Eine Tapetentür ist im ursprünglichen wie im wortwörtlichen Sinn
eine mit Tapeten oder textiler Wandbespannung verkleidete Tür. Die
Ursprünge dieser Papier- und Seidenverkleidungen von Wänden,
Paneelen und Schiebeelementen finden sich in China und kamen um das
16. Jahrhundert nach Europa. Bei einer Tapetentür ist das Türblatt
einschließlich der Zarge flächenbündig in die Wand eingefügt, die
Fuge zur Wand ist minimiert und die Tür ist mit demselben Farb-,
Material- oder die Oberfläche imitierenden Muster respektive
Wandgliederung bedeckt, wie die umgebende Wand. Auch die Beschläge
sind überwiegend verdeckt, besonders klein oder
Sonderkonstruktionen mit Hebeln, Gegengewichten oder ähnlichen
Mechanismen.
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Diskretion und Privatsphäre
Besonders in Schlössern, Palästen, Herrenhäusern und Villen
stehen Tapetentüren in großem Kontrast zu den repräsentativen
Eingangsportalen oder Türen in Galerien und Enfiladen mit oft
luxuriöser Verzierung. Die Aufgabe von Tapetentüren liegt darin,
unauffällig zu sein, Diskretion und – soweit in höfischen
Zeremoniellen möglich – Privatsphäre zu ermöglichen.
So gibt es im Schloss Schwetzingen im Schlafgemach der
Kurfürstin Elisabeth Auguste eine Tapetentür, die halb in der
Vertäfelung und halb in der grünlichen Seidenbespannung verborgen
ist. Sie führt zu einem Kabinett, das die Kurfürstin als privaten
Rückzugsbereich nutzte. Hier befindet sich neben einem zierlichen
persönlichen Schreibtisch ein Ruhesofa, heute eher als Daybed
bezeichnet, das sich für ein Nickerchen mit hochgelegten Füssen
eignet. Dies ist umso bemerkenswerter, als im Barock die
Schlafzimmer von Fürsten und Königen als Audienzräume und damit
Teil des formellen Hofzeremoniells dienten.
Retirade und Leibstuhl
Eine weitere Aufgabe von Tapetentüren war das unauffällige
Kaschieren der Retirade. Mit diesem französischen Ausdruck
wurde der Rückzug für den Gang auf die Toilette umschrieben, im
Sinne von Zugang zu kleinen Kammern à la geheimes Gemach
oder stilles Örtchen für sogenannte Leibstühle, Nachttöpfe
und Waschschüsseln. Angrenzend an diese Kammer gab es eine weitere
diskrete Tür für die Diener, die den adligen Bioabfall entfernten
und anschließend in Jauchegruben kippten. Im Badhaus, einem
Lustschlösschen, das zwischen 1768 und 1772 im Schlossgarten zu
Schwetzingen gebaut wurde, ist das Ensemble aus Tapetentür,
Retirade und Leibstuhl des Kurfürsten Carl Theodor erhalten und
lässt sich besichtigen.
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Geheimtür
Tapetentüren hatten damit immer die Aura von Versteck,
Intimität, Geheimnis, also als Zugang zu Orten, die nicht für alle
offensichtlich erkennbar sein sollen und erst recht nicht allen
offenstehen. So gibt es unzählige Geschichten, in denen Mätressen,
Liebhaber, Spione durch Tapetentüren in verborgene Räume und
Geheimgänge gelangen. Beschreibungen derartiger Geheimtüren gibt es
in Märchen wie dem legendären Sesam öffne Dich bei Ali
Baba und den vierzig Räubern. Geheimtüren spielen auch eine
dramaturgisch wichtige Rolle beispielsweise bei den Türen von
Durin beim Herrn der Ringe, bei gleich mehreren
Tempeleingängen oder vielmehr Ausgängen bei Indiana Jones,
beim Zugang zum Raum der Wünsche bei Harry Potter und
der Addams Family bei Wednesday Addams Entdeckung des
Treffpunkts der Secret Society in einer Bibliothek.
Besonders in Bibliotheken versteckte Tapetentüren scheinen ein
beliebtes Sujet zu sein. Vergleichbare Türen mit drehbaren Regalen,
die auch heute auf dem Markt angeboten werden, sind dabei
Kombinationen aus Pivot- und Karusselltüren.
