Optiker Hungry Eyes in Stuttgart
Kalksandstein einmal anders
Brillen sind weit mehr als nur Sehhilfen, sondern vor allem auch
modisches Accessoire. Dementsprechend setzten immer mehr
Optikergeschäfte auf ein zeitgemäßes, hippes Interieur, um sich
damit des leicht verstaubten Images zu entledigen, das dem Handwerk
hinter dem Trendprodukt paradoxerweise anhaftet. Eines davon ist
Hungry Eyes an der Ecke Rosenbergstraße / Senefelderstraße
im Westen Stuttgarts, das 2020 eröffnet wurde.
Gallerie
Urbane Bühne
Das Geschäft befindet sich im Erdgeschoss eines aus der
vorletzten Jahrhundertwende stammenden Mehrfamilienhauses mit nach
nach Süden und Westen raumhoch verglasten Schaufenstern. Zwei
flache Stufen führen an der Westseite zu einer ebenfalls verglasten
Doppeltür aus den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Das Innere
ist gestalterisch jedoch eindeutig im Hier und Heute verankert.
Verantwortlich dafür zeichnen Architekt Severin Küppers und
Innenarchitekt Florian Siegel. Mit dem Bild einer „urbanen Bühne“
im Kopf, entfernten sie die teils vorhandenen Schaufensterrückwände
und machten somit die gesamte Kundenfläche nach außen hin sichtbar.
Dadurch kann der Blick der Passanten und potenziellen Kundinnen und
Kunden schon von der Straße auf den eigentlichen Hauptakteur
fallen: eine eingestellte und zu einer Seite abgerundeten Wand aus
weißen und mit ihrer Unterseite nach vorne vermauerten
Kalksandsteinen, an der die Brillen präsentiert werden.
Kalksandstein-Steckwand
Der eigentlich für den Schallschutz entwickelte Kalksandstein mit den Maßen 240 x 115 x 113 mm
wird hier kurzum zur Steckwand umfunktioniert. Je zwei Rundrohre
gepaart mit einem einfachen Aluminiumtablar bilden eine flexible
und wandelbare Produktpräsentation. Die ausgewählten Materialien
scheinen das Straßenbild nach innen fortzuführen. Der weiße
Kalksandstein korrespondiert mit dem sandfarbenen Mauerstein der
Fassade des Hauses. Außerdem kommt im Kundenbereich des Geschäfts
Sandstein als Bodenbelag zum Einsatz – dem Material des
Gebäudesockels. Dadurch entsteht ein fließender Übergang zwischen
außen und innen, was dem Besucher die Hemmschwelle nehmen soll, den
Laden zu betreten. Einzelne Steine dienen zudem in den tiefen
Laibungen der Schaufenster der Präsentation ausgewählter
Modelle.
Vor der Rundung der Kalksandsteinwand befindet sich eine kleine
Sitzecke mit gepolsterten Sesseln und einem runden Tisch mit
Marmorplatte. Ein grauer Vorhang lässt sich in diesem Bereich bei
Bedarf entlang einer Schiene vor die Wand ziehen. Der weiche Stoff
erzeugt einerseits einen schönen Materialkontrast und verbessert
andererseits die Akustik. Einziges weiteres Möbel in dem Raum ist
ein weißer, asymmetrischer Beratungs- und Verkaufstresen.
Unerwarteter Altbau-Charme
Mittig in der Kalksandsteinwand führt ein mit Metall ausgekleideter Durchgang zu weiteren Räumen, darunter die Werkstatt, zwei Zimmer zur Augenmessung und eine Teeküche. In dem ganzen Bereich wird man vom Charme einer Stuttgarter Altbauwohnung überrascht: Stuck, Fischgrätparkett und hochwertige Natursteinflächen treffen auf einfache Schwerlastregale. Die teilweise unbehandelten Wand- und Deckenflächen erzählen die Geschichten vorheriger Nutzer und stärken den wohnlichen und privaten Charakter der Räumlichkeiten. Um beim Bild der urbanen Bühne zu bleiben, entsprächen diese Räume dann wohl einem Hinterhof. -sh
Bautafel
Architektur: Severin Küppers, Stuttgart (Architektur) und Florian Siegel, Stuttgart (Innenarchitektur)
Projektbeteiligte: Jan Schäfer, Stuttgart (Errichtung Kalksandstein-Wand); KS-Original, Hannover (Herstellung Kalksandstein, Produkt: KS-Schallschluckstein RDK 1,4-2 DF (w115)
Bauherr/in: Thomas Hommerberg
Fertigstellung: 2020
Standort: Rosenbergstraße 76, 70176 Stuttgart
Bildnachweis: Julia Ochs, Stuttgart; Tom Ziora, Aalen; Severin Küppers, Stuttgart (Architekt) und Florian Siegel, Stuttgart (Innenarchitektur)
Fachwissen zum Thema
KS-ORIGINAL GmbH
Entenfangweg 15
30419 Hannover
www.ks-original.de