Feston
Girlande aus Naturformen
An historischen Fassaden ist oberhalb von Portalen, Eingangstüren
und Fenstern der Bel Etage häufig eine Verzierung zu entdecken, bei
der Blätter, Blumen, Blüten, Früchte und Bänder eine Girlande aus
Stuck bilden. Dieser Fassadenschmuck wird Feston genannt.
Der Begriff stammt aus der französischen Sprache und enthält die
lateinische Silbe festum, übersetzt Feierlichkeit, Feier
oder Fest und verweist somit auf den ursprünglichen Sinn als
Dekoration zu einem besonderen Anlass. Wahrscheinlich wurden
Festons in der Antike ursprünglich aus echten Zweigen und Blumen
gebunden und aufgehängt, bis sich aus diesen temporären Girlanden
dann eine permanente naturalistische Verzierung entwickelte. Auf
diese Weise können sie, ähnlich wie Akanthus-Friese, korinthische
Kapitelle und Palmetten, niemals verwelken.
Gallerie
Varianten, Material und Formen
Ein Feston kann nahezu vollplastisch oder reliefartig ausgeführt
sein. Die Bandbreite der dargestellten Pflanzen ist sehr weit,
allerdings fallen in Deutschland vor allem Lorbeer- und
Eichenblätter, Früchte wie Äpfel, Birnen und Weintrauben sowie
Blüten wie Rosen, Winden und Glockenblumen auf. Varianten zeigen
einzelne, in der scheinbaren Schwere der Früchte, leicht
durchhängende Bögen, zusammenhängende Ketten dieser Bögen,
vermeintlich im Wind flatternde Bänder von Schleifen oder auch
senkrecht zwischen Fenstern und Pilastern herabhängende Kränze.
Neben den Materialien Stuck und Terracotta können Festons auch aus
Natursteinen wie Marmor oder Granit gemeißelt sein. Aus Holz
geschnitzte Festons sind als Intarsien
in hölzerne Türflügel eingearbeitet. Aus Metall geschmiedete
Festons finden sich überwiegend bei Ziergittern für Fenster und
Türen sowie bei Gittertoren. Sie können allerdings auch aufgemalt
sein und durch Farb- und Schattenverläufe wie bei einem
Trompe-l'oeil erstaunlich realistisch wirken.
Je nach Art der unterschiedlich gewählten und symbolisch bevorzugten Blätter und Blumen sowie in Kombination mit teilweise voluminösen Schleifen waren Festons im Barock, im Klassizismus und im Historismus ein beliebter Schmuck für Fassaden und Mobiliar wie prunkvolle Schränke, Stuhllehnen und Spiegelrahmen. Im Zuge von Fassadensanierungen mit Wärmedämmsystemen wurden Festons so wie andere Stuck- und Schmuckmotive vielfach entfernt und anschließend eher selten restauriert. Unsachgemäße und pastöse Farb- und Spachtelbeschichtungen lassen sie klumpig und somit verunstaltet erscheinen.
Bräuche und Zeremonien
Den Brauch, Architekturelemente wie Türen und Fenster zu besonderen Anlässen mit Teilen natürlicher Pflanzen zu schmücken und zu kennzeichnen, gibt es auch heute noch. So werden häufig an Portalen und Eingangstüren zur Advents- und Weihnachtszeit Girlanden aus gewundenen grünen Tannenzweigen oder bei Hochzeiten ineinander verschlungene Ranken mit weißen oder rosa Rosenblüten befestigt. Dieses Prinzip lebt ebenso fort, wenn beispielsweise zu Geschäftseröffnungen Girlanden aus farbigen Luftballons um die Schaufenster drapiert werden.
Symbolisches Artefakt zwischen Bildhauerei und Architektur
Wie zahlreiche vergleichbare historische Artefakte erfahren Festons mittlerweile eine neue Wertschätzung als zeitgeschichtlich authentische und vor allem künstlerische Verknüpfung von Bildhauerei und Architektur. Sie ahmen zwar die Pflanzen nur nach, doch sie versinnbildlichen einen anerkennenden und ehrenden Zugang zu einer blühenden und friedlichen Natur. Die an diese positiv konnotierte Natur und eben nicht an Waffen oder martialische Abwehr verweisenden Verzierungen von Eingängen betonen eine friedliche Hausgemeinschaft und Gastfreundschaft. Sie laden zum Eintreten ein. -sj