Artenschutz am geneigten Dach

Was bei Neubau und Sanierung zu beachten ist

Planer und Bauherren müssen sowohl beim Neubau als auch bei Sanierungen gesetzliche Regelungen zum Artenschutz einhalten. Denn viele Vögel und Fledermäuse haben in Dörfern und Städten einen festen Lebensraum gefunden. Haussperlinge, Schwalben und Zwergfledermäuse z.B. sind häufig als „tierische Untermieter“ an Gebäuden anzutreffen. Sie sind keinesfalls Schädlinge, sondern sorgen vielmehr dafür, Mücken und andere lästige Insekten zu dezimieren.

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Moderne Bauweisen sowie die Anforderungen der EnEV bergen jedoch für die gebäudebrütenden Arten einige Gefahren: Energetische Maßnahmen wie gedämmte Dächer und luftdichte Gebäudehüllen lassen lose Dachziegel, Hohlräume und Ritzen verschwinden. Viele ungenutzte Dachböden werden zu Wohnräumen ausgebaut. Infolgedessen finden Tierarten wie Mauersegler und Dohlen immer weniger Raum zum Nisten. Deshalb stehen sämtliche gebäudebrütenden Fledermäuse und Vögel (außer verwilderten Haustauben) unter dem spezifischen Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG § 44). Bei jeder Baumaßnahme, wie etwa Dachneueindeckungen oder der Errichtung von Gauben, besteht die gesetzliche Verpflichtung, den Lebensraum der dort angesiedelten Arten zu schützen und zu erhalten. Seit Juni 2014 werden die Maßnahmen zum Artenschutz bei der Sanierung und beim Neubau auch von der KfW gefördert.

Um den Artenschutz zu gewährleisten, ist vorgesehen, Bauvorhaben generell so zu legen, dass sie außerhalb des Zeitraums liegen, in dem die Nistplätze bewohnt sind. Bei Zugvögeln bieten sich Herbst und Winter an, bei einigen Fledermausarten der Wechsel vom Winter- ins Sommerquartier (und umgekehrt). Doch auch in dieser Zeit dürfen die Quartiere nicht einfach zerstört werden – es muss dafür gesorgt werden, dass die Tiere nach ihrer Rückkehr einen artgerechten Ersatz vorfinden.

Ob Vögel und Fledermäuse ein Gebäude bewohnen, ist nicht leicht festzustellen, da die einzelnen Spezies unterschiedliche Schlupfwinkel bevorzugen. So finden sich beispielsweise Fledermauskolonien auf Dachböden, Schwalben mit ihren typischen Nestern unter Dachüberständen und Spatzen-Wohngemeinschaften unter Dachziegeln. Wenn nicht eindeutig feststellbar ist, ob gebäudebrütende Arten vorhanden sind, ist unbedingt ein Experte einzubeziehen, der ein Gutachten erstellt. So kann potenziellen Strafen oder gar Baustopps vorgebeugt werden. Sollte der Experte Nistplätze vorfinden, muss ein Befreiungsantrag bei der unteren Naturschutzbehörde gestellt werden. Dieser ist bei den örtlichen Baubehörden erhältlich. Nach Prüfung des Befreiungsantrags erteilt die untere Naturschutzbehörde Anweisungen, wann und wie die Baumaßnahme durchgeführt werden darf.

Doch nicht nur Formulare und Informationen zum Ablauf der Artenschutzprüfung sind bei den Baubehörden erhältlich; sie verfügen in der Regel auch über Listen mit Sachverständigen (Biologen, Forstwissenschaftler, Ornithologen). Auch regionale Biologische Stationen und Naturschutzorganisationen wie z.B. BUND, NABU und DBU helfen bei der Expertensuche; sie bieten zudem sachkundige Informationen, wenn es um geeignete Ersatzquartiere geht.

So verschieden wie die Tiere, die sie bewohnen, sind auch die Behausungen, die sie benötigen. Zum Teil kann man sie fertig kaufen, wie etwa komplette Schwalbennester im Doppelpack (weil die nicht gern allein leben) oder auch Nistkästen, die unter der Traufe befestigt werden. Darüber hinaus gibt es Bausätze und Anleitungen zum Selberbauen unterschiedlicher Fledermaus- und Vogelquartiere. Bei den Naturschutzverbänden und Initiativen erhält man zudem einfache, preiswerte Anregungen, wie sich beispielsweise Hohlräume in der Holzkonstruktion für den Artenschutz nutzen lassen: So ermöglichen Einfluglöcher im Ortbrett, dass Vögel auf den Konterlatten oberhalb der Dämmfolie nisten können. Insbesondere für Fledermäuse gibt es im Bereich der Dachdeckungen recht einfache Lösungen, wenn dahinter ein unbewohnter Dachraum liegt. Ein Lüftungsziegel lässt sich umfunktionieren: Hierzu wird das Sieb/Gitter in dem Lüftungselement mit einem Steinbohrer oder einer Zange entfernt – dadurch entsteht ein Einflugloch für Fledermäuse, das für Tauben zu klein ist. Bei Neueindeckungen von nicht ausgebauten Dachräumen kann man Fledermausziegel verschiedener Hersteller verwenden. Sie werden auf der von der Wetterseite abgekehrten Dachseite eingebaut; etwa drei bis fünf Ziegel reichen für eine Dachfläche. Gebäudeschäden sind in der Regel durch die Besiedelung mit Vögeln und Fledermäusen nicht zu befürchten, oder diese lassen sich einfach vermeiden – z.B. durch Kotbretter ein Stück unterhalb von Mehlschwalbennestern und Fledermausnistkästen.

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