Ausstellungspavillon in Taichung
Kathedralenartiges Sonnendach aus Bambus
Bambus zählt zu den am schnellsten wachsenden Pflanzen der Welt.
Als Baumaterial ist er leicht kompostierbar und hat außerdem eine
hohe Zug- und Druckfestigkeit. Angesichts der Verknappung von
Ressourcen gewinnt er deswegen heute wieder an Bedeutung. In
jahrtausendalten Techniken wird die Pflanze – zumeist von Hand und
in den vielseitigsten Formen – zu Wohnhäusern und Überdachungen,
Schul- und Museumsgebäuden oder auch zu Brücken zusammen gefügt.
Beheimatet ist das Grasgewächs hauptsächlich in warmen Regionen
Asiens. Absolut folgerichtig erscheint darum die Entscheidung, den
Ausstellungspavillon einer taiwanesischen Gartenschau, die sich das
Motto „GNP – Green, Nature and People“ auf die Fahne schreibt, aus
Bambus zu fertigen. Der kolossale Bamboo Pavilion, den das
Architekturbüro Zuo Studio für die „2018 Taichung World Flora Expo“
geplant hat, gleicht einer Kathedrale. Er demonstriert die
Belastbarkeit des pflanzlichen Baustoffs und dessen Potenzial zur
baulichen Umsetzung virtuoser Formen.
Gallerie
Taichung ist die drittgrößte Stadt in Taiwan und gilt als
diejenige mit der höchsten Lebensqualität. Das liegt vor allem am
milden Klima: Weniger heiß als der Süden des Landes und weniger
regnerisch als die Hauptstadt Taipeh, profitiert Taichung von einer
steten Brise, die, von der nahen See kommend, die Stadt mit
Frischluft versorgt. Die Gartenschau ist als Schaufenster Taiwans
gedacht, mit dem sich der Inselstaat von seiner besten Seite zeigen
will. Der Bamboo-Pavilion ist Teil dieses Konzepts: Inspiriert
durch die hügeligen Landformen des Landesinneren soll das Bauwerk
die natürliche Schönheit des Landes und die Vielseitigkeit der
verwendeten, ausschließlich heimischen Materialien demonstrieren.
Zum Einsatz kamen hauptsächlich Moso- und Makino-Bambus.
Erstgenannter gehört mit einer Wuchshöhe bis 30 Meter zu den
größten Bambuspflanzen weltweit.
Der Pavillon steht auf einem Betonfundament inmitten eines ovalen Wasserbassins. Sein Haupttragwerk setzt sich aus 36 Parabelbögen zusammen, die, in Reihe gestellt, ein lang gestrecktes, kuppelartiges Gewölbe bilden. Die höchsten Bögen flankieren das Zentrum der Kuppel. Zu den Seiten hin nimmt die Bogengröße kontinuierlich ab. Dadurch ist die Silhouette des Baus durch sanft ansteigende und flach auslaufende Kurven geprägt. Die Rippen des Tragwerks umgibt ein System aus geflochtenen und gewebten Bambusrohren, -blättern und -fasern. Dabei dominieren zwei Webarten: Im oberen Drittel des Gewölbes – dem Dach – wurde das Material kreuz und quer zu einem dichten Gewebe geknüpft. Den mittleren Teil der Struktur – die geneigten Wände – dominiert eine geordnetere Webart aus dickeren Rohren, die an ein klassisches Korbgeflecht erinnert. Im unteren Drittel des Aufbaus bleiben die kräftigen Bambusrohre der Parabelbögen frei und ermöglichen so ungehinderte Ein- und Ausblicke.
Über vier symmetrisch angeordnete Zugänge an den Längs- und Querseiten ist der Bau begehbar. Im Zentrum seines Gewölbes gibt ein ovales Kuppelauge den Blick auf den Himmel frei. Mit der offenen Struktur ihrer Installation wollen die Architekten bei den Besuchern das Gefühl evozieren, sie bewegten sich durch einen Bambuswald. Wie das dortige Blätterdach schützen die charakteristischen Webarten des Pavillondaches nicht vor Regen, wohl aber vor starker Sonneneinstrahlung. Dabei erzeugen sie ein Licht- und Schattenspiel auf Boden, Wänden und Besuchern.
Bautafel
Architekten: Zuo Studio, Taichung (Design Team: Rex Chen, Alvaro Miñé Caloto, Amelie Chuang, Heidi Wong)
Projektbeteiligte: Formgen Construction, Taichung / Champion Construction (Bauausführung)
Bauherr: Taichung Real Estate Development
Fertigstellung: 2018
Standort: No. 2, Fengzhou Rd., Fenggyan Dist., Taichung City 420, Taiwan
Bildnachweis: Shih-Hong, Yang; Zuo Studio, Taichung
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