Dreischeibenhaus in Düsseldorf

Modernisierung eines denkmalgeschützten 60er-Jahre-Baus

Das 1960 von Helmut Hentrich, Hubert Petschnigg und ihren damaligen Mitarbeitern Fritz Eller, Erich Moser und Robert Walter für Phönix-Rheinrohr fertig gestellte Dreischeibenhaus in Düsseldorf gilt als ein wichtiges Zeugnis der deutschen Nachkriegsmoderne. Seinen Namen verdankt der etwa 95 Meter hohe, 26-geschossige Verwaltungsbau seiner Kubatur, die aus drei gegeneinander verschobenen und jeweils nur sechs Meter breiten Scheiben zusammengesetzt scheint. Der lang gestreckte Erschließungskern befindet sich in der mittleren Gebäudescheibe. Dadurch ergeben sich – neben der eleganten Baukörpersilhouette – kurze Wege, geringe Raumtiefen und natürlich belichtete, flexibel nutzbare Büroflächen, die als Einzel-, Kombi- oder Großraumbüros dienen. Als nachteilig erwies sich allerdings die Konstruktion der Vorhangfassade, die neben hohen Energiekosten auch ein ungünstiges Raumklima hinter den nicht öffenbaren Fenstern mit ihrem nur unzureichenden Sonnenschutz zeitigte.

Gallerie

Von 1960 bis 2010 als Konzernzentrale eines Stahlunternehmens genutzt, ist das Hochhaus mit seinen 35.000 Quadratmetern Bürofläche heute an verschiedene Nutzer mit ganz unterschiedlichem Flächenbedarf vermietet. Vor der Neunutzung war allerdings eine umfassende Modernisierung des inzwischen denkmalgeschützten Gebäudes dringend nötig. Mit Blick auf den Erhalt seiner typischen Eigenschaften und Ausdruckmittel sollte es dennoch die heute gültigen Anforderungen an den Wärme- und Brandschutz erfüllen. Mit der Sanierungsplanung beauftragt wurden – als Nachfolger der Urheber – HPP Architekten, wenngleich die Gründer im Büro heute nur noch namentlich präsent sind.

Außen sieht man dem Gebäude die Sanierungsmaßnahmen in der Tat kaum an: Der Charakter der Originalfassade blieb bewahrt. Möglich wurde dies durch den Einbau einer zusätzlichen, innenseitig montierten Fassadenebene entlang der Gebäudelängsseiten, die heutigen Wärmeschutzanforderungen entspricht. Auf diese Weise konnten die Tragkonstruktion und die Emailleglas-Brüstungselemente der ursprünglichen Gebäudehülle erhalten bleiben. Die originale Festverglasung allerdings wurde durch neue Prallscheiben ersetzt, die jetzt nach oben und unten etwa 12 cm breite, offene Fugen ausbilden und eine natürliche Lüftung ermöglichen. An den schmalen geschlossenen Stirnfassaden sieht man ebenfalls noch die originale Edelstahlverkleidung aus gekanteten Profilen, die lediglich gründlich gereinigt wurden. Auch der Haupteingang mit der Treppe wurde kaum verändert, aber das imposante Vordach erhielt unterseitig eine neue Beleuchtung.

Konstruktion/Bauphysik

Die Längsfassaden sind nun zweischalig aufgebaut: Als eigentliche Klimaschicht dient die innen montierte Primärfassade, die vom Rohfußboden bis zur Rohdecke reicht. Im Brüstungsbereich besteht sie aus zwei Schichten Mineralwolle (100 und 80 mm) und rückseitig emaillierten Gläsern, die den vorhandenen, außen verglasten Brüstungspaneelen vorgelagert sind. Die neuen dreifach verglasten Fenster lassen sich manuell öffnen und ermöglichen durch die breiten Fugen der äußeren Prallscheibe ein individuelles, windgeschütztes Be- und Entlüften der Büroräume. Anstelle der ursprünglichen Innenjalousien montierte man elektrisch bedienbare Aluminiumraffstore mit 50 mm breiten Lamellen im Fassadenzwischenraum, die aus bauphysikalischer Sicht als außen liegender Sonnenschutz fungieren.

