Umbau in Hittisau

Von der Scheune zur zeitgemäßen Arbeits- und Produktionsstätte

Der Architekt und Lichtdesigner Georg Bechter hat im Bregenzerwald ein landwirtschaftliches Gebäude umgebaut. Entstanden ist eine zeitgemäße Arbeits- und Produktionsstätte mit Lichtpunkten und -trichtern, die auf nachhaltige Materialien und lokale Wertschöpfungsketten setzt.

Gallerie

Aus Wald gemacht

Im Osten des Bregenzerwalds liegt die kleine Gemeinde Hittisau, eingebettet in Wiesen, Wälder und Berge. Die Gegend ist geprägt vom heimischen Werkstoff Holz – in Form von Handwerksbetrieben, Sägewerken, privaten und öffentlichen Gebäuden aus Holz. Vorarlberg ist auch bekannt für den Werkraum Bregenzerwald, einer Plattform für zeitgenössisches Handwerk, in der auch Georg Bechter sowie einige der am Projekt beteiligten Handwerksbetriebe Mitglieder sind.

Der Architekt und Lichtdesigner ist hier aufgewachsen und hat das riesige, ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude umgebaut. Auf 1.100 Quadratmetern Fläche gibt es nun keine Kühe im Stall mehr, sondern sind Arbeitsplätze und Werkstätten seines Architekturbüros und seiner Leuchtenfirma untergebracht. Die Idee: das Vorhandene weiter zu nutzen und dabei eine offene und einladende Atmosphäre für 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen. Die lokale Wertschöpfungskette im Blick, setzte Bechter bei diesem Projekt auf natürliche Materialien und beauftragte heimische Handwerker. Die Verwendung von gestampfter und geschliffener Erde für den Boden, Lehm aus der eigenen Baugrube für den Putz der Wände sowie Heu, Stroh und Schafwolle für die Dämmung sind nur einige Beispiele für diesen nachhaltigen Gestaltungsansatz.

Einst ein Stall

Ställe und Scheunen prägen die Kulturlandschaft des Bregenzerwalds. Heute oftmals leerstehend und ungenutzt, stellen sie schon aufgrund ihrer Größe eine architektonische Herausforderung dar. „Die an diesem Ort seit Jahrzehnten gelebte Naturverbundenheit spiegelt sich im Umbau in der Wahl der Materialien sowie in der Entwicklung der Räume und Nachnutzung wider“, sagt Bechter. Das ehemalige Wirtschaftsgebäude liegt am Rand eines Baumischgebiets und sollte einen Mehrwert schaffen, was bereits an der Fassadengestaltung sichtbar wird: Eine diagonal verschalte Holzlattung aus heimischer Bergfichte erzeugt eine wabenhafte, dreidimensionale und sehr dekorative Struktur. Dazu gesellt sich ein luftiger und im Dunkeln schon von Weiten leuchtender Wintergarten auf der Südseite des Baukörpers, der sich zur Landschaft hin öffnet. Ursprünglich befand sich hier ein Vordach, unter dem die Maschinen des elterlichen Bauernhofs abgestellt wurden.

Wohl temperiert

Um den Bezug zum Dorf und zur Westsonne herzustellen, wurde ein Lufttrichter in den Baukörper integriert, der sich als Terrasse in das bestehende Volumen einschneidet. Der unter die Vordachkonstruktion integrierte Wintergarten öffnet sich in die unverbaute Landschaft und wirkt neben seiner Funktion als Kommunikationszone auch als natürlicher Wärmepuffer. Von Herbst bis Frühjahr kann die entstehende Wärme direkt in die Arbeitsräume geleitet werden. Im Sommer wird die Wärmeenergie abgeleitet und verhindert ein Überhitzen der dahinterliegenden Büroräumlichkeiten. Der Energiekennwert des Hauses beträgt 28 kWh/m² im Jahr. Mit der dadurch entstehenden Abschattung ist übrigens eine Belichtung von Süden mit Durchlicht zu den großen Nordfenstern auch für Bildschirmarbeitsplätze bestens möglich, ohne dass der Bezug zum Außenraum verloren geht.
Eine weitere Besonderheit ist die innovative Heizung des Gebäudes, wofür die alte Jauchegrube zum Eisspeicher umfunktioniert wurde. Das gefrorene Wasser gibt Energie ab, die mithilfe einer Wärmepumpe in Heizwärme umgewandelt wird.

