UNO-Konferenzsaal in Genf
Hauchdünner Holz-Gewebe-Verbund an Decke und Wänden
Im Genfer Ariana-Park liegt, mit Blick auf die französischen
Alpen und den Genfersee, der europäische Hauptsitz der Vereinten
Nationen (United Nations Organization, kurz UNO). Jedes Jahr werden
etwa 9.000 Sitzungen in den 32 Konferenzsälen des
Völkerbundpalastes (Palais des Nations) abgehalten, der 1929
errichtet wurde. Der größte und technisch modernste von ihnen ist
der kreisrunde Plenarsaal XIX. Das Mailänder Architekturbüro
Peia Associati wurde damit beauftragt, diesem ein repräsentatives
Gesicht zu verleihen und dabei insbesondere die Anforderungen an
die Raumakustik zu berücksichtigen.
Gallerie
Mit 800 Plätzen und 4.000 Quadratmetern Grundfläche weist der Konferenzsaal die nötigen Kapazitäten für Vollversammlungen auf. Die Umgestaltung erfolgte 2018 bis 2019 im Auftrag und auf Kosten des UN-Mitgliedsstaats Katar und lässt subtile Bezüge zu dessen Kultur und Landschaft erkennen. Decke und Teile der Wände wurden mit einer dünnen Schicht Okoumé-Holz, einem afrikanischen Tropenholz, ausgekleidet.
Die abgehängte Deckenkonstruktion ist in dreieckige Teilflächen gegliedert, die unregelmäßig abknicken, sodass sich der Eindruck einer abstrahierten Wellenform ergibt, die an Sanddünen erinnern soll. Bei einer Fläche von 1.000 Quadratmetern nimmt sich ihr Gewicht von fünf Tonnen vergleichsweise leicht aus. Die Montage an die bestehende Kuppelkonstruktion erfolgte mit Stahlseilen und benötigte keine zusätzlichen Verstärkungen. Technisch ist der Sitzungssaal hochmodern ausgestattet. Elemente der Raumlufttechnik, Kameras und Projektoren sowie Sensoren und das Beleuchtungskonzept wurden sorgfältig in die Verkleidung integriert.
Auch die Wände erhielten ein neues Gewand. Der obere Teil ist ebenfalls in Holz gestaltet, hier in Form gefalteter rechteckiger Streifen. Am unteren Wandbereich wurden hellgraue Paneele angebracht, welche kalligrafisch anmutende Ornamente zieren.
Akustik: Halbstarre Membranen erzeugen diffusen Schall
In großen Versammlungsräumen sind eine gute Sprachverständlichkeit und eine freie Sicht auf die Vortragenden besonders wichtig. Beachtet werden muss unter anderem die Verteilung der schallreflektierenden- und absorbierenden Flächen an Wänden und Decken. Ansteigende Sitzreihen und die runde Raumgeometrie tragen im Genfer Plenarsaal dazu bei, dass der Direktschall die Anwesenden möglichst gut erreicht.
Außerdem erzeugen die Holzelemente an der Decke nicht nur einen eindrucksvollen dreidimensionalen Effekt, sondern sind auch akustisch wirksam. Das System wurde mit einer parametrischen Software geplant. Dabei handelt es sich um einen nur wenige Millimeter starken Holz-Gewebe-Verbund, der sich wie eine halbstarre Membran verhält.
An den geschlossenen, komplex geformten Holzflächen wird der
Schall im für Sprache wichtigen mittleren und hohen Frequenzbereich
diffus reflektiert. Eine deutliche Sprachverständlichkeit wird für
die Zuhörerinnen und Zuhörer dadurch gewährleistet, dass sie von
frühen Reflexionen erreicht werden. Der membranartige Gewebeteil
des Materialverbunds absorbiert vor allem tiefe Frequenzen.
Unangenehmen Störgeräuschen und zu langen Nachhallzeiten in dem
großen Raumvolumen wird auf diese Weise entgegengewirkt.
-ik
Bautafel
Architektur: Peia Associati, Mailand
Projektbeteiligte: Wood-Skin, Mailand (Decken- und Wandverkleidung)
Bauherrschaft: Staat Katar für die Vereinten Nationen
Standort: Palais des Nations, Genf, Schweiz
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Delfino Sisto Legnani, Mailand