Gare Maritime in Brüssel

Moderne Holzstruktur in historischen Hallen

Eine ungewöhnlich gelungene Verbindung historischer Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts mit modernen Holzkonstruktionen verkörpert der Gare Maritime in Brüssel. Neutelings Riedijk Architekten aus Rotterdam entwarfen eine mehrgeschossige hölzerne Struktur aus Pavillons, Wege- und Treppenverbindungen, die die hohen ehemaligen Bahnhofshallen des einst so wichtigen Handels- und Verladebahnhofs inmitten der belgischen Metropole einerseits effektvoll in Szene setzt und andererseits im besten Sinne nutzt.

Gallerie

Ornamentierter Stahl und helle Holzeinbauten

Der eindrucksvolle Bestand (errichtet 1902-1907), ein Paradebeispiel industriellen Fortschritts mit feingliedrigen, teils ornamentierten Stahltragwerken, viel Glas und Sichtmauerwerk wurde als schützende Hülle instandgesetzt. Die neuen Einbauten mit Eichenholzoberflächen erscheinen gleichfalls leicht und filigran. Gefertigt aus dem konstruktiven Baumaterial des 21. Jahrhunderts, bilden sie einen warmen Kontrast. Sakral anmutende Raumverhältnisse werden von geradlinigen hellen Holzeinbauten flankiert, dunkle Jugendstilelemente treten als Blickfang hervor – ein insgesamt spektakuläres Zusammenspiel.

Der Gare Maritime ist Teil des Tour & Taxis genannten Areals im nördlichen Stadtzentrum. Drei große Hallen sind von vier kleineren flankiert; sie nehmen insgesamt eine Fläche von 280 x 140 Metern ein und sind durchgängig verbunden. Mit der Umgestaltung wurden sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Als „Stadt in der Stadt” bezeichnen Neutelings Riedijk das Projekt, welches sie in Zusammenarbeit mit dem Bureau Bouwtechniek aus Antwerpen im Auftrag der Extensa Group planten.

Historische Hülle für Gärten und städtisches Leben

Die historische Hülle sorgt zwar für ein von der Witterung weitgehend unabhängiges Klima, die Jahreszeiten sollen aber spürbar bleiben. Wer hier flaniert, einkaufen geht, sich mit Freunden zum Kaffee oder gemeinsamen Essen trifft, wer hier arbeitet und Sport treibt, tut dies bei Tageslicht, umgeben von viel Grün. Zehn Gärten sind Teil des energieneutral geplanten Gebäudekomplexes, gestaltet nach den Themen Holz, Blumen, Gras und Duft.

Durch zwölf Einbauten in Form hölzerner Pavillons entstand eine Nutzfläche von 45.000 Quadratmetern. Für Veranstaltungen bleibt die zentrale Haupthalle frei, flankiert durch Baumreihen und Wege (Abb. 24). Als Vorbild diente die Promenade Rambla in Barcelona. Kleine Plätze sind mit Mosaiken des Brüsseler Künstlers Henri Jacobs versehen.

BIM-Planung für viergeschossige Pavillons

Der Entwurf und die Planung der neu eingefügten Konstruktionen erfolgten mittels BIM; demnach entstand ein gemeinsames 3D-Modell aller Gewerke vor Baubeginn. Die (in der zur Einbringung in die Hallen passenden Größe) vorgefertigten Elemente wurden vor Ort verschraubt; die Verbindungen sind aus ästhetischen Gründen verdeckt. Alle tragenden Teile bestehen aus Fichte, während für sämtliche Oberflächen FSC-zertifiziertes Eichenholz zum Einsatz kam. Alle Holzbauteile lassen sich demontieren und wiederverwenden.

Von zehn viergeschossigen, etwa 24 Meter hohen Blöcken sind jeweils fünf in den äußeren Hallen aufgereiht. Zwei kleinere Holzkonstruktionen sind stirnseitig positioniert. Die Skelettkonstruktionen mit Stützen und Unterzügen aus Brettschichtholz in drei Ebenen haben eine Grundfläche von ca. 45 x 45 Metern. BSH-Rippen im Verbund mit Brettsperrholzplatten tragen die Deckenlasten ab (Abb. 34-38). Jeder Block verfügt über einen Kern aus Brettsperrholz, in dem sich ein Treppenhaus und Technikräume befinden. Diese Erschließungs- und Versorgungskerne wirken aussteifend und tragen die horizontalen Lasten ab.

Freitragende Treppen, filigrane Brüstungen

Die Vorfertigung und der witterungsgeschützte Einbau ermöglichten eine kurze Bauzeit. Treppenläufe aus Brettsperrholz wurden in einem Stück angeliefert und vor Ort montiert, Tritt- und Setzstufen sowie Podeste aus Eichenholz später vollendet. Handläufe und filigrane Brüstungen entlang der Terrassen, Balkone und freitragenden Treppen zwischen den Pavillons bestehen aus Eichenholz. Die Treppenläufe überkreuzen sich in den Ansichten und bilden ein wesentliches Gestaltungsmerkmal innerhalb der hölzernen Miniaturstadt. Kantige schmale Leisten in lichten Abständen, alternierend lang und verkürzt, bilden die Geländer und Brüstungen (Abb. 16, 17). Auch die Unterseiten der Treppenläufe sind mit Eichenholzleisten in regelmäßigen Abständen versehen.

Der Gebäudebetrieb ist ohne fossile Energieträger möglich. Dies gelang unter anderem durch eine zusätzliche Dämmung im Zuge der Dachsanierung sowie elektrochrome Sonnenschutzgläser an den Gebäudefronten und Hallenseiten. Die Glasfassaden entlang der südwestlichen Picartstraße sind mit Solarzellen versehen; auf den Dächern erzeugen Solarpaneele auf insgesamt 17.000 Quadratmetern Strom. Als Wärmeerzeuger wird Geothermie eingesetzt. Das Regenwasser wird gesammelt und zur Bewässerung der innenliegenden Gärten genutzt. -us

Bautafel

Architektur: Neutelings Riedijk Architects, Rotterdam
Projektbeteiligte: Michiel Riedijk, Willem Jan Neutelings, Dieter de Vos, Kenny Tang, Alejandro Mosquera Garcia, Alexey Boev, Anselmo Nižić, Frank Venhorst, Pietro Manara (Designteam Architekturbüro); Bureau Bouwtechniek, Antwerpen (Ingenieurleistungen); Ney & Partners, Brüssel (Statik Renovierung); Ney & Partners WOW, Namur (Statik neue Pavillons); Boydens engineering, Brugge (Bauphysik); Omgeving, Antwerpen (Landschaftsplanung); Jan de Moffarts, Bureau Bouwtechniek (Architekt Restaurierung); Venac, Brussel (Akustik); FPC Risk, Antwerpen (Brandschutz); Züblin, Aichach (Holzrohbau)
Bauherr/in: Extensa Group, Brüssel
Fertigstellung: 2021
Standort: Picardstraat, Tour & Taxis, Brüssel, Belgien
Bildnachweis: Filip Dujardin; Sarah Blee; Tim Fisher; Romain Laprade; Neutelings Riedijk Architects

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