Offene Raumstruktur

Die Büroräume des Architektur- und Lichtplanungsbüros von Georg Bechter sind auf zwei Etagen untergebracht, wobei eine Galerie die großzügige Raumwirkung der ehemaligen Scheune beibehält und Sichtbeziehungen zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen herstellt. Dass das Interior so licht und freundlich wirkt, hat neben der offenen Raumstruktur vor allem mit der Verwendung von natürlichen Materialien wie Holz und Lehm zu tun, aber auch mit den eingesetzten warmen Farben. Die Gipsmanufaktur, in der die Lichtlösungen des Unternehmens in Form gegossen werden, führt diese zurückhaltende, sehr geerdete Gestaltungssprache fort.

Lichtplanung: Lichttrichter und Lichtpunkte

Weil die Belichtungstiefe 17 Meter beträgt und Georg Bechter auch als Lichtplaner arbeitet, überrascht es nicht, dass das Gebäude mit einer spektakulären Lichtinstallation in Form eines Lichttrichters aufwartet. Dieser inszeniert den Himmel, wandelt sich je nach Tageszeit und lässt viel Tageslicht ins Innere. Außerdem wurden flächenbündig in die Decke integrierte Lichtpunkte verwendet, die in ihrer Reduziertheit kaum wahrnehmbar sind. Dazu kombiniert Bechter Gipseinbaumodule, die ebenfalls aus seinem Studio stammen. -csh

Bautafel

Architektur: Georg Bechter Architektur + Design, Hittisau
Projektbeteiligte: dr’Holzbauer, Andelsbuch (Holzbau); zte Leitner, Schröcken (Tragwerksplanung); Günter Meusburger, Schwarzenberg (Bauphysik); TB Ritter, Andelsbuch (Heizung); Tischlerei Martin Bereuter, Lingenau, und Holzwerkstatt Markus Faißt, Hittisau (Möbel); Ilona Amann, Reifenthal/Pettendorf (Farbkonzept); Georg Bechter Licht, HIttisau (Lichtplanung sowie System DOT 28 und Gipseinbaumodule)
Bauherr: Georg Bechter, Hittisau
Fertigstellung: 2020
Standort: Dorf 135a, 6952 Hittisau, Österreich
Bildnachweis: Adolf Bereuter, Dornbirn

Fachwissen zum Thema

Downlights strahlen das Licht gezielt nach unten

Downlights strahlen das Licht gezielt nach unten

Leuchten

Downlights

Mit Reflektoren und Abschirmungen ausgestattet, geben die Leuchten gezielt nach unten gerichtetes Licht ab.

Tageslicht als Lebenselixier

Tageslicht als Lebenselixier

Tageslicht

Grundlagen der Tageslichtnutzung

Warum natürliches Sonnenlicht nutzen? Deckt Tageslicht den Lichtbedarf in Räumen ab? Eine Einführung.

Anhebung der Beleuchtungsstärke in Raumtiefe

Anhebung der Beleuchtungsstärke in Raumtiefe

Tageslichtsysteme

Tageslichtlenkung

Unter dem Begriff Tageslichtlenkung werden Techniken zusammengefasst, die Tageslicht gezielt in den tieferen Innenraum lenken....

Wintergärten, Glashäuser bzw. mit Glas umhüllte Volumina werden grundsätzlich in Warm- und Kalthäuser unterschieden, haben jedoch auch zahlreiche Mischformen. Diese Glashaus-Typen können vielfältige Formen annehmen (im Bild: Wohnwintergarten).

Wintergärten, Glashäuser bzw. mit Glas umhüllte Volumina werden grundsätzlich in Warm- und Kalthäuser unterschieden, haben jedoch auch zahlreiche Mischformen. Diese Glashaus-Typen können vielfältige Formen annehmen (im Bild: Wohnwintergarten).

