Der ökologische Fußabdruck von Mauerwerk
Mit dem Klimaschutzplan 2050 hat sich die Bundesregierung
ambitionierte Ziele gesetzt: Bis zum Jahr 2050 soll Deutschland
weitestgehend klimaneutral sein, bis 2030 sollen die
Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem
Niveau von 1990 gesenkt werden. Da der Bausektor für etwa 40
Prozent des Gesamtenergieverbrauchs und 30 Prozent der
Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, besteht hier enormes
Einsparpotenzial. Dabei kann allein die Materialwahl große
Auswirkungen haben. Wie steht es um die Ökobilanz von Mauerwerk –
immerhin bestehen 72 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland aus
diesem Baustoff.
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Herstellung und Transport
In der Baupraxis kommen viele verschiedene Mauerwerksarten zum Einsatz, die sich teils deutlich in ihrer stofflichen Zusammensetzung unterscheiden. Die marktbestimmenden Mauersteinarten sind mineralisch gebundene Steine wie z.B. Kalksandsteine, Porenbeton-, Beton- oder Leichtbetonsteine. Für ihre Herstellung werden hauptsächlich natürliche Rohstoffe wie Kalkstein, Kies, Sand, Lehm, Ton oder vulkanisches Gestein verwendet, die überwiegend in heimischen Regionen abgebaut und ohne lange Transportwege verarbeitet werden können. Die Abbaugebiete mineralischer Rohstoffe werden in der Regel nur temporär in Anspruch genommen und anschließend rekultiviert.
Die Herstellung von Mauersteinen erfordert teils hohe Temperaturen beim Brennvorgang bzw. energieintensive Härtungsprozesse in Autoklaven. Zudem werden, außer bei Mauerziegeln, Brandkalk bzw. Zement als hydraulische Bindemittel eingesetzt, die durch Vermahlen und Brennen hergestellt werden. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Ausschusses für Mauerwerk DAfM ergab eine Auswertung von Ökobaudat, der Datenbank für ökobilanzielle Basisdaten von Bauprodukten des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) allerdings, dass die Herstellung einer Tonne Mauersteine dennoch anderthalb- bis dreieinhalbmal weniger CO₂-Äquivalente verursacht als die Produktion einer Tonne Brettschichtholz oder OSB-Platten und in etwa gleich viel wie eine Tonne Nadelschnittholz und Konstruktionsholz (s. Surftipps). Grund dafür sei der Energieverbrauch im industriellen Herstellungsprozess inklusive Trocknung und Formgebung sowie die Emissionen der verwendeten Bauteilkomponenten, wie z.B. Bindemittel und Kleber. Bei der Wahl eines passenden Baustoffs ist allerdings auch die notwendige Menge des benötigten Baustoffs in die eigene bilanzielle Betrachtung aufzunehmen.
Heizenergiebedarf in der Nutzungsphase
Ein Faktor für die CO₂-Gesamtbilanz von Wohngebäuden ist der Energieverbrauch während der Nutzungsphase. Laut der DAfM-Studie haben massiv gebaute Häuser aus Mauerwerk aufgrund der hohen Wärmespeicherfähigkeit im Vergleich zu Holzbauten einen 4 bis 17 Prozent geringeren Heizenergiebedarf. Über einen kalkulatorischen Lebenszyklus von fünfzig Jahren emittieren Häuser aus Mauerwerk sieben Tonnen weniger CO₂ als äquivalente Wohngebäude in Holzbauweise; legt man einen Lebenszyklus von 80 Jahren zugrunde, summiert sich die Einsparung auf 11 Tonnen.
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Recycling und Kreislauffähigkeit
Während das Recycling der gebrannten Steine ein etablierter
Vorgang ist, sieht es mit ihrer Wiederverwendung etwas schwieriger
aus.
