Kosten (für Bohrung, Sonde sowie Wärmepumpe) und Nutzen. Für ein gut wärmegedämmtes Einfamilienhaus ist in der Regel eine einzige Bohrung ausreichend.

U-förmige Erdwärmesonden (U-Rohr-Sonden ) werden in das Bohrloch mit einem Durchmesser von 15 bis 25 cm eingeführt. Sie enthalten eine zirkulierende Wärmeträgerflüssigkeit, meist Wasser mit einem Frostschutzmittel, welche die Wärme des Erdreichs nach dem Wärmetauscherprinzip aufnimmt. Die Wärmeträgerflüssigkeit zirkuliert mit Hilfe einer Umwälzpumpe. Um die damit gewonnene, relativ geringe Temperatur zum Heizen oder zur Warmwasserbereitung nutzen zu können, muss sie auf ein nutzbares Temperaturniveau gehoben werden. In den meisten Fällen wird dafür eine Sole/Wasser-Wärmepumpe eingesetzt. Die oberflächennahe Geothermie zählt zur Umgebungswärme, wie auch die Umweltwärme aus der Luft oder aus Oberflächengewässern.

Gallerie


Eine Alternative zu den am häufigsten eingesetzten U-Rohr-Sonden bietet der Einsatz von CO₂-Erdwärmesonden (oder auch: CO₂-Phasenwechselsonde). Sie können etwa bei Bauprojekten in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten eingesetzt werden oder für den Fall, dass die genehmigungspflichtigen Bohrungen mit Sole-Sonden nicht gestattet werden. Bei CO₂-Erdwärmesonden wird Kohlendioxid (CO₂) im Siedezustand in einem geschlossenen System verwendet, wodurch weder das Grundwasser noch das Mineralwasser negativ beeinflusst werden. Das flüssige CO₂ rinnt an der Innenseite der Sonde in die Tiefe und verdampft allmählich durch die Aufnahme der Erdwärme. In einem Wärmetauscher wird die Wärme an das Arbeitsmittel der Wärmepumpe abgegeben. Das abgekühlte CO₂ wird wieder flüssig, der Kreislauf beginnt von vorn. Aufgrund des selbsttätigen Kreislaufs wird keine Umwälzpumpe benötigt, weswegen dieses System auch „pumpenlose Erdwärmesonde“ genannt wird.

Sind keine tieferen Bohrungen möglich, können alternativ auch Erdwärmekollektoren zum Einsatz kommen. Diese breiten sich auf einer ausgedehnten Fläche in ca. 80 bis 160 cm Tiefe (frostfreier Bereich) horizontal in der Erde aus. Auf diese Weise wird die Temperatur der zirkulierenden Wärmeträgerflüssigkeit auf ganzjährig rund 10 °C erwärmt. Erdwärmekollektoren benötigen eine große Fläche, sind im Vergleich zu Bohrungen jedoch günstiger.

Gallerie


Um einer Auskühlung des Untergrundes vorzubeugen, ist es sinnvoll, die Geothermie mit einer Solarthermieanlage zu koppeln. Die in der warmen Jahreszeit nicht für die Herstellung von warmem Brauchwasser genutzte Sonnenwärme kann mittels der Sonde in die Tiefe geleitet werden, wo sie den Untergrund wieder erwärmt (sommerliche thermische Regeneration).

Tiefe Geothermie

Die tiefe Geothermie erschließt Wärmereservoire in größeren Tiefen bis zu fünf Kilometern, wodurch diese Anlagen wesentlich größer, komplexer und leistungsfähiger sind. Dafür können mit der Erdwärme aus der Tiefengeothermie ganze Wärmenetze gespeist und Stadtviertel mit Heizwärme versorgt werden. Auch Kraftwerke zur Stromerzeugung können mit Tiefengeothermie betrieben werden. Wie jede Art der Geothermie ist auch die tiefe Geothermie unabhängig von Witterungseinflüssen, sodass das ganze Jahr über ununterbrochen umweltfreundliche Energie gewonnen werden kann. Die Umwelteffekte sind dabei lokal begrenzt und technisch beherrschbar. Strom- und Wärmeerzeugung aus Geothermie sind somit bereits heute eine umwelt- und klimafreundliche Alternative zu fossilen Energien. Die erfolgreiche geothermische Nutzung wird technisch gesehen von der Temperatur und der Durchlässigkeit des Gesteins im Förderhorizont bestimmt.

Die tiefe Geothermie lässt sich in hydrothermale und petrothermale Systeme unterscheiden:

Hydrothermale Systeme setzen im Untergrund an wasserführende Schichten (Aquiferen) an und nutzen das Thermalwasser zur Energiegewinnung. In Deutschland erfolgt die Förderung dieser Art der Erdwärme ausschließlich über das Dubletten-System mit einer Förder- und einer separaten Reinjektionsbohrung. Durch die Förderbohrung gelangt das heiße Thermalwasser aus dem Untergrund an die Oberfläche. Hier wird die geothermische Wärme durch einen Wärmetauscher entzogen und anschließend zur Stromerzeugung oder Wärmeversorgung eingesetzt. Dabei kühlt sich das Thermalwasser ab und wird über die Reinjektionsbohrung wieder in den Untergrund zurückgeführt. Hydrothermale Reservoire findet man in Deutschland in drei Regionen: Im Oberrheingraben, im Molassebecken und im Norddeutschen Becken.

