Arten der Lüftung und Lüftungssysteme
Zur Sicherstellung eines behaglichen Raumklimas und zur Vermeidung von Bauschäden durch Kondensatausfall ist der Luftwechsel in einem Gebäude von entscheidender Bedeutung. Er lässt sich auf unterschiedliche Weisen herbeiführen, die sich grundsätzlich in zwei Arten – die freie und die mechanische Lüftung – unterscheiden. In Neubauten mit luftdichter Bauweise entfällt die freie Lüftung nahezu, deshalb ist für eine behagliche Raumluft eine regelmäßige Fensteröffnung (Stoßlüftung) oder eine mechanische Lüftung erforderlich. Ob bzw. wie luftdicht ein Gebäude ist, misst der Blower-Door-Test.
Gallerie
Mechanische Lüftung
Reicht die natürliche Lüftung für den notwendigen Luftwechsel nicht
aus, kommt eine mechanische bzw. maschinelle Lüftung zum Einsatz.
Sie sorgt mit gezielter Luftführung und einem oder mehreren
Ventilatoren bedarfsbezogen und unabhängig von äußeren Einflüssen
(Winddruck/Temperaturen) für die geforderte Luftwechselrate im Raum, in der Wohnung oder im
Gebäude. Wegen der zunehmend luftdichten Bauweise ist die
mechanische Lüftung auf dem Vormarsch. Moderne, energiesparende
Lüftungsanlagen passen den Luftaustausch den jeweiligen
Anforderungen an. Im deutschen Sprachraum ist der Begriff
„maschinelle Lüftung“ vor allem im Industriebau
gebräuchlich, während im Wohnungsbau von „mechanischer
Lüftung“ gesprochen wird.
Zentrale Lüftungsanlagen
Eine zentrale Lüftungsanlage versorgt mit mindestens einem
Ventilator über ein Kanalnetz mehrere Räume, Gebäudetrakte oder ein
gesamtes Gebäude mit frischer Luft. Sie hat einen erheblichen
Platzbedarf und benötigt besondere Maßnahmen hinsichtlich des
Schall- und Brandschutzes. Bei der Abluftanlage saugt ein
zentrales Lüftungsgerät die verbrauchte Luft aus den Räumen.
Anwendungsbeispiele sind Küchen, Gasträume oder Laboratorien. Bei
der zentralen Be- und Entlüftungsanlage dagegen befördert je
ein Ventilator die Außen- und Fortluft. Die Ventilatoren sind
entweder in einem kompakten Lüftungsgerät oder getrennt in einem
Zuluft- und einem Abluftgerät angeordnet.
Dezentrale Lüftungsanlagen
Dezentrale Lüftungsgeräte wie Einzellüfter oder Gebläsekonvektoren
lüften nur einzelne Räume. Sie können auch mit zentralen
Abluftsystemen und einer Wärmerückgewinnung über Kreislaufverbundsysteme
(KVS) kombiniert werden. Dezentrale Geräte ermöglichen eine
variable Raumgestaltung, da sie auf Rastermaß angeordnet werden.
Durch den Wegfall eines Luftkanalsystems sind geringere Raumhöhen
möglich.
Freie Lüftung
Hier erfolgt die Lüftung auf natürliche Weise, ohne Ventilator.
Unter Einfluss von Wind, thermischem Auftrieb oder dem
Gewichtsunterschied der Luft bei Temperaturdifferenzen zwischen
innen und außen strömt die frische Außenluft über undichte
Öffnungen in der Gebäudehülle (z.B. Fugen oder
Rollladenkästen) ins Innere. Die Kräfte erzeugen einen
Luftvolumenstrom, der durch das Gebäude strömt und dabei die Luft
austauscht.
Fugenlüftung
Unter Fugenlüftung versteht man den natürlichen Luftstrom durch
Spalten, Löcher und Risse im Baukörper sowie durch undichte Fenster
und Türen. Diese Form der freien/natürlichen Lüftung wird auch als
Selbstlüftung bezeichnet. Die Intensität der Fugenlüftung ist
abhängig von den Wetterverhältnissen, insbesondere vom Wind und
kann nicht reguliert werden; ein gleichmäßiger Luftaustausch ist
nicht gewährleistet. Bei starkem Wind kann der Luftwechsel auf das
Vierfache ansteigen. In Altbauten beträgt der stündliche
Luftwechsel in den Räumen im Winter etwa 0,3h⁻¹ < LW <
0,8h⁻¹.
Fensterlüftung
Wie der Name bereits sagt, erfolgt der Luftwechsel durch das Öffnen
eines Fenster. Steht das Fenster über einen längeren Zeitraum in
Kippstellung, spricht man von Dauerlüftung, wird es kurzzeitig und
vollständig geöffnet, handelt es sich um die Stoßlüftung. Zwar
sichert diese schnell den hygienisch erforderlichen
Mindestluftbedarf, ist aber im Winter mit Heizwärmeverlusten
verbunden und erfordert das Vor-Ort-sein. Die Dauer der Lüftung ist
von den Außentemperaturen abhängig: Je kälter es draußen ist, desto
weniger Feuchtigkeit ist in der Außenluft und desto kürzer kann die
Lüftungszeit sein. Ein starker Lüftungseffekt wird durch die
Querlüftung erzielt, wo gegenüberliegende Fenster und/oder Türen
geöffnet werden. Mit elektrischem Antrieb ausgestattet, lassen sich
die Räume auch regelmäßig lüften oder im Sommer über Nacht
auskühlen. Auch über Doppelfassaden mit permanent durchlüfteten
Zwischenräumen, ist eine natürliche Lüftung des Gebäudes ohne
Raumlufttechnische Anlagen (RLT) möglich. Dabei sind für eine
rasche Nachtauskühlung die Fenster oder Lüftungsklappen
gegenüberliegend anzuordnen.
Schachtlüftung
Mit der Luftführung von einem über Dach geführten Schacht lässt
sich der natürliche Luftwechsel verstärken. Die Schachtlüftung
nutzt den natürlichen Auftrieb (Schornsteinwirkung). Ein
Anwendungsbeispiel ist die Lüftung von fensterlosen Bädern und
Toilettenräumen ohne Ventilator (DIN 1946-6
Raumlufttechnik - Teil 6: Lüftung von Wohnungen -
Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung
und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und
Instandhaltung). Jeder zu lüftende Raum ist mit einem eigenen
Luftkanal über Dach auszustatten. Die in der Vergangenheit in
Altbauten verwendete Berliner Lüftung (Zuluft über undichte
Fenster- und Türfugen) ist nicht mehr zulässg, weil die EnEV Luftdichtheit fordert.
Dachaufsatzlüftung
Durch das Anordnen von Lüftungsaufsätzen (Saugern) oder von kurzen
Schächten, Dachreitern oder Dachlaternen an der höchsten Stelle
eines Daches kann die Schachtlüftung verbessert werden. Diese Art
der Lüftung kommt hauptsächlich bei Gebäuden mit industrieller
Nutzung zur Anwendung. Dort herrschen in der Regel höhere
Temperaturen in den Innenräumen, sodass ständig für Frischluft
gesorgt werden muss. Um eine zu starke Auskühlung im Winter und
eine zu starke Erwärmung im Sommer zu vermeiden, sollten die
Abluftöffnungen durch Stellklappen oder Jalousien verstell- bzw.
verschließbar ausgebildet sein. Eine Sonderform der Schacht- und
Dachaufsatzlüftung sind Anlagen zum natürlichen Abzug von Rauch und
Wärme (RWA).