Wiederverwendung
Für die Wiederverwendung eines Ziegelsteins werden enorme
Ressourcen benötigt, um die Steine bruchfrei vom festen Mörtel zu
trennen. Das Abklopfen der Mörtelreste, sowie das zerstörungsfreie
Entfernen der einzelnen Ziegel ist zeitintensiv und bedarf großer
Vorsicht, denn beim Bruch der Steine verlieren diese ihre
Tragfähigkeit und können nicht mehr als vollwertiges Material
berechnet und verbaut werden. Trotz des großen Aufwands gibt es
heute einige Firmen, die sich die Rettung der Steine beim Rückbau
eines Bestandsgebäudes oder Teilabbrüchen von historischen
Mauerwerkshäusern zum Ziel gesetzt haben.
Recycling
Der üblichere Umgang mit dem Baustoff ist
das Rezyklieren des Steinbruchs und der Steinreste. Am Ende ihres
Lebenszyklus' werden Ziegel und ziegelreiche Stoffgemische heute zu
knapp 78 Prozent wiederverwertet. Im Rahmen des Recyclingprozesses
werden aus dem mineralischen Bauschutt Sekundärrohstoffe gewonnen,
die teilweise zur Herstellung neuer Mauersteine Verwendung finden
oder im Beton-, Straßen- und Deponiebau sowie für die Dachbegrünung
oder als Bodenbelag bei Tennis- und Sportplätzen eingesetzt
werden.
Lebensdauer und ökologischer Fußabdruck
Im Rahmen der Studie des DAfM wurde untersucht, welchen Beitrag
Mauerwerk zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten kann. Während
in der Regel eine Lebensdauer von fünfzig Jahren für ökobilanzielle
Berechnungen zugrunde gelegt wird, geht die Studie hingegen von
achtzig Jahren aus. Grund dafür sei die tatsächlich deutliche
längere Lebensdauer von Mauerwerksbauten, so der DAfM. Das zeige
sich auch daran, dass mehr als zwei Drittel des über fünfzig
Jahre alten Gebäudebestands in Ziegelbauweise errichtet wurden. Bei
diesem wesentlich längeren Betrachtungszeitraum ist die
energetische Qualität von Mauerwerkskonstruktionen höher als die
anderer Bauweisen und erreicht einen deutlich besseren
CO₂-Äquivalenzwert.
Summiert man auf Grundlage einer Lebenszyklusbetrachtung von fünfzig Jahren die CO₂-Bilanzen aller Lebensphasen, sind keine allzu großen ökobilanziellen Unterschiede zwischen verschiedenen Bauweisen ersichtlich. Bei einer Lebenszyklusbetrachtung von achtzig Jahren hingegen verursacht Mauerwerk bis zu vier Prozent bzw. 45,9 Tonnen weniger CO₂ als ein äquivalentes Gebäude in Holzleichtbauweise und 6,5 Prozent bzw. 75,8 Tonnen weniger CO₂ als in Stahlbeton-Ausführung.
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Ansätze zur CO₂-Reduzierung
Größter Schwachpunkt hinsichtlich der Ökobilanz von Mauerwerk sind die Bindemittel: So stammen bspw. rund zwei Drittel der verursachten CO₂-Emissionen im gesamten Kalksandstein-Produktionsprozess aus der Verwendung des Rohstoffs Kalk. Die Produktion ist energie- und damit kohlenstoffdioxidintensiv. Um eine Verringerung des CO₂-Ausstoßes zu erreichen, arbeitet die Mauerwerksindustrie an Alternativen und Lösungen:
- Schrittweiser Umstieg auf eine klimaneutrale Energieversorgung im Produktionsprozess
- Modernisierung, Erneuerung und Weiterentwicklung der Produktionsanlagentechnik
- Forschungs- und Entwicklungsarbeit: Anteil ressourcen- und energieintensiver Rohstoffe, wie z. B. Zement und Kalk, sukzessive reduzieren
- Langfristiges Ziel: komplette Rückbaufähigkeit von Gebäuden, um ganze Bauteile konstruktiv wiederverwenden zu können
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