Emscher-Pumpwerk in Oberhausen
Tiefste Baustelle des Ruhrgebiets
Kanalisationen erwartet man üblicherweise in Städten, wo sie
unsichtbar dafür sorgen, dass dreckiges Abwasser von den Häusern zu
den Klärwerken geleitet wird. Mit dem Abwasserkanal Emscher (AKE)
wird eine komplette Region mit einem unterirdisch verlaufenden
Kanalisationssystem ausgestattet. Das weltweit einzigartige
Generationenprojekt mit prognostizierten Baukosten von über fünf
Milliarden Euro hat eine Gesamtlänge von 51 km. Damit soll die
Emscher, der einst „dreckigste Fluss Europas“, weitestgehend vom
Abwasser befreit und renaturiert werden. Die letzten 150 Jahre
wurde der kanalisierte Nebenfluss des Rheins als Abwasserfluss für
das Ruhrgebiet genutzt, dessen Wasserstrom oberirdisch über mehrere
Kläranlagen in den Rhein geführt wurde.
Gallerie
Das derzeit im Bau befindliche Abwasserpumpwerk in Oberhausen wird die Abwässer des Emscher-Kanals rund 35 m hoch fördern. Nach den vorgeschalteten und bereits in Betrieb genommenen Pumpwerken in Gelsenkirchen und Bottrop stellt die Oberhausener Anlage die finale und größte Hebestation dar. In Summe weisen die drei Pumpwerke eine Förderhöhe von knapp 80 m auf. Auf diese Weise sollen ab 2020/2021 alle Abwässer von Dortmund bis zur Kläranlage Emschermündung bei Dinslaken geleitet werden können. Mit 44 m Tiefe und 50 m Durchmesser ist das Emscher-Pumpwerk in Oberhausen die derzeit tiefste Baustelle im Ruhrgebiet.
Gerüste und Schalungen
Für die Durchführung der komplexen Tiefbau- und Rohbauarbeiten wurde eine Gesamtlösung geplant, bestehend aus Kletterschalung, Traggerüst und Zugangstechnik. Die von außen kaum wahrnehmbaren Ausschachtungsmaßnahmen begannen im Jahr 2017. Hierbei diente ein von einer Konsolkonstruktion abgehängter Treppenturm als Zugang zur Baugrubensohle. Zur Anpassung an die sich kontinuierlich verändernde Zugangshöhe wurde der Treppenantritt sukzessive nach unten erweitert – bis zur finalen Tiefe von knapp 50 m. Eine Stufenbreite von 1,25 m gewährleistete eine bequeme und sichere Begehung auch bei hohem Nutzeraufkommen und in beiden Richtungen.
Innerhalb des begrenzten Baufelds der finalisierten Ausschachtung waren die massiven Betonbauteile des eigentlichen Pumpwerks herzustellen. Für den 1,30 m starken kreisrunden Außenring wurde ein Kletterschalungssystem aus Rundschalungen und Kletterbühnen konzipiert. Mit drei Schalungssätzen wurden die sechs Kreisbogenabschnitte in jeweils acht Höhentakten à 5,00 m Höhe hergestellt. Zum Schalen der Innenwände wurden Arbeitsbühnen mit der Rahmenschalung zu kranversetzbaren Kletterschalungseinheiten kombiniert. Vorgefertigt angelieferte Bühnenbeläge beschleunigten die Montage. So konnte trotz der Komplexität des Bauwerks eine kontinuierlich rasche Taktfolge von acht bis zehn Tagen zum Klettern, Bewehren und Betonieren erzielt werden.
Zur Herstellung der versetzt angeordneten Zwischendecken wurde ein räumlich ausgebildetes Traggerüst montiert. Dessen Bauteilen liegt ein metrisches Systemraster zugrunde, sodass es sich sowohl an die komplizierte Bauwerksgeometrie als auch an die abzutragenden Lasten anpassen ließ. Für die meisten Lastfälle dienten Horizontalriegel mit 25, 50, 100 und 150 cm Länge, bedarfsweise kombiniert mit Stahlträgern als Überbrückungskonstruktion. Unterhalb der ersten Zwischendecke sorgten Schwerlaststützen für eine punktuelle Lastabtragung als Durchstützung bis zur Bauwerkssohle. Das schaffte Raum innerhalb des Tragsystems und ermöglichte so den Zugang zum zukünftigen Saugraum und zum Treppenhaus.
Die Deckenstärken der drei Zwischendecken betrugen jeweils 1,00 m, bei Zwischendecke 2 wurde zusätzlich ein 1,80 m starker und 1,90 m breiter Stahlbetonbalken für die spätere Kranbahn integriert. Zudem mussten bei der Planung und Ausführung unterschiedliche Aufstandsebenen berücksichtigt sowie entsprechende Zugänge in das Traggerüst integriert werden. Die Unterstützungshöhe bei der abschließenden ebenfalls 1,00 m starken Stahlbetondecke betrug in Teilbereichen über 36,00 m. Parallel zu den anstehenden Rohbauarbeiten für Hochbauten werden ab 2019 die Montagearbeiten der Ausrüstungsgewerke durchgeführt.
Bautafel
Architekt: Atelier Fritschi + Stahl, Düsseldorf
Projektbeteiligte: Porr, Berlin (Bauleitung); Peri, Weißenhorn (Schalungssysteme CB, Rundflex, Trio; Gerüstsysteme Peri Up, Variokit); Dahlem Ingenieure, Essen (Planung Pumpwerk)
Bauherr: Emschergenossenschaft, Essen
Fertigstellung: 2018 (Rohbau)
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn