Yakisugi
Geflammtes Holz als natürlicher Brandschutz
Oberflächen aus schwarz verkohltem und anschließend geöltem Holz finden sich zunehmend in Flagship-Stores progressiver Modedesign-Marken, in den Gasträumen gehobener asiatischer Gastronomie sowie als künstlerisch-innovative Elemente in der Gartenbaukunst. So gewann der Talitha Arts Garden mit verkohlten hölzernen Beeteinfassungen sogar eine Goldmedaille bei der renommierten RHS Chelsea Flower Show im Jahr 2023.
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Japanisches Prinzip Yakisugi
Das Prinzip dieser kontrolliert erzeugten Verbrennung hölzerner Oberflächen heißt Yakisugi und ist ein jahrhundertealtes japanisches Verfahren zur Konservierung und zum Schutz von Holz im Bauwesen. Die Silbe Yaki kann mit verbrannt übersetzt werden, während die zweite Silbe Sugi auf eine bestimmte Holzart verweist, nämlich die japanische Zeder, botanisch Cryptomeria japonica, manchmal auch als Sicheltanne übersetzt. Dieser Baum ist eine Art lebendes Fossil, weil er seit Urzeiten unverändert in der heutigen Art in Japan und China wächst. Als Hartholz wurde er beispielsweise für den Bau von Tempeln und Pagoden genutzt, von denen einige heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören (siehe Surftipps).
Traditionell werden mehrere Bretter oder Bohlen der Cryptomeria zu einer senkrecht stehenden polygonalen Röhre verbunden, dann unten ein Feuer entzündet, beispielsweise mit Papier oder Reisig, dessen Flammen durch die Thermik wie bei einem Kamin nach oben steigen. Wenn die Oberflächen ausreichend geflammt sind, wird das Gebilde gelöst, das Feuer gelöscht und die Bretter zum Auskühlen ausgelegt. Je nach geplanter Verwendung bleiben die Hölzer pur oder werden mit Ölen behandelt, um Verfärbungen oder Verschmutzungen durch die Rußschicht zu vermeiden.
Physik
Auf den ersten Blick wirkt es widersprüchlich eine Oberfläche durch Zerstörung zu schützen, doch physikalisch handelt es sich tatsächlich um einen natürlichen Prozess. Die Karbonisierung der oberen Holzschicht stärkt die Widerstandskraft des organischen Materials gegen Schimmel und Schädlingsbefall. Bis zu einem gewissen Grad verhindert die ja bereits verbrannte Oberfläche sogar ein erneutes Entzünden und leistet damit eine Art vorbeugenden Brandschutz. Heute wird für Yakisugi weniger japanisches Zedernholz, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher, zumeist regional erhältlicher und zudem kostengünstigerer Harthölzer verwendet, beispielsweise Kiefer, Lärche, Douglasie und Robinie.
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Ästhetik
Yakisugi hat eine ganz eigene Ästhetik als silbrig schimmerndes Schwarz, das gleichzeitig puristisch-reduziert und trotzdem durch die Holzstruktur dramatisch wirkt. Es korrespondiert visuell mit dem Glanz dunkler Seide, dem Schimmer antiker persischer und indischer Teppiche sowie ebenso mit zeitgenössischen, polierten Epoxidharzoberflächen.
Das Prinzip der Erschaffung von Schönheit durch Zerstörung griff der niederländische Designer Maarten Baas bei seiner Abschlussarbeit an der Design-Akademie Eindhoven auf. Er flammte Design-Ikonen wie den Zig-Zag-Chair von Gerrit Rietfeld oder das Carlton-Regal von Ettore Sottsass ab. Anschließend konservierte er die karbonisierte Oberfläche der Reste dieser Objekte mit farblosem Epoxidharz. Seine Smoke Collection wird heute in verschiedenen Galerien und Museen präsentiert, beispielsweise im Victoria&Albert Museum in London. Im Jahr 2008 erhielt Baas den Auftrag in Austin, Texas ein privates Esszimmer mitsamt Wandvertäfelung, Türen und Laibungen à la Yakisugi zu beflammen. Die Arbeit kann als enorm einflussreich für Yakisugi als nachhaltige sowie anspruchsvolle künstlerische Gestaltung weit über Japan hinaus betrachtet werden. -sj
Dieser Beitrag entstand mit fachlicher Expertise von Prof. Dr. Marcel Robischon, Humboldt-Universität zu Berlin, Lebenswissenschaftliche Fakultät, Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften, Fachgebiet Agrarökologie.
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