Plusenergiehaus in Leonberg-Warmbronn
Solarthermie, Photovoltaik, Wärmepumpe und Lüftung mit WRG
Gebäude, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen, werden als Plusenergiehäuser bezeichnet. Eines davon befindet sich in Leonberg-Warmbronn, einer Gemeinde rund 13 Kilometer westlich von Stuttgart. Das zweigeschossige Einfamilienhaus, das der Bauherr Norbert Fisch für die Familie seiner Tochter errichten ließ, unterscheidet sich von anderen Plusenergiehäusern dadurch, dass die Familie den Großteil des erzeugten Sonnenstroms selbst nutzt und nur einen geringen Teil in Stromnetz einspeist. Der Entwurf für das Gebäude stammt von den Architekten Berschneider und Berschneider aus Neumarkt, das Energiekonzept vom Bauherren. Dieser ist Leiter des Instituts für Gebäude- und Solartechnik an der Universität Braunschweig und bezeichnet den Neubau als „Netto-Plusenergiehaus“.
Gallerie
An einem steilen Hang gelegen, bietet das weiß verputzte Gebäude rund 210 m² Wohnfläche, die sich auf zwei Geschosse verteilen. Die Erschließung erfolgt von der Südseite her über eine Steintreppe neben der Garage im Erdgeschoss, das aufgrund der Hanglage auf drei Seiten von Erdreich umschlossen ist. Hier befinden sich zwei Kinder- und ein Gästezimmer an der Südseite; nach hinten gibt es ein Bad, einen Hauswirtschaftsraum sowie Abstell- und Lagerflächen. Im auskragenden ersten Obergeschoss lebt die Familie im großzügigen offenen Wohn-, Ess- und Küchenbereich. Eine große Glasfront nach Süden erlaubt einen freien Blick ins Tal. Vor dem Wohnraum ist ein Balkon mit umlaufender Glasbrüstung angeordnet. Den oberen Gebäudeabschluss bildet ein um 15 Grad geneigtes Pultdach.
Die Ausrichtung des Gebäudes, Dreischeibenverglasungen mit außen liegenden Sonnenschutzlamellen sowie eine hochgedämmte, luftdichte Gebäudehülle sorgen für passiv solare Gewinne und einen geringen Energiebedarf. Ein Beispiel für den Wärmeschutz: die massiven Außenwände aus Beton und Kalksandstein sind 22 cm dick gedämmt und erreichen einen U-Wert von 0,15 W/m²K. Der Heizenergiebedarf beträgt rund 25 kWh/m²a, die Heizleistung liegt unter 20 W/m².
Energiekonzept
Beheizt wird das Haus über eine
Wasser/Wasser-Wärmepumpe. Sie besitzt eine max. Heizleistung von 10
kW, was etwa der zwei- bis dreifach benötigten Heizleistung
entspricht. Als Wärmequelle dienen drei Erdwärmesonden, die sich
95 m tief im Erdreich befinden. Das Monitoring der Anlage in der
ersten Heizsaison 2010/2011 ergab eine Arbeitszahl von 3,04. Die
Wärmepumpe arbeitet zusammen mit der thermischen
Solaranlage (7 m² Flachkollektorfläche) auf einen Pufferspeicher
mit 825 l Wasservolumen. Im oberen Speicherteil wird das Warmwasser
direkt und hygienisch im Durchflussprinzip bereitet. Der untere
Speicherbereich speist die Niedertemperaturheizung
(Vorlauftemperatur unter 30°C). In der mittleren Speicherzone
befindet sich ein elektrischer Heizstab, der im Bedarfsfall
nachheizt. Die Wärme wird überwiegend durch eine Fußbodenheizung
verteilt. Ein separater Heizkreis versorgt die großflächigen Heizkörper
in den zwei Bädern.
Lüftung
Ein zentrales Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung (Kreuzstrom-WT) versorgt von
der Technikzentrale im Erdgeschoss aus die Wohn- und Schlafräume
mit Frischluft. Diese wird über ein 75 m langes
Erdwärmetauschersystem vorkonditioniert, das sich in 2 bis 3 m
Tiefe im Erdreich befindet. Im Winter wird die Außenluft auf 5 bis
10 Grad vorgewärmt. Außerhalb der Heizperiode
lüften die Bewohner über die Fenster; die Lüftung bleibt
ausgeschaltet. Mit einer Ausnahme: Bei extremer Hitze im Sommer
lässt sie sich zur Kühlung zuschalten. Auch die Fußbodenheizung
wird im Sommer zur Kühlung über die Erdsonden genutzt.
PV/Strommanagement
Im Plusenergiegebäude soll die Sonne die Hälfte des Strombedarfs
liefern. Die Module der Photovoltaik-Anlage sind vollflächig auf
dem nach Süden geneigten Pultdach angeordnet. Sie erbringen eine
Gesamtleistung von etwa 15 kWp. Neben dem Hausnetz speist die
PV-Anlage zusätzlich zwei Backup-Batterie-Systeme auf
Blei/Schwefelsäure-Basis. Die Speicherkapazität beträgt 7 und 20
kWh. Wechselrichter können bei Bedarf den Speicherstrom ins
Hausnetz einspeisen.
Den im Sommer überschüssigen PV-Strom in der Batterie nutzen die
Bewohner für ihre beiden Elektrofahrzeuge, einem PKW und einem
Roller. Die Ladestation befindet sich in der Garage. Mit dem
Sonnenstrom kann das E-Auto voraussichtlich 10.000 bis 12.000 km im
Jahr fahren. Falls die Batterien vollständig geladen sind und kein
Strombedarf im Haus anliegt, dann speist die PV-Anlage ins
öffentliche Netz. Die Wärmepumpe arbeitet tagsüber fast nur mit
Sonnenstrom. Nachts bleibt sie aus, weil sie aufgrund der hohen
thermischen Speichermasse des Hauses und wegen der guten Dämmung
nicht benötigt wird. Für einen hohen Eigenstromanteil arbeiten
Haushaltgeräte wie Waschmaschine, Trockner und Spülmaschine nur
tagsüber. Auch Kühl- und Gefrierschrank können nachts für einige
Stunden abgeschaltet werden.
Bautafel
Architekten: Berschneider + Berschneider, Pilsach/Neumarkt
Projektbeteiligte: Walter Munz, Leonberg (Bauleitung); Planungsgruppe Kuhn, Sindelfingen (Tragwerksplanung); Prof. Dr.-Ing. Fisch, TU Braunschweig (Energiedesign); Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS) an der TU Braunschweig (Monitoring, Betriebsoptimierung); EGS-Plan und Enerydesign, Stuttgart (Planung Gebäudehülle und TGA); Rehau (Hersteller Wärmepumpe, HLS-Installation)
Bauherren: M.N. Fisch und Karin Fisch, Leonberg-Warmbronn
Fertigstellung: September 2010
Standort: Leonberg-Warmbronn
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