Entwicklung des Ziegelofens

Von der Feldbrandziegelei, über den Ringofen bis zum heutigen Tunnelofen

Die Herstellung von Ziegelsteinen hat im europäischen Raum eine lange Tradition. Sie reicht bis ins Mittelalter zurück und ist im Wesentlichen bis heute unverändert geblieben. Der Rohstoff Ton wird in Tongruben abgebaut und in die erforderliche Form gebracht; heute in der Regel mit einer Strangpresse, die das Tongemisch mit hohem Druck durch ein Stahl-Mundstück presst. Danach werden die noch weichen, feuchten Ziegel zunächst getrocknet. Früher legte man sie dafür in die Sonne, heute kommen sie in spezielle Trocknungsöfen. Abschließend erfolgt der Brand, der den Rohlingen ihre Festigkeit verleiht. Im Laufe der Jahrhunderte etablierten sich unterschiedliche Brennöfen, die teils parallel existierten oder einander ablösten. Eine kurze Geschichte von der ersten Feldbrandziegelei, über den Ringofen bis zum heutigen Tunnelofen.

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Feldbrandziegelei

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts stellte man Ziegel in sogenannten Selbstbrandöfen her. Diese Herstellungstechnik gilt als vorindustrielle Fertigungsart und Vorreiter für die darauffolgenden Ziegelbrandöfen. Das aus Lehm- oder Tongruben geschöpfte Material wurde je nach Jahreszeit zur Verarbeitung aufbereitet und von Schleifern in vorgefertigte Formen gepresst und glattgestrichen. Anschließend trocknete man die rohen Steine, um sie stapel- und lieferbar zu machen. Nach dem Trocknungsprozess folgte die Vorbereitungsarbeit zum Bau des Ofens. Dieser wurde nämlich aus den luftgetrockneten Rohlingen zusammengebaut. Diese wurden abwechselnd hochkant und waagerecht geschichtet und mit einer Brennstoffschicht – etwa aus Holz, Torf oder Kohle – belegt, um schließlich den Brandprozess zu beginnen. Um den Prozess so ungestört wie möglich durchzuführen, wird die Außenfläche des Konstrukts vor Beginn des Brandes mit Lehm verputzt und mit einem Abstand von drei Metern vor Windböen geschützt.

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Hoffmanscher Ringofen

Mit dem hohen Brennstoffverbrauch machte der Hoffmansche Ringofen im Jahr 1858 Schluss. Der immer größer werdende Bedarf an Ziegeln in der Gründerzeit erforderte eine effizientere Lösung als es die Feldbrandziegelei war. Mit einer saisonalen Produktionsmenge von bis zu zwei Millionen Ziegeln und der starken Reduktion der Brennstoffzufuhr bewies sich der Ringofen als energieeffizient und ökonomisch.

Dem Ringofen liegt das Konzept der zirkulären Wärmeverteilung zugrunde; diese wird durch die natürliche Luftzirkulation und die Kammeranordnung begünstigt. Der Grundriss des Ofens ist in der Regel rund oder oval und besteht je nach Größe aus vierzehn bis zwanzig Kammern. Diese sind jeweils um die 4,8 Meter lang und ordnen sich um den mittig platzierten Schornstein an. Jede Kammer enthält in der Regel 16 Blätter mit jeweils 500 Rohlingen (abhängig von der Steingröße). Darüber befindet sich das Plateau (auch Schüttebene oder Schürebene). Hier wird die Wanderung des Feuers von Kammer zu Kammer mithilfe der in der Kammerdecke ausgesparten Schüttlöcher (auch Schürlöcher) gesteuert. Dazu werden diese in regelmäßigen Abständen geöffnet und mit Braunkohleabrieb befüllt. Dies war zunächst Handarbeit und erforderte viel Erfahrung von den Brennmeistern. Später wurden auch mechanische Schüttapparate eingesetzt.

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Das Feuer durchläuft in einem Zeitraum von 8 bis 14 Tagen einmal den gesamten Ofen. Durch geschickte Steuerung des Luftzugs wandern die heißen Rauchgase des Hauptfeuers (1.100 bis 1.200 Grad Celsius) durch mehrere Kammern (Vorfeuer und Vorwärmung) bis sie durch gezielte Auslässe in den Rauchsammler mit dem Schornstein geführt werden. Dadurch werden die Rohlinge auf bis zu 400 Grad vorgewärmt. Auch die Zuluft für das Feuer strömt nicht direkt in die Hauptfeuerkammer, sondern über die Kammern mit den bereits gebrannten Ziegeln und erwärmt sich dadurch; zugleich kühlt sie die Ziegel. Sind diese auf vierzig Grad Celsius abgekühlt, können sie dem Ofen entzogen werden. Als Vorreiter des Tunnelofens setzte der vom Ingenieur Friedrich Eduard Hoffman konzeptionierte Ringofen einen besonderen Grundbaustein für die heutige Ziegelproduktion. In Glindow bei Potsdam befindet sich der älteste kreisrunde Hoffmannsche Ringofen seit 1868 noch in Betrieb. Und auch im Ziegeleipark Mildenberg kann ein Ringofen besichtigt werden (siehe Tipps).

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Tunnelofen

Mit der Einführung des Tunnelofens (auch Durchlaufofen) im 20. Jahrhundert erreichte die Ziegelbranche einen neuen Meilenstein. Aufbauend auf dem Hoffmanschen Konzept ist auch dieser Ofen in unterschiedliche Brennzonen gegliedert. Während jedoch beim Ringofen das Feuer von Kammer zu Kammer wandert, wird im Tunnelofen das Brenngut selbst kontinuierlich durch den Ofen bewegt. Auf einem Laufband durchfahrend die Ziegel die einzelnen, regulierten Brennzonen in geregelten Zeitabschnitten. So lassen sich qualitative und farbliche Unterschiede in der Brennung vermeiden. Durch die Produktionskontrolle gelingt die nach DIN 105-4 Mauerziegel geforderte Herstellung des Baustoffes. In ihr werden Festigkeit, Rohdichte, Format und Lochung festgelegt. Der Tunnelofen beweist sich als ressourcenschonende und effiziente Brandmethode. 

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Aussicht

Im Rahmen des Nachhaltigkeitsdiskurses wird weiter am Tunnelofenkonzept gearbeitet. Forschungsinstitute wie die Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel im Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie suchen nach Lösungen, um den Ofen thermisch effizienter zu betreiben. Das Ziel ist es, den Gasverbrauch zu reduzieren und dadurch weniger Kohlenstoffdioxid freizusetzen. Ein weiterer Ansatz besteht darin, die Trocknung der Rohlinge zukünftig mithilfe einer Wärmepumpe durchzuführen. Auf diese Weise sollen bis zu zwanzig Prozent Energie eingespart und die Emissionen um rund siebzig Prozent gesenkt werden. Eine mögliche Elektrifizierung des Herstellungsprozesses wird in Forschungsprojekten wie GreenBricks des Ziegelherstellers Wienerberger untersucht.

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