Bibliothek in North Boulder, Colorado

Vier Eingänge und Cut-Out-Fenster

Boulder ist eine Stadt mit etwas mehr als 100.000 Einwohnern im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado. Zur Entwicklung des Stadtteils North Boulder, von den Einheimischen kurz NoBo genannt, erstellte die Stadtverwaltung 2018 einen Library Master Plan, der den seit Jahrzehnten erkannten Bedarf an einer Bibliothek als öffentlicher Einrichtung aufgriff.

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Masterplan

Im Masterplan für die Stadtteilbibliothek wurde ein Grundstück aus dem städtischen Eigentum bestimmt, das Budget und die Finanzierung geregelt und als Raumprogramm eine Mischung aus Bibliothek und Gemeindezentrum definiert. Die Bibliothek sollte ein Ort des Lesens, Lernens, der Inklusion und des bürgerschaftlichen Engagements werden. Sogenannte Makerspaces – Werkstätten und Ateliers für Aktivitäten wie Basteln, Kochen oder Lernhilfen – gehörten ebenso dazu wie ein Kinderspielplatz, multifunktionale Versammlungsräume u.a. für musikalische Darbietungen sowie ein Parkplatz mit 30 Stellplätzen. Letzteres mag Europäern wunderlich erscheinen, doch in den USA dominiert das Auto den Alltag und rangiert weit vor dem öffentlichen Nahverkehr beispielsweise mit Bussen oder gar Fahrrädern.

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Partizipation

Der Findungs- und Planungsprozess erfolgte partizipativ in einem mehrjährigen intensiven Austausch zwischen Bürgerschaft und Stadtverwaltung. Ein schließlich ausgelobter Architekturwettbewerb führte zur Beauftragung des New Yorker Büros WORKac von Amale Andraos und Dan Wood. Die beiden Architekten, Dozenten an den Universitäten Columbia und Yale, setzten den Dialog mit rund 20 planungsbegleitenden Präsentationen und Gesprächen fort.

Flatirons, Geometrie und Organisation

Die Bürger und zukünftigen Nutzer der Bibliothek wünschten sich ein ikonisches Gebäude. Trotz des recht knappen Budgets entspricht der Neubau dieser gestalterischen Vorgabe. Er unterscheidet sich grundlegend vom städtebaulichen Umfeld, das von Flachdachbauten mit orthogonalen Volumen geprägt ist. Auf der einen Seite befinden sich dreigeschossige Wohnhäuser, auf der anderen ein typisch US-amerikanischer Trailerpark.

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Die Bibliothek bricht mit dieser Orthogonalität. Statt rechten Winkeln setzt sich der Baukörper aus Dreiecken und Trapezen zusammen, die einem mehrfach gefalteten Zelt ähneln. Die spitzen und stumpfen Winkel sind jedoch keineswegs effektheischende Deko-Verkleidung, sondern zitieren die Rocky Mountains, in deren Ausläufern Boulder liegt. Insbesondere die Flatirons, eine Gebirgsformation aus fünf Gipfeln, die als Wahrzeichen der Stadt gilt und als gezackte Kontur die Logos Boulders und des Verwaltungsbezirks zieren. Die Grundrisse und unterschiedlichen Raumhöhen greifen diese Geometrie ebenfalls auf.

Im Erdgeschoss befinden sich die Bibliothek, ein großer Makerspace und Nebenräume. Im Obergeschoss, das sich über die niedrigeren Nebenräume schiebt, führt eine Rampe zu den Gemeinschaftsräumen, zur Lese- und Lernwerkstatt sowie den Büros der Verwaltung.

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Vier Eingänge

Die Bibliothek hat vier Eingänge, die ihre flexible Nutzung ermöglichen. Ein leuchtend gelbes Vordach mit dem Schriftzug NoBo LIBRARY markiert den Haupteingang mit Zufahrt. Durch eine doppelflügelige Glastür mit zwei Seitenfeldern geht es in die Lobby mit zentralem Treppenhaus. An der Ostseite führt ein garagenartiges Rolltor mit seitlich angeordnetem Türflügel in einen großen Makerspace und einen Gemeinschaftsgarten.

