Mensa des Homerton College in Cambridge
Schillernde Keramikblöcke krönen den Speisesaal
Ein bestehendes historisches Gebäudeensemble um einen Neubau zu ergänzen, der sich harmonisch einfügt, ohne eklektisch zu sein, ist wahrlich keine einfache Aufgabe – umso weniger, wenn es sich dabei um einen renommierten englischen Universitätscampus handelt. Das Büro Feilden Fowles hat sich der Aufgabe dennoch angenommen und konnte mit seinem Entwurf einer neuen Mensa für das Homerton College in Cambridge den 2017 international ausgeschriebenen Wettbewerb für sich entscheiden.
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Das Homerton College liegt im Süden von Cambridge und ist, gemessen an der Zahl der Studierenden, das größte College der Stadt. Seine Hauptgebäude wurden in den 1870er-Jahren errichtet – ursprünglich für das Cavendish College; 1894 bezog dann das Homerton College die Gebäude. Die neue Mensa befindet sich im Nordwesten des Anwesens auf einem 3.000 Quadratmeter großen Grundstück und umfasst neben der Küche und dem großen Speisesaal auch eine Cafeteria (Buttery) sowie Einrichtungen für das Personal. Der Neubau grenzt westlich an das denkmalgeschützte Ibberson-Gebäude (1914) im Arts-and-Crafts-Stil und an viktorianische Gebäude im neugotischen Stil.
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Expressionistische Krone für den Speisesaal
Als Ort des Zusammentreffens kommt der Mensa auch die Aufgabe zu, als Bindeglied im Campusgefüge zu wirken. Dem wird der Neubau durch eine Art Kreuzgang an der Ostseite, wo sich auch der Haupteingang befindet, sowie großzügige, in die Fassade gehauene Sitzgelegenheiten gerecht. Dem Sockel des Speisesaals aus rot pigmentiertem Ortbeton mit fünfzig Prozent GGBS-Zementersatz (Ground Granulated Blastfurnace Slag, dt.: gemahlene, granulierte Hochofenschlacke) setzten die Architekt*innen eine Krone mit ausdrucksstarken blaugrün schimmernden Fliesen auf. Sie schließt mit einem stark geneigten Schmetterlingsdach ab, das dem Gebäudeteil einen expressionistischen Ausdruck verleiht.
Die sich kreuzenden Holzträger des ungewöhnlichen Dachs bestimmen maßgeblich den Raumeindruck im Inneren. Unterhalb der Dachränder sind Fensterbänder angeordnet, die für einen sakral anmutenden Lichteinfall sorgen. Vier lange, parallel verlaufende Tischreihen aus dem gleichen hellen Kastanienholz wie die Holzvertäfelung und das Dachtragwerk, laden die Studierenden zum gemeinsamen Essen ein. Die Küche, alle dienenden Räume sowie die Cafeteria wurden in niedrigere Volumina ausgelagert.
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Das vollautomatisch gesteuerte Gebäude wird passiv belüftet und nutzt eine Erdwärmepumpe, die die CO₂-Emissionen für Heizung und Warmwasser um etwa vierzig Prozent reduziert. Der Gesamtkohlenstoffausstoß übertrifft die RIBA 2030 Climate Challenge (Version 2) für Nichtwohngebäude.
Facettenreiche Keramikblöcke mit einzigartiger Glasur
Rund 2.400 unterschiedlich geformte Keramikblöcke umhüllen die Krone des Speisesaals. Sie sind 50 cm breit und variieren in der Höhe zwischen 60 und 90 cm bei einer Dicke zwischen 5 und 30 cm. Die Fliesen weisen einen unregelmäßigen fünfeckigen Querschnitt auf, bei dem eine Spitze nach vorn zeigt. So entsteht eine facettenreiche Oberfläche, die den großen Fassaden- und Dachbereichen Tiefe sowie Dynamik verleiht und zugleich für eindrucksvolle Lichtreflexe sorgt. An den Längsseiten streben zwischen den großzügigen Fensterflächen fliesenverkleidete Pfeiler empor, die an gotische Strebpfeiler denken lassen. Die vertikale Ausrichtung und Facettierung der Fliesen betont die dynamische Aufwärtsbewegung der Dachkanten. Mit jeweils vier Edelstahlspangen sind die Keramikblöcke an einem Stahlrahmensystem befestigt.
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Die blaugrüne, changierende Glasur weist eine große Farbtiefe auf, die durch das Auftragen mehrerer metallischer Glasurschichten entstanden ist, die ineinander verlaufen. Dabei wurden die Glasuren nicht gleichmäßig aufgebracht, sondern zum Teil aufgespritzt, was jeder Fliese ein einzigartiges, zufälliges Erscheinungsbild verleiht.
Bautafel
Architektur: Feilden Fowles, London
Projektbeteiligte: Barnes Construction, Ipswich (Bauunternehmer); Structure Workshop, London (Statik); Bremner Partnership, Cambridge (Vermessungstechnik); SEED landscape design, Bath (Landschaftsdesign); MJS Construction, Cambridgeshire (Betonbau); Darwen Terracotta, Blackburn (Herstellung Keramikblöcke)
Bauherr*in: Homerton College Cambridge
Fertigstellung: 2022
Standort: Homerton College, Hills Road, Cambridge CB2 8PH
Bildnachweis: David Grandorge, Jim Stephenson, Josh Greet