Oberschule IES Práxedes Mateo Sagasta in Logroño
Mit Edelstahlgewebe verhüllte Rundbogenfenster
Bei der Revitalisierung eines historischen Schulgebäudes im
spanischen Logroño wurden durch subtile Eingriffe mit einer
silbrig-transparenten Meshverkleidung zwei vormals offene Patios
mit Galerien und Reihen von Rundbogenfenstern in multifunktionale
Innenräume mit hoher Aufenthaltsqualität umgewandelt.
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La Rioja ist eine Region im Norden Spaniens und weit über die Landesgrenzen hinaus vor allem für den namensgleichen Rotwein bekannt. Hauptstadt der autonomen Provinz ist Logroño, eine geschichtsträchtige Stadt mit zahlreichen gotischen und barocken Kirchen.
Historisches Schulgebäude im Stadtzentrum
Im Zentrum, zwischen dem Paseo del Principe de Vegara und dem
von Rafael Moneo entworfenen Rathaus aus den späten 1970er-Jahren,
befindet sich mit der Oberschule IES Práxedes Mateo Sagasta
ein historisch bedeutendes Gebäude. Die Schule trägt den Namen
eines ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten, wurde um das Jahr
1837 als Bildungsinstitut gegründet und nahm ab 1843 den regulären
Lehrbetrieb auf. Im Jahr 1900 bezog sie das jetzt sanierte Gebäude,
an dessen Stelle einst ein Karmeliterkloster stand.
Der Entwurf für die Schule stammt von Luis Barrón. Der Architekt war gegen Ende des 19. Jahrhunderts als eine Art städtischer Baudirektor tätig und plante zahlreiche Gebäude in Logroño, darunter eine Tabakfabrik, eine Molkerei, den Schlachthof und mehrere Weingüter. Umbau und Sanierung erfolgten nach Plänen von CCJVV architects, Miguel Ángel Cámara, Virseda-Vila Arquitectos und Miguel Fernández Rueda.
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Organisation um zwei Patios
Die Schule ist als zweigeschossiger Quader konzipiert, der von einem Mittelrisalit an der Nordfassade erschlossen wird. Die Breite des Mittelrisaliten bildet einen bis zur Südfassade durchgehenden Kern mit repräsentativer Treppe und dahinter angeordneten Sanitärräumen. Er dient gleichzeitig als geometrische Achse für die spiegelsymmetrische Anordnung von zwei Innenhöfen, die mit umlaufenden Galerien und Reihen von Rundbogenfenstern an Kreuzgänge erinnern. Sie verweisen auf die Organisation und Formensprache von Klöstern, erschließen allerdings keine religiösen Räume, sondern die Klassenzimmer und Hörsäle. Die rhythmische Reihung von Rundbogenfenstern wiederholt sich umlaufend an der Fassade, bei der lediglich die vier Ecken durch subtile Variationen der Fensterformate mitsamt Faschen akzentuiert sind.
Mit seinen neoklassizistischen und einzelnen neobarocken Elementen ist das Gebäude stilistisch dem eklektizistischen Historismus zuzuordnen, aber in der stringenten Organisation der Funktionen nahezu modern-rationalistisch. Wortwörtlich „funktionierte“ der Schulbau über mehr als 100 Jahre.
Umfangreiche Revitalisierung
Nach einer Umstrukturierung des Bildungssystems wurde das Gebäude 2016 leergezogen und einer umfangreichen denkmalpflegerischen und energetischen Revitalisierung unterzogen. So wurden nicht nur sehr viel ältere archäologische Relikte konserviert, sondern Klima-, Lüftungs-, Beleuchtungstechnik mit neuester Elektronik implementiert sowie digitale Multimedia-Lernplätze mitsamt Schließfächern für die Schüler*innen integriert.
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Transparente Transformation der Patios
Die größte Transformation betrifft die beiden Patios, die von
Außenräumen zu Innenräumen umstrukturiert wurden. Die vormals
offenen Höfe mit einer Fläche von je etwa 500 Quadratmetern
erhielten beide ein flach gebogenes Dach aus verglasten
Dreiecks-Gitternetzschalen. Sie sind nun unabhängig von der
Witterung nutzbar beispielsweise für Ausstellungen, Konzerte,
Versammlungen oder Sportaktivitäten. Das Programm sieht
ausdrücklich die Einbeziehung der Bürger*innen Logroños
vor.
Rundbogenfenster und Galerien mit Mesh-Paneelen
Die Rundbogenfenster in den umlaufenden Galerien wurden als wesentliche Charakteristika des Bestands begriffen und erhalten, die großen Öffnungen jedoch mussten zur Vermeidung von Schäden und Glasbruch insbesondere bei der Nutzung der Innenhöfe als Ballsportplatz geschützt werden.
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Der Spagat zwischen Transparenz und Sicherheit gelang durch die
Wahl eines Edelstahlgewebes, das die Wände der Patios
einschließlich der Fenster flächig abdeckt. 44 vertikale Paneele
mit Abmessungen von etwa 3 x 11 m nehmen mit kaum sichtbaren Fugen
den umlaufenden Rhythmus der Fensterreihen auf. Das 4,7 mm starke
Gewebe wurde zur besseren Steifigkeit gespannt, wobei die Spann-
und Ankerelemente mit Gabelschrauben zwischen Bestandswand und
Metallgewebe gedreht sind, um Verletzungen zu verhindern. Als
silbrig schimmernde Haut lässt es einerseits das Tageslicht in die
Galerien scheinen und unterstützt andererseits die Helligkeit in
den innenliegenden Höfe durch matte Reflexion.
Gleichzeitig ist es so transparent, dass weiterhin Ausblicke von
den Galerien in die Patios hinein möglich sind.
Proportionen, Kubatur und Volumina der Höfe blieben unverändert.
Der Eingriff ist reduziert zurückhaltend, reversibel und wirkt
visuell eher wie ein Vorhang mit einem gewölbten, gläsernen
Gitternetz als Dach. Der Mehrwert für die Schüler*innen an
Nutzungs- und Aufenthaltsqualität ist jedoch erheblich, zumal auf
möglicherweise im städtischen Gefüge störende Anbauten oder
ähnliches verzichtet werden konnte.
Investition in das Bildungswesen
Die Maßnahmen zur Sanierung, energetischen Ertüchtigung und
Transformation verliefen über einen Zeitraum von sieben Jahren. Das
Budget betrug knapp 26 Mio EUR, die von der Stadtverwaltung
Logroño, dem Land Spanien und der EU als nachhaltige Investition in
das Bildungswesen bereitgestellt wurden. -sj
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Bautafel
Architektur Luis Barrón, Logroño (Bestand, 1900); CCJVV architects, Madrid / Virseda Vila Arquitectos, Miguel Fernández Rueda, Miguel Ángel Cámara Mamolar; Pilar de Miguel, Javier Sancho, Guillermo Bergón – Projektteam (Sanierung/Transformation)
Projektbeteiligte: Esther Ciordia Berbés, Logroño (Statik); Raquel Rivas González (Stadtverwaltung Logroño); Eadat S.L.P., Madrid (Gebäudetechnik); ETESA S.A., Madrid (Baukonstruktion); GKD Gebrüder Kufferath, Düren (Metallgewebe: Omega 1530)
Bauherr*in: Consejería de Educación, Formación y Empleo, Gobierno de La Rioja
Fertigstellung: 2023
Standort: Calle Duquesa de la Victoria 1 / Glorieta del Doctor Zubía, 26003 Logroño, La Rioja, Spanien
Bildnachweis: GFK, Düren; Pedro Pegenaute und Adriana Martínez über CCJVV, Madrid