Digital Craft
Modellbausatz in Übergröße
Sie sind aus Holz gefertigt, werden in kleinen Einzelteilen geliefert und ergeben zusammengesteckt ein ausgewähltes Motiv – Modellbausätze. Von Autos und Lokomotiven über Lebewesen hin zu Miniaturlandschaften ist vieles möglich. Doch lässt sich ein solcher Bausatz auch skalieren? Wie könnte ein Bausystem aussehen, mit dem man das eigene Haus Teil für Teil zusammensteckt? Diese und weitere Fragen sind Teil des Forschungsvorhabens Digital Craft, das an der Hochschule München bearbeitet wird. Unter der Projektleitung von Professor Julian Krüger wird ein Hausprototyp entwickelt, der auf einem digital geplanten und gefertigten Holzstecksystem basiert und bereits auf der BAU 2025 ausgestellt wurde.
Gallerie
Leichter Aufbau und
sortenreiner Rückbau dank
Steckverbindungen
Das Stecksystem aus
Holz besteht aus einer Primärkonstruktion, einer
Sekundärkonstruktion und einer Fassade mit Öffnungen. Gesteckte
Knotenpunkte und der Verzicht auf zusätzliche Verbindungsmittel wie
Schrauben oder Nägel ermöglichen einen nahezu werkzeugfreien
Aufbau, einen sortenreinen Rückbau oder eine Erweiterung der
Struktur. Bei dem auf der Bau 2025 ausgestellten Prototyp handelt
es sich um einen ca. 20 Quadratmeter großen Baukörper mit
Satteldach. Die Primärkonstruktion – bestehend aus vertikalen und
horizontalen Elementen – ist gut erkennbar. Von außen sind dämmende
Holzfaserplatten daran angebracht. Eine fragmentarische
Lamellenfassade zeigt, dass eine ausgefallene Verkleidung auch mit
einfachen Steckverbindungen funktionieren kann. Die Lamellen aus
recyceltem Aluminiumblech sind einfach an einer festgesteckten
Unterkonstruktion eingehängt.
Gallerie
Die Wände im Innenraum
sind mit Sperrholzplatten verkleidet. Das helle Holz und der
aprikotfarbene Bodenbelag sorgen für eine angenehme und warme
Atmosphäre. Alle Wandpaneele sind über eine besondere
Steckverbindung an der Primärkonstruktion befestigt: Ein
Arretierungsschwert wird von innen durch die Sperrholzplatte, dann
durch die horizontale Primärkonstruktion und anschließend durch die
Holzfaserdämmplatte gesteckt und mit einem Sicherheitskeil
verriegelt. So bleibt der Wandaufbau an Ort und Stelle. Ein großes
Eckfenster erlaubt Ausblicke und die spitz zulaufende Form des noch
ungedeckten Satteldachs verleiht dem Raum eine gewisse
Großzügigkeit.
Digitale Planung und
Fertigung
Das Bausystem basiert auf einem digitalen und parametrischen Gittermodell, das in seiner Form frei konfigurierbar ist: Grundriss, Kubatur, Dachform und Fensterposition und -größe sind individuell wählbar. Sobald das gewünschte Design feststeht, können alle Bauteile automatisch generiert und sofort digital gefertigt werden – ein direkter Sprung von der Planung in die Fertigung. Zum Einsatz kamen computerbasierte Werkzeuge, wie etwa eine Abbundmaschine, CNC-Fräse, Laserschneider und 3D-Drucker. Die klassischen Grenzen zwischen den Bereichen Entwurf, Gestaltung und Fertigung verschwimmen zunehmend. Mit den digitalen Werkzeugen können komplexe Material-, Verarbeitungs- und Benutzerinformationen direkt in die Entwicklungs- und Gestaltungsprozesse integriert werden. So werden auch Personen ohne Fachwissen in die Lage versetzt, einzelne Teile zusammenzustecken. Die Möglichkeit des Selbstbaus war ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung des Systems.
Gallerie
Der Fokus des Projekts
lag und liegt weiterhin auf der Erforschung der Potenziale der
digitalen Planung und Fertigung im Holzbau sowie auf der
Entwicklung neuer Fügetechniken und Prozessketten für das Bauen mit
Holz. Der ausgestellte Prototyp war ein wichtiger Prozessschritt
und diente der Dokumentation und Analyse. Ziel des Projekts ist es,
zukünftig ein digital geplantes und gefertigtes, ganzheitliches
Holzbausystem für ein kleines bis mittelgroßes Gebäude zu
realisieren. Idealerweise kann das entwickelte Bausystem dann auch
für Nachverdichtungen in Form von Erweiterungen oder Aufstockungen
von Bestand im urbanen Raum angewendet werden.
Digital Craft ist durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und von Zukunft Bau gefördert; der Abschluss ist für Herbst 2026 geplant. Projektteam: Prof. J. Krüger, B. Kemper, M. Baumgartner, A. Botsch. -jw
Bauwerke zum Thema
Tipps zum Thema
Surftipps
Downloads
Baunetz Wissen Integrales Planen sponsored by:
Graphisoft Deutschland GmbH
Landaubogen 10
81373 München
Tel. +49 89 74643-0
https://graphisoft.com