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Unsichtbare Türen
Im ursprünglich wie historisch wortwörtlichen Sinn sind
Tapetentüren in der zeitgenössischen Architektur eine gute Methode,
um visuell unerwünschte aber funktional notwendige Türen nahezu
unsichtbar zu machen. So können Fluchttüren, Türen zu Müllräumen
oder auch Revisionsöffnungen in der Fassade versteckt werden, indem
analog zu Tapetentüren die Oberflächen angeglichen werden.
Die Kunst des Versteckens liegt dabei in den Details,
insbesondere in der sorgfältigen Konstruktion von Fugen und
Anschlüssen der Oberflächen, der Minimierung der Zargen sowie der
Auswahl und Funktionsfähigkeit der ja kaum sichtbaren Beschläge.
Aber auch die Komplizenschaft der Nutzer ist unabdingbar.
Tapetentüren sind deshalb geschlossen zu halten. Geheimnisse
bleiben nur geheim, solange sie gewahrt werden. -sj
Fachwissen zum Thema
Konstruktion/Funktion
Karusselltüren
Die Drehtüren mit zwei, drei oder vier Türblättern wirken thermisch wie ein Windfang, denn sie verhindern das Eindringen von Witterung.
Türarten
Pivot-Tür
Eine besondere Form von Drehtüren sind Pivot-Türen. Übergroße Türblätter mit versenktem Beschlagssystem drehen um einen feststehenden Punkt.
Sind als automatische bzw. sensorgesteuerte Türen Bestandteile eines mechanisch-elektronischen Systems der technischen Gebäudeausstattung.
Außen- und Innentüren
Im herkömmlichen Sinn werden unter Außentüren Bauteile in einer Fassade verstanden, und Innentüren befinden sich im Inneren eines...
Automatiktüren
Der Bezeichnungszusatz „Automatik“ bezieht sich weniger auf die Tür als auf die Ausstattung mit speziellen Beschlägen, nämlich...
Baustellentür
Provisorisch, aber elementar sind Baustellentüren als mietbare Baustellenausrüstung, Schutz und vorübergehender Ersatz für Bestandstüren.
Drehkreuztür
Drehkreuztüren dienen als Zutrittskontrollen und Schleusen. Im Grundriss bilden sie ein Kreuz, wobei der Kreuzungspunkt als...
Enfilade und Suite
Raumflucht, Sichtachsen, Addition
Feuer- und Rauchschutztüren
Rauchschutztüren verhindern im Falle eines Brandes in einem Gebäude die Ausbreitung von Rauch, damit Räume 10 Minuten lang ohne...
Gartentür
Einfriedungen und Zugänge sind Teil des Gartens, dienen der Markierung und Sicherung von Grundstücksgrenzen und können die verschiedensten Formen haben.
Giebelluke
Hexentür, Ladeluke und cargo door für das Hereinbringen sperriger Güter über die Fassade in obere Geschosse oder Flugzeuge.
Gittertüren
Kombination aus Funktion, Repräsentation, Symbolen und schmiedeeisernem Schmuck
Klönschnacktür
Diese horizontal zweigeteilte Tür kann zur Hälfte geschlossen und zur Hälfte geöffnet sein und lädt zum Klönen und Schnacken (= Plaudern) ein.
Mondtor
Woher kommt die kreisrunde Öffnung, was bedeutet sie und wo wird sie eingesetzt? Ein kompakter Überblick über die Geschichte, Form und Anordnung.
Pivot-Tür
Eine besondere Form von Drehtüren sind Pivot-Türen. Übergroße Türblätter mit versenktem Beschlagssystem drehen um einen feststehenden Punkt.
Portal, Pforte, Portikus
Eingänge als Gesicht des Hauses
Scherengittertür
Vor allem in Eingängen und Schaufenstern des Ladenbaus im 19. Jahrhunderts sehr beliebt. Sie sind platzsparend, bieten Schutz und Sicherheit, erlauben aber gleichzeitig Einblicke.
Schlupftür
Die Türen in Toren oder Portalen sind von praktischem Nutzen und dienen auch der Sicherheit im Notfall.
Stadttore
Eingänge als architektonische und symbolische Inszenierung