Wohnprototyp MIMO in Düsseldorf
Gute Akustik mit Lehm, Kork und Textil
MIMO steht für Minimal Impact, Maximum Output – diesem Motto folgend hat ein interdisziplinäres Team der Hochschule Düsseldorf die Aufstockung des Cafés Ada am Nordrand der Wuppertaler Innenstadt geplant. Für den Wettbewerb Solar Decathlon Europe 21/22, der im Juni 2022 erstmals in Deutschland stattfand, realisierten 18 Professor*innen, 12 wissenschaftliche Mitarbeitende und 67 Studierende innerhalb von zwei Wochen einen Prototypen im Maßstab 1:1. Die Wahl der Materialien fiel auf natürliche, umweltverträgliche und wiederverwendbare Baustoffe. Diese punkten nicht nur hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit, sondern wirken sich auch positiv auf die Raumakustik aus.
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Intelligente Hülle
Die Vorgaben für das Bauwerk waren klar definiert: Es musste auf einem Grundstück von 18 x 18 Metern errichtet werden und durfte eine Grundfläche von 10 x 10 Metern und eine Höhe von sieben Metern nicht überschreiten. Das Düsseldorfer Team realisierte unweit des umzugestaltenden Bestands die sogenannte House Demonstration Unit (HDU), deren äußere Erscheinung von einem großformatigen Raster geprägt ist. Es handelt sich bei der äußeren Gebäudehülle um eine Pfosten-Riegel-Fassade aus Aluminium. Die Räume zwischen den sichtbaren Stützen sind auf unterschiedliche Weise ausgefüllt: Aluminiumflächen, Fenster, gläserne Brüstungen und horizontale Lamellen bestimmen das Bild. Je nach Jahreszeit können die mit Photovoltaikzellen versehenen Lamellen geöffnet oder geschlossen werden. Die Zellen erzeugen nicht nur Energie, sondern sorgen auch für Verschattung.
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Haus-im-Haus-Prinzip
Die Konstruktion wurde in Holzbauweise ausgeführt und besteht aus zwei riegelförmigen Wohnmodulen, einem TGA-Modul und einer raumbildenden Gebäudehülle. Die beiden Wohnmodule wurden orthogonal zueinander angeordnet und übereinander gestapelt. Jede verfügt über eine Küche, ein Bad und einen flexibel nutzbaren Wohnraum. Nach dem Haus-im-Haus-Prinzip wurden sie innerhalb der Klimahülle angeordnet. Der doppelgeschossige Raum zwischen den Modulen kann als multifunktionaler Gemeinschaftsraum genutzt werden. Große Fenster und Oberlichter sorgen für viel Tageslichteinfall. Eine gerade Brüstungswangentreppe aus Holz verbindet die beiden Ebenen miteinander.
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Natürliche, trennbare Materialien
Auf Leim, Kleber und Silikone wurde gänzlich verzichtet. Stattdessen setzte das Team auf umweltverträgliche Materialien. Die Module bestehen größtenteils aus vorgefertigten Vollholz-Wand- und Deckenelementen, die mit dunklen, unbehandelten Korkplatten verkleidet wurden. Die geschossübergreifende Nordwand besteht aus unverputzten Lehmziegeln, die das hölzerne Tragwerk ausfachen. Auch die beiden Bäder sind innen wie außen vollflächig mit Lehm verputzt, um die Fähigkeiten zur Wärmespeicherung und Feuchteregulierung des Baustoffs zu nutzen. Neben neuen Werkstoffen wurden auch wiederverwendete Materialien verbaut. Beispielsweise ist die aus Mineralwolle bestehende Fassadendämmung recycelt. Die Einbaumöbel in der Gemeinschaftsküche bestehen aus einer robusten, monolithischen Recyclingpapier-Harz-Verbindung. Sämtliche Materialien, die in dem Prototypen verbaut wurden, können beim Rückbau sortenrein getrennt werden.
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Akustik: Textilien für Sicht-, Schall- und Sonnenschutz
Große Fensterflächen lassen zum einen viel Tageslicht in die Wohnräume einfallen, zum anderen geben sie aber auch den Blick ins Gebäudeinnere frei. Für mehr Privatsphäre sorgen helle, halbtransparente Vorhangstoffe, die teilweise über zwei Geschosse reichen. Zudem tragen die Textilien mit einem Schallabsorptionsgrad αw 0,60 zu einer Verbesserung der Raumakustik bei. Ein weiterer Vorhangstoff – diesmal doppelt gewebt und mit einem Absorptionsgrad αw 0,75 – schirmt den Küchenbereich räumlich und akustisch vom Gemeinschaftsraum ab. Durch die räumliche Trennung mit Akustikstoffen und durch unterschiedliche Heizkreise kann der Küchenbereich in den Wintermonaten als Wärmeinsel mit einem höheren Temperaturniveau einzeln genutzt werden. Ein Verdunkelungsstoff mit einem Schallabsorptionswert von αw 0,85 kommt in den Schlafzimmern zum Einsatz. Die verbauten Textilien erfüllen gleich mehrere Funktionen: Sie sorgen für Wärmedämmung, Sicht- und Blendschutz, akustische Privatsphäre und Raumtrennung.
Neben den textilen Schallabsorbern tragen auch andere Materialien zur Verbesserung der Akustik bei. Zum einen sind die Korkplatten, mit denen die Wohnmodule verkleidet sind, akustisch wirksam, zum anderen wirken die rauen Lehmziegel durch ihre Oberfläche und ihre spezielle Anordnung schallabsorbierend. -np
Bautafel
Architektur: Team MIMO, Hochschule Düsseldorf, Prof. Dennis Mueller
Projektbeteiligte: Team MIMO, Prof. Dr.-Ing. Eike Musall, Prof. Dipl.-Ing. Christoph Ackermann, Prof. Ing. Peter Andres, Franz Klein-Wiele (Bauphysik, TGA, Tragwerk, (Tages-)Licht, Holzbau, Innenausbau); Zibell Willner & Partner, Köln (Beratung TGA); BPK Fire Saftey Consultants, Düsseldorf (Beratung Brandschutz), Création Baumann, Langenthal (Akustik-Vorhänge)
Fertigstellung: 2022
Standort: Mirker Straße 48, 42105 Wuppertal
Bildnachweis: Marvin Hillebrand, Düsseldorf; Team MIMO, Hochschule Düsseldorf