Die lebendige Stütze
3D-gedruckte Struktur aus Papiermüll und Pilzmyzel
Eine Tragstütze aus Papiermüll, die zugleich als Lebensmittelquelle dient: Ein solches Objekt ist aktuell im London Design Museum zu besichtigen. Entwickelt wurde es von Blast Studio, einem experimentellen Designstudio aus London, das sich zum Ziel gesetzt hat, Abfall in Kunst-Artefakte und nutzbare Architekturelemente zu überführen. Gegründet wurde das Studio 2018 von Paola Garnousset, Martin Detoeuf und Pierre de Pingon.
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Die Stütze mit dem Titel The Tree Column erwacht nach einer Weile wortwörtlich zum Leben. Grund dafür ist die spezielle Mischung des Druckmaterials: Es besteht aus gebrauchten Pappbechern oder Pizzakartons aus Londons Straßen, die geschreddert und in Wasser gekocht zu Papierbrei verarbeitet werden. Diese Masse wird anschließend mit Pilzmyzel gemischt und im Extrusiondruckverfahren durch einen Roboterarm Schicht für Schicht aufgetragen.
Sobald die Masse in Form gedruckt ist, zerfrisst das Myzel die Papiermasse und besiedelt die gesamte Struktur. Die daraus wachsenden Pilze können geerntet und verspeist werden. Anschließend wird die Wurzelstruktur des Myzels unter hohen Temperaturen getrocknet; übrig bleibt ein tragfähiges konstruktives Element mit natürlichen, isolierenden und feuerhemmenden Eigenschaften. Somit erfüllt das Objekt eine Mehrfachfunktion als Lebensmittelquelle und konstruktives Element zugleich und stellt zudem Papiermüll als möglichen baukonstruktiven Rohstoff in den Fokus.
Insgesamt zehn Module wurden auf diese Art gedruckt und schließlich zu einer zwei Meter hohen Stütze gefügt. Die spezielle Form wurde computergestützt nach konstruktiven Gesichtspunkten entwickelt, sodass sie sich während des additiven Herstellungsprozesses selbst trägt. Gleichzeitig wird durch die gerippte, gewundene Struktur mit Furchen und Erhebungen Feuchtigkeit entlang der gesamten Länge in die Masse eingeschlossen, was den Wachstumsprozess des Myzels unterstützt.
Die Vision von Blast Studio geht dabei weit über eine einzelne Stütze hinaus. Laut Aussage der Mitbegründerin Paola Garnousset könnten mit diesem Konzept ganze Häuser und Städte aus dem eigenen Abfall zu erzeugt und gleichzeitig Lebensmittel für die bewohnenden Menschen bereitgestellt werden. Aktuell arbeitet das Studio daran, die Technologie auf einen größeren Maßstab zu übertragen, um einen gesamten Pavillon aus Pilzmyzel herzustellen.
Das Exponat kann noch bis zum 20. Februar 2022 im Rahmen der Ausstellung Waste Age: What can design do? im renommierten Londoner Museum besichtigt werden.
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