Forensische Architektur
3D-Technologie unterstützt bei der Aufklärung komplizierter Straftatbestände
Der Einsatz von 3D-Modellierung und modellbasiertem Entwerfen gehören für viele zum Alltag bei der Planung von Architekturprojekten. Doch es gibt durchaus ergänzende Bereiche, in denen die leistungsfähige Technologie zum Einsatz kommen kann – und die wir uns kaum bewusst machen. Für die sogenannte forensische Architektur bildet sie ein wichtiges Werkzeug zur Aufklärung schwerer Straftaten, bei denen protokollierte Aussagen und recherchierte Faktenlage miteinander in Deckung gebracht oder aber Unstimmigkeiten belegbar werden. Mithilfe der 3D-Modellierung lassen sich komplette Tatorte – vom einzelnen Raum mit tatrelevanten Möbeln und Utensilien bis hin zu Häusern oder ganzen Straßenzügen – nachbauen und Fakten damit visuell untermauern.
Gallerie
Forensic Architecture heißt die Kunst- und Rechercheagentur – eine NGO unter der Führung des promovierten Architekten Eyal Weizman. Das Team hinter ihm besteht aus interdisziplinär arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Forschenden und zahlreichen Unterstützern, die architektonisches Beweismaterial für juristische und politische Prozesse aufbereiten. Dabei werden räumliche Modelle genutzt, um nicht eindeutig zuzuordnende oder auch bewusst manipulierte Ereignisse wie Terroranschläge, Polizeigewalt oder Straßenkämpfe in einen neuen zeitlichen und räumlichen Kontext zu setzen.
Die Grundlage hierfür sind frei zugängliche Quellen wie Fotos und Videos aus dem Internet. Gezeigt sind hier oftmals Situationen und Menschen, die direkt Opfer von Rechtsverletzungen wurden. Die Aufnahmen werden dann dreidimensional nachmodelliert, was eine hohe Anschaulichkeit ermöglicht und oft neue Erkenntnisse bringt. Solch interaktive Beweisführungen und die technischen Auswertungen sind erst seit dem Aufkommen der 3D-Technik möglich. Forensische Architektur ist damit ein noch sehr junger Zweig moderner Beweisführung, Faktenprüfung und Faktenfindung.
Im Laufe der vergangenen Jahre hat das Team von Forensic
Architecture eine Vielzahl von unübersichtlichen
Straftatsituationen komplett beleuchtet und damit zur Aufklärung
von Straftaten und zur Neubewertung laufender oder abgeschlossener
Verfahren beigetragen. Wie Forensic Architecture und die noch junge
Berliner Tochter Forensis arbeiten, zeigt eine eindrucksvolle
Ausstellung, die noch bis zum 11. September 2022 im Frankfurter
Kunstverein zu sehen ist. Sie widmet sich dem rassistischen
Terroranschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau, bei dem ein
rechtsextremer Amokläufer 10 Menschen und anschließend sich selbst
tötete. Auch eine Neubetrachtung des Falls Oury Jalloh, der 2005 in
einer Polizeizelle in Dessau verbrannte, ist Teil der Ausstellung
Three Doors.
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