Eine Rampe an der Nordseite erschließt die Gemeinschaftsräume im Obergeschoss, die unabhängig von den Bibliotheksöffnungszeiten genutzt werden können. In die Rampe ist eine Klanginstallation integriert, die beim Begehen Töne erzeugt. An der Südseite steht ein kleiner Turm mit hellgelb leuchtender Loggia, die den Blick auf die Berge rahmt. Er ist über eine weitere doppelflügelige Tür zugänglich und führt zu einer spiralförmigen Rutsche, auf der die Kinder auf den – noch zu bauenden – Spielplatz gelangen können.

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Fenster und Licht

In der Fassade setzt sich die geometrische Formensprache fort. Dreieckige und trapezförmige Fenster, von den Architekten Cut-Outs genannt, sind entlang der schrägen Kanten an allen Außenseiten angeordnet. Der natürliche Lichteinfall sorgt für eine freundlich helle Atmosphäre im Gebäude. Die großflächigen Fenster ermöglichen Einblicke in die verschiedenen Bereiche des Gebäudes, wirken einladend und verringern mögliche Schwellenängste. Gleichzeitig verbinden sie die Innenräume visuell mit der Berglandschaft.

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Material und Farbe

Die Konstruktion besteht aus einem Metallskelett, die Fassade aus Aluminiumblechen und Holzpaneelen. Auf einem Teil des Daches erzeugen Solarpaneele nachhaltige Energie. Innen dominieren weiße Wände und Decken, auf Verkleidungen wurde weitestgehend verzichtet. Satte Blau- und Gelbtöne für die Böden sowie eine grüne Tapete mit Bildern aus dem städtischen Archiv setzen farbliche Akzente. Die Farben symbolisieren Himmel, Sonne und bewaldete Berghänge.

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Budget, Einsparung

Für den Neubau standen knapp 16 Millionen Dollar zur Verfügung, die teils aus öffentlichen Mitteln, teils aus Spenden stammen. Trotz einer Corona-bedingten Baupause und gestiegener Preise konnte eine Nutzfläche von 1.200 Quadratmetern realisiert werden. Ein weiterer Aussichtsturm und ein begrüntes Dach fielen allerdings Einsparungen zum Opfer. Ein Garten mit Schmetterlings-freundlichen Pflanzen und einer ressourcenschonenden Regenwasser-Bewässerung soll jedoch noch entstehen. -sj

Bautafel

Architektur: WORKac, Amale Andraos und Dan Wood, New York City
Projektbeteiligte: Nevin Blum, Troy Lacombe, Matt Voss, Leslie Degrou, Anne Erichsen, Kelly Lee, Maurizio Bianchi Mattioli, Nicolas Nefiodow, Clara Pugsley, Men Yushan (Architekturteam); StudioNYL, Denver (Tragwerk und Fassade); Design Mechanical, INC, Louisville (Sanitärtechnik); Matsuo Engineering, Golden (Elektrotechnik); JVA Consulting Engineers, Boulder (Bauingenieur); Tillotson Design Associates, New York City (Lichtberatung); JB Fieldworks, Boulder (Landschaftsplanung); Daily tous les jours, Montreal/Kanada (Kunst am Bau)
Bauherren: Stadt Boulder
Fertigstellung: 2024
Standort: Boulder, Colorado/USA
Bildnachweis, Fotografien: Bruce Damonte, San Francisco über The Architecture Curator

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Cutouts sind Ausschnitte und Aussparungen in Fassaden und in der Mode. Im Bild: Einkaufszentrum in Brisbane, Australien

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Fensterarten

Cutouts

Strukturunabhängige Ausschnitte als Fensteröffnungen in nicht tragenden Gebäudehüllen.

Die Anordnung der Fenster erfolgt zwar klassischerweise nach den vier Himmelrichtungen, aber in einem präziseren Sinne nach der Ekliptik der Sonne (im Bild: Fensterwand mit beweglichen Glaslamellen als Sonnen- und Blendschutz).

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Bauphysik

Fenster und Sonnenstand

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Sonnenlicht ist eine unverzichtbare Grundlage für das Wohlbefinden von Menschen. Balkone und Fensterflächen sorgen für Lichteinfall (Lokdepot, Berlin).

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Planungsgrundlagen

Tageslicht, Fenster und Wohlbefinden

Die Nutzung des Tageslichts durch Fenster ist einerseits ein bauphysikalisches Thema, andererseits sind physiologische, psychologische und medizinische Aspekte relevant.

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