Die alten Geräte in den Brüstungsbereichen zum Heizen, Kühlen und Lüften wurden durch Kühl- und Heizdecken oder Gebläsekonvektoren in den abgehängten, teils glatten, teils gelochten Gipskartondecken ersetzt. Dadurch ergab sich ein Flächengewinn entlang der Fassaden. Außerdem konnten durch die neue Heiztechnik die zentralen Lüftungsgeräte in der 22. Etage abgebaut werden. Während den Mietern hier nun Dachterrassen zur Verfügung stehen, wurden die ehemals als Techniketagen genutzten Geschosse 23 und 24 zu weiteren Gewerbeflächen umgebaut. Insgesamt konnte durch die Beseitigung der alten Heizungs- und Lüftungsanlage ein Zugewinn von 1.200 Quadratmetern vermietbarer Fläche erzielt werden.

Die Aufstellung der Geräte für die neuen dezentralen Teilklimaanlagen erfolgte innerhalb der Mieteinheiten an den geschlossenen Stirnseiten des Gebäudes. Wie zuvor auch schon werden hier Zu- und Abluft über Wetterschutzgitter in der Fassade angesaugt bzw. ausgeblasen. Die neuen Anlagen arbeiten mit Wärmerückgewinnung und sorgen für einen zweifachen Luftwechsel. Gedämmt wurden die fensterlosen Stirnseiten mit einer 50 mm dicken Schicht aus druckfestem, nicht brennbarem Schaumglas, das im Brandfall weder Qualm noch toxische Gase entwickelt. Außerdem erhielten die Wände innen eine moderne Brandschutzbekleidung. Für den Wärmeschutz des Flachdaches und auch im Bereich der Terrassen kam ebenfalls – wie 1960 auch schon – Schaumglas als Gefälledämmung zum Einsatz.

Die Fassade der auch im Innenbereich unter Denkmalschutz stehenden Eingangshalle blieb in ihrer Einschaligkeit erhalten, aber die großen Scheiben wurden durch neue Wärmeschutzgläser ersetzt. Die raumbildenden Elemente des sich über die gesamte Gebäudetiefe erstreckenden Foyers, die tragenden Kerne, Stützen, Windverbände und teilweise frei geführten Versorgungsleitungen erfüllen nach der Sanierung die heutigen Brandschutzanforderungen, folgen aber in Farbe und Material der ursprünglichen Gestaltung.

Bautafel

Architekten: HPP Architekten, Düsseldorf
Projektbeteiligte: AWD Ingenieuere, Köln (Tragwerksplanung); Nordhorn, Münster; Caverion, München; Oertel und Prümm, Köln (Planung und Ausführung Gebäudetechnik); Ökotec, Schwalmtal (Brandschutz); Haskamp, Edewecht (Ausführung Fassade); Deutsche Foamglas, Hilden (Schaumglasdämmung)
Bauherr: Dreischeibenhaus, Düsseldorf; Momeni, Hamburg; Black Horse, Düsseldorf
Standort:  Dreischeibenhaus, 40211 Düsseldorf
Fertigstellung Modernisierung: 2015 (ursprünglich 1960)
Bildnachweis: Hans Georg Esch, Blankenberg; Momeni, Hamburg; Ralph Richter, Düsseldorf; Thomas Robbin, Herten; Sigurd Steinprinz, Düsseldorf

Baunetz Architekt*innen

Fachwissen zum Thema

Bei zentralen Lüftungsanlagen versorgt mindestens ein Ventilator über ein Kanalnetz mehrere Räume oder ein gesamtes Gebäude mit frischer Luft

Bei zentralen Lüftungsanlagen versorgt mindestens ein Ventilator über ein Kanalnetz mehrere Räume oder ein gesamtes Gebäude mit frischer Luft

Luft und Lüftung

Arten der Lüftung und Lüftungssysteme

Zur Sicherstellung eines behaglichen Raumklimas und zur Vermeidung von Bauschäden durch Kondensatausfall ist der Luftwechsel in...