Gallerie


Die petrothermale Geothermie nutzt heißes Tiefengestein, das im Wesentlichen frei von zirkulierenden Thermalwasser ist. Der überwiegende Teil der deutschlandweiten Ressourcen ist in diesem Gestein gespeichert, kann jedoch unter den derzeitigen technisch-wirtschaftlichen Bedingungen nur begrenzt genutzt werden.

Vorteile und Nachteile der Geothermie

Schätzungen des Bundesverband Geothermie nach genügt die Energiemenge, die sich in einer Tiefe zwischen 3.000 und 7.000 m unter Deutschland befindet, um uns für die kommenden 10.000 Jahre komplett mit Strom und Wärme zu versorgen. Geothermie ist also nahezu unerschöpflich, zudem witterungsunabhängig, zuverlässig und vielseitig einsetzbar. Bei der landschaftsschonenden Gewinnung entsteht zudem kaum Kohlendioxid. Ob Erdwärme aus Geothermie wirtschaftlich sinnvoll ist, hängt von viele Faktoren ab, etwa von den geologischen Gegebenheiten, der zu erwarteten Wärmemenge, der nötigen Bohrtiefe sowie eventueller geologischer wie geotechnischer Risiken. Dennoch lohnt es sich in vielen Fällen, den Einsatz von Geothermie in Betracht zu ziehen, um eine zukunftsträchtige und nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten.

Fachwissen zum Thema

Prinzip einer Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Flächen-Erdkollektor

Prinzip einer Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Flächen-Erdkollektor

Wärmepumpen und Solarenergie

Sole/Wasser-Wärmepumpen

Sole/Wasser-Wärmepumpen nutzen die Umweltenergie des Bodens zur Erzeugung von Wärmeenergie für Heizung und Warmwasser.

Bauwerke zum Thema

Im österreichischen Großhöflein haben Innocad aus Graz ein F&E-Zentrum der Firma MAM errichtet.

Im österreichischen Großhöflein haben Innocad aus Graz ein F&E-Zentrum der Firma MAM errichtet.

Büro/​Verwaltung

Entwicklungszentrum in Großhöflein

Der Büroneubau richtet sich nach Gestaltungsrichtlinien für biophiles Design. Teil davon ist die Fassade aus beweglichen, eloxierten Aluminiumlamellen.

Der Neubau des Justizzentrums Bochum nach Plänen von Hascher Jehle Architektur fasst Landgericht, Amtsgericht, Arbeitsgericht und die Staatsanwaltschaft an einem zentral gelegenen Standort zusammen.

Der Neubau des Justizzentrums Bochum nach Plänen von Hascher Jehle Architektur fasst Landgericht, Amtsgericht, Arbeitsgericht und die Staatsanwaltschaft an einem zentral gelegenen Standort zusammen.

Büro/​Gewerbe

Justizzentrum in Bochum

Das Gebäude bildet den Auftakt für das neue Justizviertel östlich der Innenstadt und wird mittels Geothermie beheizt und gekühlt.

Am südwestlichen Stadtrand von Bern entsteht nach dem Vorbild der Gartenstadt das künftige Quartier Papillon. Die neue Schulanlage fungiert als eine Art Torhaus für das Neubauviertel.

Am südwestlichen Stadtrand von Bern entsteht nach dem Vorbild der Gartenstadt das künftige Quartier Papillon. Die neue Schulanlage fungiert als eine Art Torhaus für das Neubauviertel.

Kultur/​Bildung

Schule und Sport am Ried in Köniz

Mit seiner Fassade aus rot glänzenden Fliesen dient der Neubau als eine Art Torhaus für das in Entstehung begriffene Quartier Papillon, das von der Idee der Gartenstadt inspiriert ist.

Dass das Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert in der Mecklenburgischen Schweiz in einem sehr schlechten Zustand war, sieht man ihm nach Ertüchtigung und Umbau nicht mehr an.

Dass das Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert in der Mecklenburgischen Schweiz in einem sehr schlechten Zustand war, sieht man ihm nach Ertüchtigung und Umbau nicht mehr an.

Wohnen/​EFH

Umbau eines Bauernhauses in Mecklenburg-Vorpommern

Es war fast verfallen, doch nach Rückbau, Instandsetzung des Vorhandenen und Neuorganisation der Räume ist das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert ein behagliches Refugium auf dem Land geworden.

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Gebäudetechnik sponsored by:
Stiebel Eltron | Kontakt 0 55 31 - 702 702 | www.stiebel-eltron.de
Zum Seitenanfang

Erneuerbare Energien in der Gebäudetechnik

Solarthermieanlage mit Röhrenkollektoren

Solarthermieanlage mit Röhrenkollektoren

Die Ressourcen an fossilen Energieträgern gehen absehbar dem Ende zu. Es gibt jedoch eine Reihe von Technologien, die erneuerbare Energien in Gebäuden zur Stromerzeugung, Heizung, Trinkwassererwärmung und Kühlung einsetzen.

Biomasse

Zur Biomasse gehören u.a. Nebenprodukte tierischer Herkunft aus der Landwirtschaft.

Zur Biomasse gehören u.a. Nebenprodukte tierischer Herkunft aus der Landwirtschaft.

Zu den erneuerbaren Energien zählt auch die Biomasse, also durch Pflanzen oder Tiere angefallene bzw. erzeugte organische Substanzen. Aus diesen lassen sich feste, flüssige oder gasförmige Energieträger erzeugen.

Geothermie

Funktionsprinzip einer oberflächennahen Geothermie

Funktionsprinzip einer oberflächennahen Geothermie

Die in und unterhalb der Erdkruste vorhandene Wärmeenergie (Erdwärme) kann als Geothermie zur Heizung und Warmwasserbereitung genutzt werden.

Hybridsysteme

In Hybridsystemen werden verschiedene Energieerzeuger (etwa Photovoltaik und Wärmepumpe) zu einem System verbunden.

In Hybridsystemen werden verschiedene Energieerzeuger (etwa Photovoltaik und Wärmepumpe) zu einem System verbunden.

Hybridsysteme kombinieren verschiedene Energiequellen miteinander. Dabei können sowohl fossile und regenerative Energieträger als auch ausschließlich verschiedene erneuerbare zusammenkommen.

Klein-Windkraftanlagen

In windstarken Regionen können Klein-Windkraftanlagen zur dezentralen Stromerzeugung eingesetzt werden.

In windstarken Regionen können Klein-Windkraftanlagen zur dezentralen Stromerzeugung eingesetzt werden.

Auch kleine Anlagen am Gebäude oder in Gebäudenähe können zur regenerativen Strom- oder auch Warmwassererzeugung beitragen, abhängig von der Region und dem dort vorherrschenden durchschnittlichen Windaufkommen.

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)

KWK-Anlagen gewinnen aus Brennstoffen gleichzeitig Wärme und Strom. Welcher Brennstoff dabei verwendet wird, ist zunächst zweitrangig.

KWK-Anlagen gewinnen aus Brennstoffen gleichzeitig Wärme und Strom. Welcher Brennstoff dabei verwendet wird, ist zunächst zweitrangig.

Unter KWK versteht man die gleichzeitige Gewinnung elektrischer sowie thermischer Energie in derselben Anlage in einem thermodynamischen Prozess. Die gleichzeitige Strom- und Wärmeproduktion ermöglicht eine hohe Primärenergie-Einsparung.

Photovoltaik

Bei der Errichtung von neuen PV-Anlagen auf Dächern oder an Fassaden ist zunächst keine Genehmigung erforderlich.

Bei der Errichtung von neuen PV-Anlagen auf Dächern oder an Fassaden ist zunächst keine Genehmigung erforderlich.

Strom ist das wichtigste Energiemedium der Zukunft. Im Sinne einer dezentralen und regenerativen Energieerzeugung kommt Photovoltaikanlagen deshalb eine besondere Bedeutung zu.

Power-to-X-Technologien

Im Power-to-Gas-Verfahren wird regenerativ erzeugte elektrische Energie in ein leichter speicherbares  Brenngas – also in chemische Energie – umgewandelt

Im Power-to-Gas-Verfahren wird regenerativ erzeugte elektrische Energie in ein leichter speicherbares Brenngas – also in chemische Energie – umgewandelt

Power-to-X-Technologien leisten einen wichtigen Beitrag, um die Energie sektorenübergreifend und zeitlich unabhängig von Erzeugung und Nutzung zu organisieren.

Sektorkopplung

Im Rahmen der Sektorkopplung wird überschüssiger Ökostrom nicht mehr abgeregelt, sondern zur Erzeugung von Wärme und Antriebsenergie genutzt.

Im Rahmen der Sektorkopplung wird überschüssiger Ökostrom nicht mehr abgeregelt, sondern zur Erzeugung von Wärme und Antriebsenergie genutzt.

Eng verzahnt zum Ziel: mit Ökostrom die Dekarbonisierung im Wärme- und Verkehrssektor voranbringen

Solarthermie

Röhrenkollektor für die Warmwassererzeugung

Röhrenkollektor für die Warmwassererzeugung

Welche Arten von Solarthermie gibt es und wie effizient ist eine solche Anlage?

Wärmepumpen

Funktionsweise einer Wärmepumpe 1. Wärmetauscher (Verdampfer) 2. Verdichter 3. Zweiter Wärmetauscher (Verflüssiger) 4. Expansionsventil

Funktionsweise einer Wärmepumpe 1. Wärmetauscher (Verdampfer) 2. Verdichter 3. Zweiter Wärmetauscher (Verflüssiger) 4. Expansionsventil

Wärmepumpen sind technische Heizeinrichtungen, die die Wärmeenergie aus der Umwelt nutzen, um Heizwärme zu erzeugen. Die der...

Förderung auf einen Blick

GEG-Systemberater: Die gewünschte Haustechnik auswählen und schnell die bestmöglichen Förderungen ermitteln.

Partner-Anzeige