Kulturzentrum La Grande Passerelle in Saint-Malo
Beleuchtungskonzept mit LEDs, Boden- und Fassadenbeleuchtung
Viel Wasser prägt die bretonische Hafenstadt Saint-Malo, die ein wichtiges Industriezentrum in Nordfrankreich und auch viel besuchter Touristenort ist. Das hat die knapp 50.000 Einwohner große Stadt nicht nur dem aquamarinblauen Meer zu verdanken, sondern vor allem ihrem historischen Stadtkern und der Festungsanlage, die zusammen auf einer Halbinsel vor dem Festland liegen und von drei Seiten vom Wasser umgeben sind. In unmittelbarer Nähe wurde 2014 das Kulturzentrum La Grande Passerelle nach Plänen des A.S. Architecture Studio aus Paris fertiggestellt.
Gallerie
Im Zuge der Revitalisierung von Saint-Malo war der Hauptbahnhof ein Stück in Richtung Osten verlagert und inmitten der Stadt eine ca. 14.000 Quadratmeter große Fläche frei geworden, die sich perfekt für einen Kulturbau eignete. Die Stadt reagierte damit auch auf die Nachfrage nach großen Veranstaltungsflächen, denn jedes Jahr finden in Saint-Malo drei national und international bekannte Festivals statt.
Das 6.500 Quadratmeter große Kulturzentrum beherbergt eine
Bibliothek, ein Kino mit drei Sälen, eine Mediathek sowie
zusätzliche Ausstellungs- und Multifunktionsflächen und ist das
Erste, was die Besucher, die mit dem TGV in Saint-Malo ankommen,
sehen. Es bespielt den großen Platz mit lang gestreckten, leicht
geschwungenen, überwiegend verglasten Baukörpern, die an Wellen
denken lassen, und mit einer überdachten Passage miteinander
verbunden sind. Der Zugang erfolgt entweder vom Bahnhofsplatz oder
von der Stadtseite aus. Im größeren nördlichen Gebäudeteil ist die
Bibliothek untergebracht. Ihr hoher Lesesaal inklusive Mediathek
nimmt das gesamte Erdgeschoss in Anspruch und ist zur Passage und
nach Westen hin vollflächig verglast. In etwa drei Meter Höhe
durchdringt ihn ein Volumen und schlängelt sich durch den Raum.
Dieser mit anthrazitfarbigem Zink verkleidete Teil nimmt Archiv,
Verwaltungs- und Büroräume der Bibliothek in sich auf. Belichtet
wird er über bodentiefe Öffnungen, die sich zu beiden Seiten zum
Lesesaal hin öffnen. Das östliche Ende des Gebäudeteils mündet in
eine Art Amphitheater.
Im südlichen Gebäudeteil sind auf zwei Ebenen drei Kinosäle, der
Mehrzweckbereich mit Café und Blick zum Bahnhof im Osten und
Ausstellungsflächen mit Blick zur Altstadt im Westen untergebracht.
Beide Volumen verfügen nur über wenige, kleinformatige Öffnungen
nach Norden bzw. Süden hin und sind zur Passage hin vollflächig
verglast. Die Passage fungiert damit nicht nur als optisches
Verbindungselement, sondern auch als gemeinsames Foyer und
Verteiler bei Veranstaltungen. Außerdem nimmt sie in ihrem Zentrum
die Touristeninformation auf.
Die Innenräume sind im Wesentlichen von Glas, Holz und weißen Betonflächen geprägt. Neben der tragenden Holzkonstruktion für die Pfosten-Riegel-Fassade zur Passage hin, ist der Lesesaal mit einer strukturierten Decke aus Holzplanken verkleidet, die für eine gute Raumakustik sorgt. Die Fassaden nach Norden und Süden hin sind in Beton ausgeführt.
Licht- / Gebäudetechnik
Das Beleuchtungskonzept des Kulturzentrums ist nicht nur auf das
Gebäude beschränkt, es bezieht alle umliegenden, bespielbaren
Freiflächen mit ein. Je nach Tageslicht und Veranstaltung können
unterschiedliche Lichtelemente programmiert und unabhängig
voneinander genutzt werden: Laternen, Bodenleuchten, in die
Sitzelemente integriertes Licht oder die Fassadenbeleuchtung. Licht
dient auch als Teil des Wegeleitsystems, so führt zum Beispiel eine
hellblau leuchtende Linie vom Bahnhof auf das Kulturzentrum zu,
durch die Passage und weiter zum Anfang der Avenue zur Altstadt hin
und markiert damit die Verbindung von Festland und Meer (siehe Abb.
10). Am Abend wird die Beleuchtung am Gebäude und auf dem Platz
heruntergedimmt, um die Anwohner nicht zu stören. Für Sicherheit
und ausreichend Licht sorgen dann punktuelle Lichtquellen am Boden
und Laternen jeweils nördlich und südlich des Gebäudes entlang der
angrenzenden Straßen.
Anstelle einer Deckenbeleuchtung kommt in der Bibliothek eine
vertikal angeordnete Grundbeleuchtung zum Einsatz. Dafür nutzen die
Architekten die tiefen Holzpfosten der Pfosten-Riegel-Konstruktion
für die Installation von senkrecht angeordneten LED-Komponenten. Es
sind speziell angefertigte Linearleuchten aus 2.600 LED-Modulen,
die mit 700 LED-Drivern betrieben werden. Die Module haben eine
hohe Farbwiedergabe (Ra > 80), eine enge
Farbtoleranz und gute Lichthomogenität bei der Aneinanderreihung.
In die Pfosten integrierte Holzlamellen, deren Abstand und
Neigungswinkel abhängig von der Raumhöhe variieren, steuern den
Lichteinfall und helfen Blendung zu vermeiden.
Über die Gebäudevolumen schlängelt sich eine Stahlkonstruktion, die
sich wie ein Band auf und zwischen die Dachflächen legt. Sie zieht
sich vom Amphitheater über die Bibliothek und die Passage bis zum
anderen Ende und ist komplett mit einer Solaranlage bestückt.
Insgesamt kommen hier 640 Photovoltaik-Module zum Einsatz, die
Strom für das Kulturhaus produzieren. Der Strom wird zu 75% für den
Betrieb von Wärmepumpen verwendet, mit deren Hilfe das Gebäude
beheizt wird. Insgesamt wurden dafür 26 ca. 190 Meter lange
Erdwärmesonden um das Gebäude herum installiert.
Bautafel
Architekten: A.S. Architecture-Studio, Paris
Bauherr: Ville de Saint-Malo, Frankreich
Projektbeteiligte: SOGEA Bretagne (Generalunternehmer); Arcoba, Aubervillers (Tragwerksplanung); T/E/S/S atelier d’ingénierie, Paris (Fassadenplaner); 8'18"Lumiere, Paris (Lichtkonzept); AVA (Akustikplaner)
Fertigstellung 2014
Standort: 2 rue Nicolas Bouvier, Saint-Malo, Bretagne, Frankreich
Bildnachweis: Hervé Coudrais, Erquy-Plages; Frédéric Baron, Paris; Luc Boegly, Paris; A.S. Architecture-Studio, Paris