Gartenpavillon in Kopenhagen
Demontierbarer Wintergarten
Er ist vielseitig nutzbar, lässt sich komplett demontieren und
steht als erstes im grünen Hof des dänischen Designmuseums: der
Gartenpavillon im Grønnegården. Dunkle Rippen aus Brettschichtholz
bilden die Tragstruktur des Wintergartens für Ausstellungen,
Vorträge und Workshops, transluzente Ausfachungen aus Polycarbonat
lassen viel Licht hindurch. Henning Larsen Architects entwarfen den
temporären Bau, der viele Bezüge zum umgebenen historischen Gebäude
aufweist, aber auch andernorts aufgebaut werden kann.
Gallerie
Das dänische Designmuseum befindet sich keine fünf Minuten entfernt von Amalienborg, dem königlichen dänischen Schloss, mitten in Kopenhagen. Das Museumsgebäude ist ein Beispiel früher Umnutzung. Es stammt aus dem späten 18. Jahrhundert, gilt als einer der schönsten dänischen Rokokobauten und war ursprünglich ein Krankenhaus: das Kongelige Frederiks Hospital. Zwei repräsentative Eingangsgebäude – eines an der Amaliegade und eines der Bredgade – bilden mit zwei langen Galerien, die ursprünglichen Bettensäle, ein rechtwinkliges Ensemble mit einem grünen Innenhof, dem Grønnegården.
Konversion und Modernisierung
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Krankenhaus jedoch zu klein und wurde nach der Eröffnung des wesentlich größeren Rigshospitalet geschlossen. Die Konversion zum dänischen Designmuseum erfolgte 1926 nach Entwürfen der beiden Architekten Ivar Bentsen und Kaare Klint, die auch das gesamte Mobiliar entwarfen und den grünen Hof als Freiluft-Museumsgarten einbezogen.
Knapp einhundert Jahre später wurde das Museum nun einer umfassenden baulichen Instandsetzung und Modernisierung unterzogen, außerdem wurde die Sammlung neu konzipiert und arrangiert. Die Wiedereröffnung erfolgte nach zwei Jahren Bauzeit und parallel zum 3DaysofDesign-Festival, das seit 2013 die Arbeiten etablierter wie auch junger skandinavischer und internationaler Designer und Designerinnen präsentiert.
Wintergarten als Designobjekt
In einer Kooperation vom Museum mit dem Architekturbüro Henning Larsen und dem Möbelhersteller Fritz Hansen entstand anlässlich des Designfestivals und der Wiedereröffnung ein temporärer Pavillon im Grønnegården. Im Kontrast zum Grün des Hofs, zu den knorrigen alten Bäumen und der umlaufenden Rokokofassade erscheint der temporäre Neubau als eine Mischung aus Wintergarten und Designobjekt – minimalistisch reduziert und zugleich als Demonstration dänischen Umgangs mit Holz, Licht und Natur. Der Pavillon hat die Kubatur eines langgestreckten Walmdachs und verweist damit auf die traditionellen Dachformen der Umgebung und greift auch die dunkle Farbe der Deckung auf, wie beispielsweise bei den Dächern vom ehemaligen Kongelige Frederiks Hospital oder Schloss Amalienborg.
Schwarze Brettschichtholzbinder bilden in enger Abfolge wie
monotaktisch gereihte Lamellen die Tragstruktur, die mit
Polycarbonatplatten transluzent ausgefacht ist. Dieser Wechsel aus
schwarzen Rippen und hellen Streifen bewirkt, dass der Bau je nach
Perspektive wie ein geschlossener dunkler Körper oder aber ein
silbrig schimmernder Wintergarten aussieht. Während sich durch die
transluzenten Ausfachungen schemenhaft erahnen lässt, was jeweils
auf der anderen Wandseite vor sich geht, erlauben die großen
bodentiefen Schaufenster an den Schmalseiten gleichermaßen Ein- und
Ausblicke. Durch die Ausfachungen kann zudem Tageslicht in den
Innenräume fallen, aber auch auch Kunstlicht nach außen scheinen:
In der Dämmerung erzeugen farbige Leuchten eine weitere
spielerische Komponente. Fußboden, Regale und Trennwände im Inneren
des lichtdurchfluteten Pavillons sind aus hellem Sperrholz
gefertigt und damit optisch zurückhaltend.
Gallerie
Ausstellung, Workshops, Vorträge
Mit einer Fläche von 350 m² beherbergte der Pavillon die dreitägige Ausstellung anläßlich des 150-jährigen Firmenjubiläums vom Möbelhersteller Fritz Hansen. Präsentiert wurden unter anderem die weltberühmten Sesselklassiker wie Egg, Swan und die Serie-7-Stühle sowie Designer wie Arne Jacobsen, Hans Wegener und Poul Kjaerholm. Nach dem Festival wird der Pavillon bis in den Herbst 2022 vom Designmuseum für Workshops, Vorträge, eine Summerschool und weitere Ausstellungen genutzt.
Demontage und Wiederaufbau
Anschließend ist geplant, den Pavillon zu demontieren und wiederzuverwenden, beispielsweise auf dem Areal des Fritz-Hansen-Firmensitzes in Allerød. Um diese ressourcenschonende, nachhaltige Wieder- und Weiterverwertung realisieren zu können, ist das gesamte Gebäude von vornherein als verschraubter Bausatz realisiert worden. Kein einziges Teil ist geklebt oder geschweißt, um möglichen untrennbaren und nicht-recycelfähigen Abfall zu vermeiden. Auch mit Rücksicht auf die Lage im Innenhof des historischen Gebäudes kann der Pavillon komplett zerlegt und rückstandslos entfernt und abtransportiert werden. Prinzipiell ist es sogar möglich, den Pavillon auch in anderen Dimensionen aufzubauen, zum Beispiel verkürzt mit weniger Rippen. Damit ist er adaptierfähig an die Anforderungen potentieller anderer Standorte.
Der Fritz-Hansen-Pavillon erhielt den Best Exhibition Award
2022 des 3DaysofDesign-Festivals. -sj
Bautafel
Architektur: Henning Larsen Architects, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Design Museum Denmark, Kopenhagen; 3daysofdesign Festival, Kopenhagen, Dänemark
Bauherr/in: Fritz Hansen, Allerød, Dänemark
Fertigstellung: 2022
Standort: im Grønnegården, Bredgade 68, 1260 Kopenhagen, Dänemark
Bildnachweis: Laura Stamer, Kopenhagen, über Henning Larsen, Kopenhagen, sowie Designmuseum Denmark, Kopenhagen