Wintergärten

Typologie der Wintergärten

Wintergärten, Glashäuser bzw. mit Glas umhüllte Volumina werden grundsätzlich in Warm- und Kalthäuser unterschieden. Ein Überblick: physikalische Definitionen, Arten und Nutzungen.

Bauwerke zum Thema

Das Ferienhaus liegt auf dem Höhenzug Rotenberg, stammt aus den 1960er Jahren und wurde kürzlich durch Georg Bechter saniert und vergrößert

Das Ferienhaus liegt auf dem Höhenzug Rotenberg, stammt aus den 1960er Jahren und wurde kürzlich durch Georg Bechter saniert und vergrößert

Wohnen

Ferienhaus Rotenberg im Bregenzerwald

Die Region Vorarlberg ist für ihre Holzbauten und für die Synthese von Architektur und Handwerk bekannt. Auf dem Höhenzug...

Altes Bauernhaus (dunkle Holzverkleidung) und das neue Loft in der Scheune (helle Holzschindeln) sind unter einem Satteldach vereint (Südwestansicht)

Altes Bauernhaus (dunkle Holzverkleidung) und das neue Loft in der Scheune (helle Holzschindeln) sind unter einem Satteldach vereint (Südwestansicht)

Wohnen

Loft in der Scheune in Hittisau

Der Bregenzerwald ist nicht nur für seine baumreiche Berglandschaft, sondern auch für seine Holzbauten und die feinsinnige...

Zum Seitenanfang

In Galvà bei Barcelona hat der spanische Leuchtenhersteller Vibia ein neues Headquarter samt Produktion, Lager und Showroom bezogen.

In Galvà bei Barcelona hat der spanische Leuchtenhersteller Vibia ein neues Headquarter samt Produktion, Lager und Showroom bezogen.

Büro/​Verwaltung

Firmenzentrale in Gavà

Räume im Raum als Bühne

Das Architekturbüro BAU4 hat das neue Headquarter eines Halbleiterherstellers in Karlsruhe entworfen.

Das Architekturbüro BAU4 hat das neue Headquarter eines Halbleiterherstellers in Karlsruhe entworfen.

Büro/​Verwaltung

Bürogebäude in Karlsruhe

Ganzheitliches Lichtkonzept für einen Floating Space

Der Architekt und Lichtdesigner Georg Bechter hat in Hittisau im Bregenzerwald die ehemalige Scheune seines Vaters in eine Arbeits- und Produktionsstätte umgebaut.

Der Architekt und Lichtdesigner Georg Bechter hat in Hittisau im Bregenzerwald die ehemalige Scheune seines Vaters in eine Arbeits- und Produktionsstätte umgebaut.

Büro/​Verwaltung

Umbau in Hittisau

Von der Scheune zur zeitgemäßen Arbeits- und Produktionsstätte

Die von Burckhardt entworfene Schindler City Center bei Nacht. Im Sockel befinden sich die Cafeteria und das Personalrestaurant, in den auskragenden Obergeschossen die Ausstellung und der Gästebereich.

Die von Burckhardt entworfene Schindler City Center bei Nacht. Im Sockel befinden sich die Cafeteria und das Personalrestaurant, in den auskragenden Obergeschossen die Ausstellung und der Gästebereich.

Büro/​Verwaltung

Erweiterung eines Unternehmenssitzes in Ebikon

Leuchtendes Schatzkästchen

Um alle Dienste an einen Ort zu bündeln, hat der städtische Versorger 2020 in direkter Nähe zur Zentrale ein neues Bürogebäude für 140 Beschäftigte errichtet.

Um alle Dienste an einen Ort zu bündeln, hat der städtische Versorger 2020 in direkter Nähe zur Zentrale ein neues Bürogebäude für 140 Beschäftigte errichtet.

Büro/​Verwaltung

Verwaltungssitz der Stadtwerke in Neuss

Konzept mit direkter und indirekter Beleuchtung

Ply Atelier hat in Düsseldorf für ein Consulting-Unternehmen ein Open Office gestaltet, das licht und luftig wirkt.

Ply Atelier hat in Düsseldorf für ein Consulting-Unternehmen ein Open Office gestaltet, das licht und luftig wirkt.

