Schmiedeeiserne Fenstergitter
Fassadendekoration, Schutzfunktion, Handwerk, Urban Mining
Gitter an Fenstern, Oberlichtern und Öffnungen in Türblättern wirken oftmals altmodisch und wenig zeitgemäß, wenn sie nicht sowieso an Justizvollzugsanstalten erinnern. Soweit es sich nicht um hochherrschaftliche Fenstergitter in Gebäuden wie dem Buckingham Palace oder dem Palais de l'Élysée handelt, gelten sie angesichts der Möglichkeiten digitaler Sicherheitstechnik als obsolet.
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Handwerk, Schutz und Funktion
Doch kunstvoll geometrisch oder organisch-floral verzierte Fenstergitter erleben eine Renaissance als ehrliches Handwerk, zumal sie seit Jahrhunderten mehrere Aufgaben erfüllen. Grundsätzlich sind sie ein guter Einbruchsschutz, denn sie sind typologisch verwandt mit Roll-, Scheren und Absperrgittern sowie mit aus metallenen Zäunen bei Parks, Schlössern und sonstigen schützenswürdigen Einfriedungen. Ihre Funktion ist nicht von Störungen des Internets oder von Stromausfällen beeinträchtigt.
Des Weiteren ermöglichen Fenstergitter ein ungestörtes Öffnen zum Lüften, ohne dass ungebetene Besucher*innen in das Hausinnere gelangen können. Bei Keller-, Souterrain- sowie Dachfenstern verhindern die Gitter, dass Tiere wie beispielsweise Waschbären, Tauben oder Fledermäuse eindringen können. Je nach erforderlicher Schutzanforderung sind die Maschenweiten respektive Feldgrößen innerhalb der Gittermuster zu dimensionieren. Als Faustformel gelten Abstände zwischen 10 und 30 cm. Für noch engere Maschen kann zusätzlich Kaninchendraht oder Insektenschutzgaze hinzugefügt werden.
Fenstergitter wirken jedoch nicht nur als Barriere, sondern sind zudem dekorative und bisweilen sogar narrative Bestandteile einer Fassade.
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Konstruktion, Muster und Zierelemente
Ursprünglich wurden Fenstergitter aus linienförmigen Stab- oder Bandelementen geschmiedet. Möglicherweise ist dies eine historische Weiterentwicklung von hölzernen Verschlüssen für Fenster- und Türöffnungen. Für die serielle Herstellung gleicher Muster wurde oft Gusseisen in Schablonen verwendet. Heute werden neben handwerklich individuell hergestellten schmiedeeisernen auch verzinkte Gitter aus Stahl angeboten. Bei der Befestigung kann das Gitter die Laibung überdecken und in der Wand verankert sein. Die Befestigung kann ebenso innerhalb der Laibung erfolgen.
Die Muster setzen sich meist entweder aus diagonal überkreuzten Stäben zusammen oder aber aus einem rechteckigen, runden oder ovalen Rahmen, der mit einem Netz- respektive Flechtwerk in verschiedensten filigranen grafischen Mustern gefüllt wird. Klassischerweise sind diese Gitter schwarz lackiert, doch es finden sich je nach Region auch tannengrüne, kobaltblaue oder schneeweiße Farbtöne.
Zierelemente wie Ornamente, Rosetten, Initialen oder Wappen sind Applikationen, welche wiederum farbige Akzente setzen und manchmal sogar hochwertig vergoldet sind. Als zeitgenössische Interpretation eines Wappens nutzen verschiedene hochpreisige Marken insbesondere in der Bekleidungsbranche ihre Logos. So soll einerseits die Wertigkeit der Marke und andererseits durch historische Zitate wie eben einem schmiedeeisernen Fenstergitter ihr Renommee symbolisiert werden. Dies geschieht beispielsweise, indem das Logo am Fenster- oder Oberlichtgitter oberhalb der Eingangstür von Flagship-Stores appliziert ist, vergleichbar mit Gittern an Palastfassaden, die mit dem Wappen oder den Initialen der herrschenden Familie markiert sind.
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Artefakte und Urban Mining
Fenstergitter gibt es in verschiedensten Formen auf der ganzen
Welt. Die Muster sind dabei grafisch extrem verschieden. Im Sinne
von Recycling und Urban Mining werden Fenstergitter
beim Abbruch eines Hauses mittlerweile als Artefakte wertgeschätzt
und gesichert. Zahlreiche Online-Plattformen bieten sie als
aufgearbeitete Bauteile für die erneute Verwendung als
Fenstergitter an. Nichtsdestotrotz ist ihre weitere Nutzung
prinzipiell vielseitig und reicht von filigranen dekorativen
Raumteilern in der Innenraumgestaltung von Restaurants und Bars bis
zu Rankhilfen in Gärten. Besonders eindrucksvolle und wertvolle
Exemplare sind bei Sammler*innen wie Gemälde an der Wand
aufgehängt. -sj