Übersicht einiger üblicher Dämmstoffe für unterschiedliche Anwendungsbereiche

Übersicht einiger üblicher Dämmstoffe für unterschiedliche Anwendungsbereiche

Wärmeschutz

Dämmstoffe: Eigenschaften, Anwendungen, Kennwerte

Wichtiger Bestandteil des energieeffizienten Bauens und Wärmeschutzes sind die Dämmstoffe. Die Rohdichten [kg/m³] und die daraus...

Schematische Darstellung der anrechenbaren wirksamen Schichtdicken einer massiven Wand

Schematische Darstellung der anrechenbaren wirksamen Schichtdicken einer massiven Wand

Wärmeschutz

Sommerlicher Wärmeschutz: Kennwerte und Bauteile

Ein wesentlicher Faktor zur Beurteilung der Konstruktion unter sommerlichen Bedingungen stellt die Art der Konstruktion von...

Bei zerklüfteten Bauten steigt neben der Erhöhung der Hüllfläche auch der Einfluss von Wärmebrücken bzw. Durchdringungspunkten an Fassaden und Dächern (Abb.: Bürogebäude am Potsdamer Platz, Berlin).

Bei zerklüfteten Bauten steigt neben der Erhöhung der Hüllfläche auch der Einfluss von Wärmebrücken bzw. Durchdringungspunkten an Fassaden und Dächern (Abb.: Bürogebäude am Potsdamer Platz, Berlin).

Wärmeschutz

Winterlicher Wärmeschutz: Grundlagen und Ziele

Über die Ausrichtung, das Verhältnis der Flächen, den Öffnungsanteil und die Hüllfläche beeinflussen Planerinnen und Planer bereits beim Entwurf eines Gebäudes den Heizenergiebedarf.

Zum Seitenanfang

Westliche Straßenansicht des neuen Gebäudeteils

Westliche Straßenansicht des neuen Gebäudeteils

Büro/​Gewerbe

Nike Europazentrale im Gertrudshof Berlin

Ergänzung eines denkmalgeschützten Industriegebäudes

Nach Plänen von UNStudio aus Amsterdam erhielt das 1952 von Jan van der Laan entworfene Kaufhaus der Modekette C&A in Eindhoven einen neuen, vollflächig verglasten Sockelbereich.

Nach Plänen von UNStudio aus Amsterdam erhielt das 1952 von Jan van der Laan entworfene Kaufhaus der Modekette C&A in Eindhoven einen neuen, vollflächig verglasten Sockelbereich.

Büro/​Gewerbe

Kaufhaus 18 Septemberplein in Eindhoven

Kristalline Glasboxen für ein Gebäude der Nachkriegszeit

Westfassade des Bürogebäudes „Brick”, geplant von Ernst Niklaus Fausch Partner: ablesbar die ehemalige Kistennaglerei (1931) und Suppenabfüllerei (1940) mit aktueller Aufstockung (2019)

Westfassade des Bürogebäudes „Brick”, geplant von Ernst Niklaus Fausch Partner: ablesbar die ehemalige Kistennaglerei (1931) und Suppenabfüllerei (1940) mit aktueller Aufstockung (2019)

Büro/​Gewerbe

Givaudan Business Center in Kemptthal/Lindau

Aufstockung einer ehemaligen Suppenabfüllerei

Westansicht von der De Beauvoir Road: Ursprünglich umfasste der Gebäudeblock sechs Warenlager aus dem 19. Jahrhundert

Westansicht von der De Beauvoir Road: Ursprünglich umfasste der Gebäudeblock sechs Warenlager aus dem 19. Jahrhundert

