Geschichtliche Entwicklung des Elementbaus

Heute sind vorgefertigte Beton- bzw. Stahlbetonelemente allgegenwärtig. Stetige Verbesserungen von Betonrezepturen, die großen Bauprojekte der Nachkriegszeit und die zunehmende Standardisierung und Normung sind einige Gründe dafür. Nachfolgend ein Blick auf die Geschichte des Elementbaus in Deutschland.

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Vom Concrete Cottage zum ersten Plattenbau Berlins

Bei der Weltausstellung 1851 in London wurde erstmals ein Betonfertigteilgebäude präsentiert: das Concrete Cottage von William B. Wilkinson. Da sich die Zement- und Betonprodukte im 19. Jahrhundert noch nicht dazu eigneten, große Bauteile in Ortbeton zu erstellen, empfahl sich das Bauen mit Blöcken und anderen präfabrizierten Elementen, beispielsweise Betonwerksteintreppen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der amerikanische Architekt und Stadtplaner Grosvenor Atterbury mit Fertigteilen und entwickelte für die New Yorker Siedlung Forest Hills Gardens Häuser aus je 170 standardisierten, industriell vorgefertigten Betonelementen. Inspiriert vom sogenannten System Attenbury ließ der Berliner Architekt und Stadtbaurat Martin Wagner bis 1930 die erste Plattenbausiedlung Berlins errichten. Die über sieben Tonnen schweren Platten mit Fenster- und Türöffnungen wurden in Holzformen neben der Baustelle gefertigt. Heute stehen immer noch 118 der ursprünglich 138 Wohnungen der Splanemann-Siedlung.

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Reallabor Nachkriegszeit

Um den großen Wohnraumbedarf in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg zügig zu decken, wurde in vielen Ländern Europas eine Rationalisierung der Bauprozesse angestrebt. Staatliche Akteure und Bauunternehmen förderten die Entwicklung des Systembaus – mit Gelegenheit für Experimente. Zunächst wurden serielle Fertigungstechniken des 20. Jahrhunderts aufgegriffen und weiterentwickelt. In der DDR kamen ab den 1960er-Jahren zunehmend geschosshohe Wandtafeln zum Einsatz, die den Plattenbauten ihren Namen gaben. Auch in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) arbeiteten Wohnungsbauunternehmen wie die Neue Heimat zunehmend mit standardisierten Bauelementen, wobei sie oft Systeme aus dem Ausland übernahmen. Neben der Verkürzung der Bauzeit und der deutlichen Kostenreduktion stellten sie auch eine ganzjährige Vollzeitbeschäftigung im Werk in Aussicht.

Die Elemente wurden entweder im Fertigteilwerk oder neben dem Bauplatz, in einer sogenannten Feldfabrik hergestellt, wobei sich letztere wegen der hohen Investitionskosten jedoch kaum rechnete. In Zusammenhang mit Großbauvorhaben stieg die Zahl der Fertigteilwerke in der BRD zwischen 1960 und 1970 massiv an. Über den Straßen- oder Schienenweg erreichten die Wand-, Decken- oder Brüstungselemente die Baustelle, wo sie vielfach mit Ortbetonfundamenten und -treppenhäusern kombiniert wurden. Turmdreh- und Autokräne halfen bei der Montage. Parallel zum Wohnungsbau fanden Betonfertigteile ab den 1960er-Jahren zunehmend Anwendung bei weiteren Gebäudetypen wie Einkaufspassagen, Schulen, Sporthallen und Krankenhäusern – in der BRD wie in der DDR.

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Mit Standards gestalten und bauen

Im Büro- und Gewerbebau schritt die Standardisierung noch weiter voran als im Wohnungsbau. In der Bundesrepublik beteiligte sich die Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau (FDB) bzw. die frühere Fachvereinigung Betonfertigteilbau (FB) an der Vereinheitlichung von Arbeitsabläufen, Konstruktionsprinzipien und Bauelementen. Dazu erschienen frühzeitig Planungshilfen und andere Publikationen, beispielsweise 1971 das Typenprogramm Skelettbau oder 1972 die erste Muster-Montageanweisung. Zwischen 1982 und 1995 wurden rund 100.000 Exemplare der Vorläufer der Broschüre Betonfertigteile im Geschoss- und Hallenbau gedruckt. 2004 wurden zusammen mit der EN 13369: Common rules for precast concrete products die ersten EU-weit harmonisierten Produktnormen für Betonfertigteile veröffentlicht.

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Dass elementierte Betonarchitektur nicht monoton sein muss, zeigen etwa das 1985 fertiggestellte Züblin-Haus in Stuttgart von Gottfried Böhm oder die 2000 fertiggestellte Mexikanische Botschaft in Berlin von Teodoro Gonzales de León und Francisco Serrano. Hier steht die durch die Fertigung im Werk ermöglichte Präzision im Vordergrund.

Zukunft der Elemente

Mit den großen Bauprojekten der Nachkriegsjahrzehnte sind riesige Materiallager entstanden und bis heute wächst der Bestand an Betonfertigteilen. Wie sie sich wiederverwenden lassen, zeigen vereinzelte Beispiele in Nordeuropa, den Niederlanden und Deutschland. Bis 2025 untersucht eine Gruppe aus Schweden, Finnland, Deutschland und den Niederlanden im Rahmen des EU-geförderten Projekts ReCreate, welche Rahmenbedingungen und Abläufe für eine Wiederverwendung im großen Stil notwendig sind.


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