Büro/​Verwaltung

Büro in Düsseldorf

Flexibles Lichtkonzept im Industrial Look

Zwischen viel Grün erheben sich zwei weiße, über einen gemeinsamen Sockel verbundene organische Baukörper: das neue Headquarter von Bosch Automotive Steering bei Schwäbisch Gmünd. Der Entwurf für den Neubau stammt von Wulf Architekten.

Zwischen viel Grün erheben sich zwei weiße, über einen gemeinsamen Sockel verbundene organische Baukörper: das neue Headquarter von Bosch Automotive Steering bei Schwäbisch Gmünd. Der Entwurf für den Neubau stammt von Wulf Architekten.

Büro/​Verwaltung

Firmensitz in Schwäbisch Gmünd

Wechselnde Nutzungen, individualisierte Leuchten

Das in Prag ansässige Architekturbüro ov-a hat für den tschechischen Glasleuchtenhersteller Lasvit das neue Headquarter entworfen.

Das in Prag ansässige Architekturbüro ov-a hat für den tschechischen Glasleuchtenhersteller Lasvit das neue Headquarter entworfen.

Büro/​Verwaltung

Firmenhauptsitz in Nový Bor

Leuchtendes Glashaus

Der Neubau The Landscape in der chinesischen Millionenstadt Chongqing dient als Verkaufsfläche des Immobilienentwicklers CIFI.

Der Neubau The Landscape in der chinesischen Millionenstadt Chongqing dient als Verkaufsfläche des Immobilienentwicklers CIFI.

Büro/​Verwaltung

Firmensitz in Chongqing

Verkaufsbüro im Schwarz-Weiß-Look

Spielerisch, offen und lichtdurchflutet sind die umgestalteten Büroräume von Ströer in Berlin-Mitte, die Designfunktion umgebaut hat.

Spielerisch, offen und lichtdurchflutet sind die umgestalteten Büroräume von Ströer in Berlin-Mitte, die Designfunktion umgebaut hat.

Büro/​Verwaltung

Büroumbau in Berlin

Spielerisch, offen, lichtdurchflutet

BEHF Architects haben in Wien ein denkmalgeschütztes Telegrafenamt aus dem 19. Jahrhundert in ein kontemporäres Bürogebäude umgebaut.

BEHF Architects haben in Wien ein denkmalgeschütztes Telegrafenamt aus dem 19. Jahrhundert in ein kontemporäres Bürogebäude umgebaut.

Büro/​Verwaltung

Umbau Telegrafenamt in Wien

Kontemporäres Beleuchtungskonzept für historisches Gebäude

Der Hauptsitz des ORF am Küniglberg in Wien wurde 1968-1976 nach Plänen des Architekten Roland Rainer erbaut; seit 2014 wird es umgebaut

Der Hauptsitz des ORF am Küniglberg in Wien wurde 1968-1976 nach Plänen des Architekten Roland Rainer erbaut; seit 2014 wird es umgebaut

Büro/​Verwaltung

Konferenz- und Medienraum im ORF-Zentrum in Wien

Anspruchsvolle Licht- und Tontechnik in Science-Fiction-Look

Das 110 Meter hohe AND Hochhaus steht direkt an einer Schnellstraße im Istanbuler Stadtteil Kozyatagi (Südansicht)

Das 110 Meter hohe AND Hochhaus steht direkt an einer Schnellstraße im Istanbuler Stadtteil Kozyatagi (Südansicht)

Büro/​Verwaltung

Bürohochhaus in Istanbul

Ausgezeichnet mit dem LEED-Zertifikat in Platin

Büro/​Verwaltung

Bürogebäude Capricorn in Düsseldorf

Gezielte Tageslichtversorgung

Das Gebäude Köln Triangle nach Plänen von Dörte Gatermann und Elmar Schossig besteht aus einem Turm sowie aus einem 7-geschossigen Sockelgebäude

Das Gebäude Köln Triangle nach Plänen von Dörte Gatermann und Elmar Schossig besteht aus einem Turm sowie aus einem 7-geschossigen Sockelgebäude

Büro/​Verwaltung

Bürogebäude Köln Triangle

Zwei Baukörper - zwei Tageslichtkonzepte