Büro/​Gewerbe

De Beauvoir Block in London

Aufstockung mit Modulen in Holzrahmenbauweise

Nordwestliche Eingangsseite: Das Hafven lässt an eine Festung denken

Nordwestliche Eingangsseite: Das Hafven lässt an eine Festung denken

Büro/​Gewerbe

Coworking Space Hafven in Hannover

Markanter Sichtbetonbau mit Kerndämmung aus Schaumglas

Mit einer Länge von 310 Metern, 72 Metern Breite und einer lichten Höhe von knapp neun Metern prägt der ehemalige Güterbahnhof Station F das Stadtgefüge im 13. Arrondissement von Paris maßgeblich

Mit einer Länge von 310 Metern, 72 Metern Breite und einer lichten Höhe von knapp neun Metern prägt der ehemalige Güterbahnhof Station F das Stadtgefüge im 13. Arrondissement von Paris maßgeblich

Büro/​Gewerbe

Station F in Paris

Baudenkmal aus Spannbeton wird Gründerzentrum

Das Marine Building 27E sollte nach seiner Ertüchtigung durch das Bureau SLA im Jahr 2016 als temporäres Verwaltungs- und Konferenzgebäude im Rahmen der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft dienen

Das Marine Building 27E sollte nach seiner Ertüchtigung durch das Bureau SLA im Jahr 2016 als temporäres Verwaltungs- und Konferenzgebäude im Rahmen der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft dienen

Büro/​Gewerbe

Marine Building 27E in Amsterdam

Umnutzung einer Umnutzung

Der markante Turm der Sihlpost mit den gelben Lettern und den vertikalen Fensterbändern ist heute das Wahrzeichen des neuen Quartiers an der Europaallee

Der markante Turm der Sihlpost mit den gelben Lettern und den vertikalen Fensterbändern ist heute das Wahrzeichen des neuen Quartiers an der Europaallee

Büro/​Gewerbe

Sihlpost Zürich

Energetische Ertüchtigung einer Schweizer Ikone

Die ehemalige Königliche Eisenbahndirektion in unmittelbarer Nähe des Kölner Doms erhielt einen fein gestaffelten Aufbau, der das Bild der historischen Dachform nachzeichnet

Die ehemalige Königliche Eisenbahndirektion in unmittelbarer Nähe des Kölner Doms erhielt einen fein gestaffelten Aufbau, der das Bild der historischen Dachform nachzeichnet

Büro/​Gewerbe

Neue Direktion Köln

Terrassierte Aufstockung lässt Mansarddach aufleben

Entworfen zu Beginn der 1950er-Jahre von Helmut Hentrich und Hans Heuser, erfolgte der Umbau des Hochhauses bis 2016 durch die Architekten und Stadtplaner Kister Scheithauer Gross (Südansicht)

Entworfen zu Beginn der 1950er-Jahre von Helmut Hentrich und Hans Heuser, erfolgte der Umbau des Hochhauses bis 2016 durch die Architekten und Stadtplaner Kister Scheithauer Gross (Südansicht)

Büro/​Gewerbe

Gerling Hochhaus in Köln

Energetische und brandschutztechnische Sanierung eines Stahlskelettbaus

Das 1960 von Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg entworfene Dreischeibenhaus in Düsseldorf gilt heute als wichtiges Zeugnis der deutschen Nachkriegsmoderne

Das 1960 von Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg entworfene Dreischeibenhaus in Düsseldorf gilt heute als wichtiges Zeugnis der deutschen Nachkriegsmoderne

Büro/​Gewerbe

Dreischeibenhaus in Düsseldorf

Modernisierung eines denkmalgeschützten 60er-Jahre-Baus

Ostfassade mit ehemaliger Laderampe, rechts daneben der barrierefreie Zugang

Ostfassade mit ehemaliger Laderampe, rechts daneben der barrierefreie Zugang

Büro/​Gewerbe

Bürogebäude The Box in Berlin

Umbau eines Lagerhauses aus den 1960er-Jahren

Das Vitrahaus beherbergt Ausstellungsräume

Das Vitrahaus beherbergt Ausstellungsräume

Büro/​Gewerbe

Vitrahaus in Weil am Rhein

Gestapelte Dachlandschaft