Funktion und Eigenschaften der Dampfbremse
Luft kann Wasser in Form von Gas – also als Wasserdampf – aufnehmen. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann in ihr gelöst sein. Bei Temperaturveränderungen, zum Beispiel von innen nach außen, entsteht ein dem Temperaturgefälle entsprechendes Dampfdruckgefälle. Der Wasserdampf diffundiert in Richtung des Temperatur- und Druckgefälles. Der Wasserdampfstrom folgt also stets dem Druckgefälle: vom höheren zum niedrigen Druck; von der höheren zur niedrigeren Temperatur. Daher müssen Konstruktionen, die warme Bereiche von kalten abgrenzen, dampfdiffusionsoffen sein. Um nicht zu viel Feuchtigkeit in eine Konstruktion hinein diffundieren zu lassen, werden an der warmen Innenseite dampfbremsende Materialen eingesetzt. Dabei gilt die Regel: je weiter außen, desto offener die Materialeigenschaften.
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Wie sehr der Baustoff die Diffusion bremst, wird mit dem Wasserdiffusionswiderstands-Faktor oder der Wasserdiffusionswiderstands-Zahl µ, bemessen. Der dimensionslose Wert µ gibt an, um wie viel dichter das Material gegenüber Wasserdampf ist als eine gleich dicke, ruhende Luftschicht. Dabei gilt der Diffusions-Widerstand einer 1 m dicken Luftschicht als μLuft = 1. Der daraus abgeleitete sd-Wert ist die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl multipliziert mit der Dicke der Bauteilschicht.
Die Strömungsrichtung der Wasserdampfmenge (der Feuchte) wird dadurch bestimmt, dass der „Feuchtefluss“ immer vom höheren zum niedrigen Druckniveau erfolgt. Also zum Beispiel von 30°C Lufttemperatur mit 60% relativer Luftfeuchte zur Seite mit 20°C mit ebenfalls 60% relativer Luftfeuchte. Ist die Temperatur auf beiden Seiten gleich, erfolgt dies von der höheren relativen Luftfeuchte zur niedrigeren.
Diese Strömung soll durch die Dampfbremse vermindert werden. Allerdings ergeben sich in Bauteilen je nach Konstruktion auch sperrende Schichten. Hier muss bei Feuchteeintrag die Feuchtigkeit auf umgekehrten Weg wieder austrocknen können. Dafür wurden so genannte Klimamembrane oder auch variable Dampfbremsen in Form von Folien entwickelt. Diese klimagesteuerten Membranen schließen die Poren im Winter ab, bei höheren Temperaturen und erhöhtem Dampfdruck wird die Molekularstruktur offener und ermöglicht eine Austrocknung. Sie besitzen demnach einen variablen sd-Wert: Die Folie ist, je nach Dampfdruck, in beide Richtungen offen. Das kann allerdings in bestimmten Einbausituationen zu Komplikationen führen: Sperrt die äußere Schicht ab, wie zum Beispiel bei dampfdichten Materialien wie Bitumen oder Metallen, kommt es bei hoher innerer Luftfeuchtigkeit (wie etwa im Neubau) zu einer Auffeuchtung der Konstruktion. Dies kann verhindert werden, indem die Dampfbremsbahn in einer Richtung – und zwar in die Konstruktion hinein – grundsätzlich immer bremst und in die andere Richtung immer offen ist, also stets eine Austrocknung zulässt.
Einfache Dampfbremsen bestehen meist aus dickeren Kunststofffolien, oft Polyethylen-Folien. Eine Polyethylen-Folie verfügt bei einer Dicke von 0,1 mm (0,0001 m) und einer Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl (µ) von 100.000 über dieselbe Sperrwirkung wie 10 m Luft. Bahnen oder auch andere Materialien wie z. B. PVC-Folien oder Holzplatten können, je nach Wasserdampfdiffusionswiderstand, verwendeter Materialdicke und Dampfoffenheit, als Dampfbremse dienen. Dabei gelten sd-Werte von 0,5 m – 1.500 m als diffusionshemmend, also als Dampfbremse. Darüber gelten sie als diffusionsdicht, darunter als diffusionsoffen.
Bei Dampfbremsen strebt man eine 6-fach höhere Dichtigkeit (den
6-fach größeren Sperrwert) im Vergleich zum restlichen Aufbau von
innen nach außen an. Zu beachten ist, dass raumseits der
Dampfbremse das Dämmvolumen nicht mehr als 20 % des
Gesamtdämmvolumens betragen soll. Hierbei sind alle Schichten
raumseits der Dampfbremse zu berücksichtigen. Alles, was darüber
liegt, muss berechnet werden oder muss über eine Zulassung des
Herstellers verfügen. Eine Möglichkeit zur Berechnung der
bauphysikalischen Funktionalität eines Aufbaus ergibt sich aus dem
Glaserdiagramm. Genauere Berechnungen müssen mit hygrothermischen
Simulationen geführt werden. Bei heutigen Konstruktionen übernimmt
die Dampfbremse in der Regel zusätzlich auch die Aufgabe der Ebene
für die Luftdichtheit.