Vitrahaus in Weil am Rhein

Gestapelte Dachlandschaft

Seit Anfang der 1950er Jahre hat der Möbelhersteller Vitra einen Produktionsstandort in Weil am Rhein. Neben Fabrikations- und Verwaltungsbauten hat sich das Unternehmen hier auch Gebäude errichten lassen, die überwiegend kulturell genutzt werden. Auf dem Campus genannten Areal befinden sich unter anderem das Vitra-Design-Museum von Frank Gehry (1989), das Feuerwehrhaus von Zaha Hadid (1993) und der Konferenzpavillon von Tadao Ando (1993). Jüngster Neuzugang unter den Gebäuden ist das Vitrahaus der Baseler Architekten Herzog & de Meuron. Es beherbergt Ausstellungsräume für die Home Collection des Herstellers.

Gallerie

Mit einer Höhe von mehr als 21 Metern überragt der Neubau alle anderen Gebäude auf dem Campus und rückt auch in Form und Farbe von ihnen ab. Vor dem umzäunten Werksgelände auf einer Wiese mit Kirschbäumen stehend, wirkt es als hätte ein Sturm eine Reihe von Häusern in die Luft gewirbelt und zu einem neuen Gebilde zusammengesetzt. Insgesamt 12 dieser mit Satteldach ausgebildeten Häuser stapelten die Architekten auf fünf Ebenen übereinander. Das Ergebnis ist ein Baukörper von 57 Meter Länge und 54 Meter Breite, aus dem einzelne Häuser seitlich bis zu 15 Meter auskragen. Fast alle sind an ihrer Stirnseite verglast, die Dachflächen und Außenwände anthrazitfarben ausgeführt.

Im Inneren des Gebäudes schneiden die Bodenplatten jeweils in die Giebel der darunter befindlichen Ebene ein. Als Folge hat jede der fünf Ebenen einen anderen Grundriss. Ein holzbeplankter Platz bildet das offene Zentrum im Erdgeschoss, um das sich fünf Gebäudebereiche gruppieren: das Foyer mit Rezeption und Garderobe, das Lounge-Chair-Atelier, der Konferenzraum, ein Shop sowie ein Café mit Terrasse. Im Untergeschoss befinden sich Technik- und Lagerräume.

Ein Aufzug bringt die Besucher ins vierte Obergeschoss, wo der Rundgang durch die Ausstellung beginnt. Hier bietet sich ihnen zunächst ein beeindruckender Ausblick auf den Tüllinger Hügel; auf der anderen Seite liegt ihnen Basel zu Füßen. Neben der Aussicht sind es aber vor allem die Möbel, welche die Blicke in den durchgehend weiß gestalteten Innenräumen auf sich lenken. Organisch geschwungene Treppen führen durch die unterschiedlichen Ausstellungen. Wer das Gebäude in Ruhe von außen betrachten möchte, dem sei der Verner-Panton-Weg empfohlen, der in rund 20 Minuten zu erwandern ist. Im Vitrahaus sind Wanderkarte, Picknickkörbe und Picknickdecken erhältlich.

Bauphysik
Eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe nutzt das Grundwasser aus 22 Meter Tiefe für die Heizung bzw. Kühlung des Gebäudes. Im Erdgeschoss verteilt eine Fußbodenheizung die Wärme gleichmäßig in den Räumen. In den Stahlbetondecken der einzelnen Häuserriegel befinden sich zusätzlich Betonkerntemperierungsrohre, die für angenehme Innenraumtemperaturen sorgen.

Auf den Betondecken sind Dämmplatten im Format 60 x 45 cm aus druckfestem Schaumglas (mit einem Altglas-Anteil von 60%) mittels lösemittelfreiem Zweikomponenten-Klebstoff auf Bitumenbasis aufgebracht. Die Dämmung mit einer Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,042 W/(mK) entspricht gemäß DIN EN 13501-1 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten der Euroklasse A1, ist also als nicht brennbar eingestuft. Der abschließende Bodenbelag ist auf Stützfüßen aufgeständert. Dachflächen und Außenwände sind mit ebenfalls nicht brennbaren (A1), 16 cm starken Steinwolleplatten gedämmt und von einer durchgehend anthrazitfarbenen Hülle umschlossen. Die Dachdeckung besteht aus Bitumen, die Wände aus Ortbeton mit einem verputzten Wärmedämmverbundsystem.

Die Lüftung erfolgt mit geringen Luftmengen und über einen Rotationswärmetauscher (WRG > 80%). Er sorgt dafür, dass bei der Frischluftzufuhr die Wärme bzw. Kälte der Abluft nicht verloren geht.

Bautafel

Architekt: Herzog & de Meuron, Basel
Projektbeteiligte: Mayer Baehrle, Lörrach (Ausführungsplanung); ZPF Ingenieure, Basel (Tragwerksplanung); August Künzel Landschaftsarchitekten, Basel (Außenanlagen); Frener & Reifer Metallbau, Brixen (Fassadenplanung); Implenia Bau, Zürich (Bauausführung); Stahl + Weiß, Büro für Sonnenenergie, Freiburg (thermische Gebäudesimulation); IBB Grefrath, Sallneck (Brandschutz); Création Baumann, Langenthal (Vorhangplanung); Foamglas, Hilden (Hersteller Bodendämmung); Horstmann und Berger, Ingenieurbüro für Bauphysik, Altensteig (Bauphysik, Akustik)
Bauherr: Vitra Verwaltungs Gesellschaft, Weil am Rhein
Fertigstellung: 2010
Standort: Charles-Eames-Straße 2, 79576 Weil am Rhein
Bildnachweis: Julien Lanoo / Iwan Baan für Vitra, Claudia Hilgers, Altendorf

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