Victor Vasarelys Keramikwand „Ohne Titel“ an der Ruhr-Universität Bochum

Behutsam restaurierte Fassadenkunst aus Keramik

Als einen Hafen im Meer des Wissens beschrieb der Architekt Helmut Hentrich den Gebäudekomplex der Ruhr-Universität Bochum (RUB), den er ab 1963 mit seinem Büro HPP Hentrich-Petschnigg & Partner mitten im Grünen außerhalb der Stadt plante. Nur zwei Jahre später waren die ersten Bauten fertig, elf Jahre später die letzten. Zu je vier Gebäudekomplexen zusammengefasst, gruppieren sie sich um die Mensa, das Audimax, die Universitätsbibliothek und das Forum im Zentrum. Als Baumaterial verwendete man hauptsächlich Beton, der zusammen mit der standardisierten Bauweise und der Architektur im Gesamten immer wieder zu kontroversen Diskussionen führte. Mittlerweile sind viele Gebäude saniert, andere wurden wegen zu hoher PCB-Belastung rückgebaut und durch Neubauten ersetzt. Farblich abgesetzte Außenanstriche, Umgestaltungen und neu angelegte Grünflächen mildern das von vielen als zu trist empfundene Grau des Betons.

Gallerie

In neuem Glanz erstrahlt auch Victor Vasarelys Keramikwand Ohne Titel außen an der Treppenanlage südlich des Hörsaalzentrums Ost (HZO). Sie entstand 1971 als Kunst-am-Bau-Projekt und besteht aus verschiedenfarbig glasierten Keramikplatten, die eine aus Dreiecken, Quadraten und Rauten gestaltete Fläche bilden. Jahrelang war sie mit einer Plane abgedeckt und zusätzlich durch einen Bauzaun gesichert, um Passanten vor herabfallenden Platten zu schützen. Zudem verblassten die farbigen Glasuroberflächen, bedingt durch Witterungseinflüsse und Kalkablagerungen, zunehmend. Nach behutsamer Restaurierung und Instandsetzung durch das Architekturbüro SSP Schürmann Spannel aus Bochum ist das farbenfrohe Erscheinungsbild des Kunstwerks nun wieder vollständig hergestellt.

Das Wandbild setzt sich aus insgesamt 221 geometrisch geformten Keramikplatten zusammen, die Vasarely auf einem Grundraster mit einer Gesamtfläche von 15,75 x 5,25 Meter so anordnete, dass sich für den Betrachter eine Vielzahl an Wahrnehmungsmöglichkeiten erschließen. Als Farben wählte er neben Schwarz und Weiß zwei Orange-, zwei Violett-, zwei Rot- und zwei Blautöne. Durch die spezielle Anordnung der Platten ergeben sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, immer neue Formen und perspektivische Ansichten. So erscheinen einige Rauten gleichzeitig als die Oberseite eines Würfels und Unterseite eines anderen.

Um das Kunstwerk in seinen Ursprungszustand zurückzuversetzen, ohne es zu beschädigen, war eine sensible Vorgehensweise erforderlich. Zunächst wurden Bruchstücke an den Fassadenplatten geprüft und gesichert, dann die Fugen entfernt und die Keramikoberflächen gereinigt. Nachdem defekte und gelockerte Platten abgenommen waren, stellte man Korrosionsschäden an der Bewehrung der tragenden Betonwand fest, die behoben werden mussten. Anschließend erfolgte die konstruktive Sicherung und Restaurierung der einzelnen Keramikplatten: abgeplatzte Teilstücke und Risse wurden plastisch aufgearbeitet und Glasuroberflächen jeweils farbecht und UV-resistent rekonstruiert, dann mit einer transparenten Schutzlasur überzogen, die für Hitze- und Chemikalienbeständigkeit sorgt. Der letzte Arbeitsschritt bestand in der neuen Verfugung mit einem schwarzen Polyurethan-Dichtstoff.

Durch die Restaurierung der Vasarely-Keramikwand konnte nicht nur ein seltenes Kunstwerk vor dem Verfall gerettet, sondern auch ein Ort von hoher Aufenthaltsqualität auf dem Campus der Ruhr-Universität wiederhergestellt werden.

Bautafel

Architekten: SSP SchürmannSpannel, Bochum
Projektbeteiligte:
Lehmkuhl Restaurierungen, Köln und Brüning und Schubert Restauratoren, Ratingen (Restaurierung); Topp Bedachungen, Hamm (Dachdeckungsarbeiten)
Bauherr: BLB Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW Dortmund
Fertigstellung:
2015
Standort:
HZO Treppenanlage Südseite, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44801 Bochum
Bildnachweis: Jörg Hempel, Aachen für SSP SchürmannSpannel, Bochum

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