Filiale Banque de France in Paris
Drei Arten von Weiß
Man möchte es fast als Quadratur des Kreises bezeichnen, was dem Architekturbüro Jean-Paul Viguier et Associés mit dem Entwurf für eine Filiale der Banque de France, der französischen Zentralbank, in Paris gelungen ist. Trotz höchster Sicherheitsanforderungen schufen sie natürlich belichtete Arbeitsplätze, erreichten eine einheitliche Wirkung des Ensembles aus drei unterschiedlichen Epochen und verknüpften die Architektur sinnhaft mit den weitgehend automatisierten Prozessen im Inneren. Herzstück des 2018 fertiggestellten Komplexes mit 23.500 Quadratmetern überbauter Fläche ist ein neues dreiteiliges Bargeldzentrum. Zudem wurden zwei bestehende Bürogebäude, ein Backsteinbau aus dem Jahre 1923 und ein Stahlbetonbau von 1987, für die Bank modernisiert und umgebaut.
Gallerie
Das Ensemble besetzt ein 4,5 Hektar großes, annähernd dreieckiges Grundstück, das zuvor dem Dampfkesselhersteller Babcock & Wilcox gehörte. Es liegt nahe der Autobahn A86 im Stadtteil La Courneuve im Norden der Stadt. Hauptfunktion der neuen Filiale ist die automatisierte Hochgeschwindigkeitskontrolle von Banknoten; abgenutzte Scheine werden automatisch vernichtet, verdächtige aussortiert. Außerdem wird das Papiergeld in einem 26 Meter hohen Tresorgebäude deponiert. Ein Viertel aller französischen Banknoten wird hier verarbeitet.
Tageslicht statt Bunker
Die Altbauten in der Westecke des Areals wurden um eine
eingeschossige, verglaste Kantine ergänzt und beherbergen nun die
öffentlichen Empfangsräume und Büros. Der deutlich größere Neubau
liegt losgelöst vom Bestand jenseits der Zufahrt zum
Mitarbeiterparkplatz und ist von einem Sicherheitszaun umgeben. Er
setzt sich aus drei unterschiedlich großen Volumina zusammen, die
derart angeordnet wurden, dass sie einen dreieckigen Lichthof
fassen, der bepflanzt und über Holzstege begehbar ist. Im
Technikgebäude wird das Geld entladen und automatisiert in den
Sortierraum befördert. In der Regel wird in einem solchen Raum
unter bunkerähnlichen Bedingungen gearbeitet. Das Planungsteam sah
hier jedoch eine Verglasung in Richtung der Erschließungsflure vor,
die sich optisch nach außen öffnen. Der begrünte, bomben- und
kugelsicher verglaste Innenhof sorgt für zusätzliches Licht im
Inneren des Ensembles und ist für die Mitarbeitenden
zugänglich.
Vielfalt und Einheit
Der Backsteinbau wurde rücksichtsvoll modernisiert, so blieb etwa
das sandfarbene Mauerwerk zwischen den weiß verputzten Lisenen, in
das mit dunklen Ziegeln Muster gesetzt wurden, erhalten, ebenso ein
verschnörkeltes, schmiedeeisernes Treppengeländer im Inneren. Die
neu geschaffene Kantine, die an den Bestandsbau aus den 1980er
Jahren anschließt, mutet mit den Holzmöbeln und den gedeckten
Blau-Grau-Tönen skandinavisch an.
So unterschiedlich die Funktionen und die Ausgestaltung im Inneren
sein mögen, so einheitlich wirkt der Komplex von außen. Der Neubau
und der jüngere Bestandsbau erhielten eine strahlend weiße Hülle,
der Bau von 1923 harmoniert mit den Nachbargebäuden dank weiß
verputzter Fassadenelemente. Die reinen Technikgebäude erhielten
eine Metallfassade. Die der Anlieferung ist vertikal gerippt, das
Tresorgebäude hingegen erhielt eine Hülle aus perforierten Blechen,
bei der die Dichte der Durchstanzungen variiert. Dem fensterlosen
Volumen wird so optisch etwas von seiner Schwere genommen.
Keramikelemente mit Tiefe
Das Fassadenkleid mit dem höchsten gestalterischen Anspruch hat jedoch der Sortierbereich. Hier kamen weiß glasierte Keramikplatten zum Einsatz. Die Bauherrschaft hatte sich ein Material gewünscht, das einfach im Unterhalt, robust und zugleich hochwertig ist. Die dreidimensionalen Fliesen entstanden in enger Zusammenarbeit von Hersteller und Planungsteam und wurden eigens für dieses Projekt entwickelt. Umgesetzt wurden zwei Größen mit den Maßen 172 x 1.392 mm bzw. 292 x 1.392 mm, die Dicke beträgt bei beiden Varianten 70 mm. Der Querschnitt durch die einzelnen Elemente soll Assoziationen zum Logo der Bank wecken.
Entstanden ist eine Fassade mit einer sehr belebten Oberfläche, die je nach Lichteinfall bläulich, gelblich oder roséfarben schimmern kann. Die unterschiedlich breiten Wellen erzeugen zudem einen spannenden Kontrast zu den regelmäßigen Rippen bzw. den glatten Flächen der anderen Volumina. Die Keramik wurde als vorgehängte hinterlüftete Fassade mit Dämmschicht realisiert und über Anker in der tragenden Betonwand befestigt.
Bautafel
Architekten: Jean-Paul Viguier et Associés, Paris
Projektbeteiligte: Léon Grosse, Aix-les-Bains (Bauunternehmer); Agence Babylone, Paris (Landschaftsarchitektur); Saint-Gobain Glass, Stolberg (Glashersteller); Moeding, Marklkofen (Keramikfassade)
Bauherrschaft: Banque de France, Paris
Fertigstellung: 2018
Standort: 80, rue Emile Zola, 93120 La Courneuve, Paris
Bildnachweis: Takuji Shimmura, Paris; Moeding, Marklkofen; Jean-Paul Viguier et Associés, Paris