Bistro in der Sattelkammer vom Schloss Heidelberg
Raumhohe Akustikwand aus Kirschholz
Auch als Ruine gilt die frühere Residenz der pfälzischen Kurfürsten als wichtiges historisches Bauwerk und attraktives Ausflugsziel. Von Mauern und Gräben umgeben, liegt das Heidelberger Schloss erhöht über der Altstadt und dem Neckar. Der Zugang zum Schlosshof mit seinen im Zerfall bewahrten Türmen und Renaissancepalästen sowie zum Terrassengarten befindet sich südlich auf der Hangseite. Den Eingangsweg flankiert ein Ensemble aus Besucherzentrum, Sattelkammer und Gärtnerhaus. Die Neu- und Umgestaltung dieser Gebäude liegt in der Hand vom Büro Max Dudler. Die Architekten haben nach dem Neubau des Besucherzentrums (siehe Surftipps) nun mit dem denkmalgerechten Umbau der Sattelkammer zu einem Bistro einen weiteren Baustein fertiggestellt. Ein kleiner Platz mit Stufen zwischen den beiden Gebäuden verbindet Neu- und Bestandsbau funktional miteinander.
Gallerie
Einst Stallung und Lagerstätte für Sättel, wird in dem
eingeschossigen Bau mit seinen zwei Meter dicken Mauern aus rotem
Sandstein und drei großen Rundbogenfenstern heute für das leibliche
Wohl der Schlossbesucher gesorgt. Friedrich V. ließ im 17.
Jahrhundert nicht nur den berühmten Garten Hortus Palatinus
anlegen, sondern veranlasste auch den Bau der Sattelkammer als Teil
des Befestigungswerkes und des Stützsystems der Gartenmauern. Die
südliche Gebäuderückseite ist in die Mauer integriert, die
Öffnungen sind zum Schlosshof Richtung Norden ausgerichtet und
liegen in einer Achse mit dem Torhaus, durch das der Hof betreten
wird. Nach wechselvoller Geschichte, zwischenzeitlichem Verfall und
einer Instandsetzung im 20. Jahrhundert, ließ Dudler sämtliche
neuzeitliche Einbauten entfernen und die drei Rundbögen großflächig
verglasen, um den 9,00 Meter hohen Innenraum mit 190 Quadratmeter
Nutzfläche in Gänze erlebbar zu machen. Ein neues, nur leicht
geneigtes Dach aus Zink nimmt die Dreiteilung des Gebäudes auf. Die
östlichste der drei Fensteröffnungen dient in der warmen Jahreszeit
zum Straßenverkauf. Davor ist ein Außenbereich mit 40 Plätzen
gestaltet worden.
Akustik
40 Sitzplätze sowie eine u-förmige Theke sind
auch im Innenraum eingerichtet. Östlich an den Gastraum schließt
ein turmartiger Seitenraum an; hier sind Küche, Lager und Technik
untergebracht. Bemerkenswert an dem alten Gebäude mit dem dicken
Gemäuer ist die ausgebildete Raumgröße mit einem Volumen von 27,00
Meter Länge, 12,00 Breite und 9,00 Meter Höhe. Die Innenwände sind
unverkleidet und lassen den roten Sandstein sichtbar. Dieser ist
ebenso wie der neue Bodenbelag aus Terrazzo ein schallhartes
Material, das Lärm reflektiert. Die räumliche Beschaffenheit
erforderte also akustische Maßnahmen zur Reduzierung des Nachhalls
und für die gute Sprachverständlichkeit in dem Bistro.
Das mittlere Drittel der Rückwand ist über die gesamte Raumhöhe mit
feinen senkrechten Holzlamellen verkleidet, denn Holz ist als
poröser Stoff ein Schallabsorber. Gewählt wurde feinporiges
Kernholz der Amerikanischen Kirsche, das einen warmen Farbton hat
und rötlich dunkelt. Durch den geraden Faserverlauf, nur wenige
Astlöcher und matten Glanz wirkt die auch Black Cherry genannte
Holzsorte sehr edel. Unauffällig in diese Wand eingelassen ist eine
Tür. Diese führt in eine dahinterliegende Nische, in der die
Toiletten und Lüftungsanlage untergebracht sind.
Von der schwarzen Akustikdecke hängen, in drei Gruppen à fünf
gebündelt, zylindrische Glasleuchten an unterschiedlich langen
Kabeln herab und erhellen die Essplätze. Der Raum ist lose mit
einer Einrichtung aus Kirschholz möbliert. Die mit Linoleum
bezogenen Tische und Stühle mit Lederpolster wurden übrigens auch
vom Büro Max Dudler entworfen. -jb
Bautafel
Architekten: Max Dudler, Berlin/Zürich
Projektleitung: Simone Boldrin; Mitarbeiter: Patrick Gründel, Katharina Laekamp, Kilian Teckemeier
Projektbeteiligte: ITA Ingenieurgesellschaft für technische Akustik und Beratende Ingenieure VBI, Wiesbaden (Bauphysik, Akustik); Lignotrend, Weilheim-Bannholz (Akustikwand aus Kirschholz); Plan-Art, Kaiserslautern (Bauleitung); Schenck Beratender Ingenieur, Neustadt/Weinstraße (Tragwerksplanung/Brandschutz); IfG Ingenieurgesellschaft für Gebäudetechnik, Frankenthal (TGA); Armin Gehrig, Haßmersheim-Hochhausen (Elektroplanung); TDB Thomanek Duquesnoy Boemans, Berlin (Landschaftsplanung)
Bauherr: Vermögen und Bau Baden-Württemberg / Amt Mannheim und Heidelberg
Fertigstellung: 2017
Standort: Schlosshof 1, Heidelberg
Bildnachweis: Stefan Müller, Berlin