Aussichtsturm in Stuttgart
Einläufig gekurvte Treppen als Doppelhelix
Bereits Ende der 1980er-Jahre begannen die ersten Überlegungen zu diesem Turm, der im Rahmen der Internationalen Gartenbau-Ausstellung konzipiert werden sollte. Gewissermaßen als Überhöhung der Bergkuppe sollte der Aussichtisturm vom höchsten Punkt aus sich emporheben: Nicht ein dünner Bleistiftschaft mit einer Kanzelverbreiterung sollte dort zum Stehen kommen, sondern eine Filigrankonstruktion angenähert an eine Pyramide. Minimalen Materialaufwand mit maximaler Effektivität in Einklang zu bringen gelang nur mit einem ingenieurmässig ausgetüftelten System des Büros Schlaich, Bergermann und Partner.
Gallerie
In Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten Hans Luz
entwickelten die Planenden in zehnjähriger Planungszeit eine
Seil-Netzkonstruktion als außenliegende Verspannung. Diese
verbindet die an einer zentralen 40 Meter hohen Spindel hängenden
Plattformen, steift aus und umfängt sie mittels eines Druckrings
kurz unterhalb der Spindelspitze wie eine straffe Hülle. 48
Einzelseile laufen in paraboloid dreidimensionalen Kurven von den
Verankerungspunkten am Baugrund über die Plattformspeichen zum
Druckkranz empor und werden an der Spindelspitze gehaltert. Die
Seile kreuzen einander und sind mittels Doppelkauschen verbunden.
Diese leichten Konstruktionen zeichnen die Architektur des Büros
aus und wurden unter anderem im Olympiadach in München und der
Glasüberdachung der DG-Bank in Berlin realisiert.
Spiralförmige Treppenläufe
Das Besondere der Turmkonstruktion besteht in den spiralförmigen
Treppenläufen, die sich über die vier Plattformen nach oben
verjüngend winden. Um den Besuchendenverkehr zu entwirren, werden
je Podestebene zwei Läufe angeboten, sodass auf- und absteigende
Besuchende sich nur auf den geräumigen Plattformen begegnen können
und sich nicht auf den Treppenläufen aneinander vorbeidrücken
müssen.
Die Treppenläufe sind als Wangentreppen konzipiert, wobei die
äußere Wange aufgrund der statischen Zusatzbelastung mit den
Diagonal-Seilverspannungen als Rundrohr, die innere dagegen als
Flachstahl ausgeführt ist. Die Trittstufen
sind aus gekantetem Profilblech an den Wangen
verschweißt. Der Handlauf besteht aus einem Haupttragseil, das
mittels Kauschen mit der primären Seilverspannung verbunden wurde.
Zwischen den Hauptseilen verspannte dünne Seilnetze bilden einfach
und effektiv die notwendige Absturzsicherung.
Bautafel
Planung: schlaich bergermann partner Ingenieurgesellschaft, Stuttgart
Projektbeteiligte: Hans Luz, Stuttgart (Landschaftarchitektur)
Bauherr/in: Verschönerungsverein der Stadt Stuttgart
Standort: Thomastraße 99, 70192 Stuttgart
Fertigstellung: 2001
Bildnachweis: David Sommer; schlaich bergermann partner, Stuttgart
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