Neuer Dienstsitz für zwei Bundesministerien in Berlin

Erhalt und Sanierung zweier Gebäude aus der Kaiserzeit

Historischer Bestand trifft auf moderne Arbeitswelt – so lässt sich die umfassende Sanierung der ehemaligen Deutsche-Bank Hauptgeschäftsstelle in der Berliner Friedrichstadt beschreiben. Geplant und begleitet hat die Transformation der zwei denkmalgeschützten Gebäudekomplexe das Planungsbüro KSP Engel. Dort, wo früher Kassensäle und Verwaltungsräume des Bankhauses untergebracht waren, befinden sich seit September 2023 die neuen Büros des Bundesministeriums für Gesundheit sowie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Gallerie

Baugeschichtlicher Hintergrund

Südöstlich des Brandenburger Tors entwickelte sich seit 1880 das Berliner Bankenviertel. Zu den Banken und Vermögensgesellschaften, die hier ihren Hauptsitz hatten, gehörte auch die Deutsche Bank: Ihr erstes Verwaltungsgebäude, Haus 1, entstand von 1872 bis 1874 im Karree Mauerstraße, Behrenstraße, Französische Straße und Glinkastraße. In seinem baulichen Ursprung erinnerte das fünfgeschossige Bauwerk an italienische Renaissance-Paläste – eine Anlehnung an die Ursprünge des Kapitalismus im Florenz der Medici.

Zwischen 1905 und 1910 wurden umfangreiche Umbauten und Erweiterungen durch den Architekten Wilhelm Martens vorgenommen, die zur Entstehung des zweiten Blocks, Haus 2, südlich von Haus 1 führten. Den größten Teil des viergeschossigen Gebäudes im neobarocken Stil nahm der etwa 75 x 28 Meter große Kassensaal im Westen des Baublocks, entlang der Mauerstraße, ein. Durch eine Opalglas-Kuppel gelangte Tageslicht in die Halle. Seit 1910 verbindet eine Bogenbrücke über der Französischen Straße die beiden Häuser miteinander. Je zwei Atlanten flankieren die eingeschossige Überführung auf beiden Seiten, die die vier Elemente symbolisieren: Wasser, Feuer, Luft und Erde.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden Teile des Ensembles zerstört. Die junge DDR ließ sie in den späten 1940er-Jahren unter der Leitung des Architekten Franz Ehrlich auf- und umbauen. Dabei wurden historisierende, neobarocke Elemente größtenteils entfernt und die Fassadengliederung im Stil des sozialistischen Klassizismus vereinfacht. Bis 1990 befanden sich in den Häusern das Innenministerium der DDR sowie die Volkspolizei. Später zog hier die Gauck-Behörde ein. Zuletzt dienten die Gebäude als Filmkulisse für den Dreh der Serie Babylon Berlin.

Gallerie

Behutsame Instandsetzung

Nach verschiedenen Zwischennutzungen wurden beide Blöcke zwischen 2017 und 2023 instandgesetzt. Unter Berücksichtigung der historischen Bedeutung der Gebäude und in enger Absprache mit dem Landesdenkmalamt war es den Planer*innen von KSP Engel ein Anliegen, die historische Bausubstanz weitestgehend zu bewahren und gleichzeitig eine Verbindung zwischen den Epochen von der Gründerzeit bis zur Gegenwart zu schaffen.

Gallerie

Haus 1 – Neubauspange und Cafeteria mit Glasdach

Im nördlichen, fünfgeschossigen Haus 1 befinden sich die neuen Büros des Bundesministeriums für Gesundheit. KSP Engel integrierte in den Bestand eine L-förmige, auf beiden Seiten verglaste Neubauspange, um die ursprüngliche Gebäudegeometrie aus der Kaiserzeit mit vier Innenhöfen wiederherzustellen. Entlang eines hellen Korridors reihen sich Büro-, Presse- und Konferenzbereiche. Die 380 geschaffenen Arbeitsplätze können durch Desksharing und Mobiles Arbeiten flexibel genutzt werden. Ein neuer Haupterschließungskern im Zentrum des Gebäudeblocks ermöglicht die kurze Durchquerung des Hauses auf allen Ebenen. In einem der vier Innenhöfe wurde eine Kantine angeordnet. Die leicht gewölbte, gläserne Überdachung aus einzelnen, gleichschenkligen Glas-Dreiecken ermöglicht Mitarbeiter*innen wie Besucher*innen die Sicht in den Himmel und versorgt den innenliegenden Pausenraum mit ausreichend Tageslicht. Die Sanierung des Dachgeschosses schuf zusätzlichen Platz für verschiedene Einrichtungen, darunter eine Kita mit Spiellandschaft auf der Dachterrasse.

Gallerie

Haus 2 – Rekonstruktion von Tonnengewölbe und Glaskuppel

Der südliche, viergeschossige Baublock ist heute Sitz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz stellte KSP Engel das ursprüngliche Raumgefüge mit einem zentralen Treppenaufgang wieder her. Der repräsentative Eingang war zu DDR-Zeiten durch zwei seitliche Treppenläufe ersetzt worden. Im Zuge der Sanierung wurde auch das Tonnengewölbe über der ehemaligen zentralen Kassenhalle freigelegt und als Glas-Kuppel in reduzierter Form rekonstruiert. Zuvor verdeckte eine flache Gipskartondecke das einstige Glastonnengewölbe über der nach dem Krieg als Kino genutzten Halle. Akzente aus der Kaiserzeit wie die historische Farbgebung, Stuckelemente an Bögen und Giebeln sowie das Tympanon wurden behutsam restauriert und vom Planungsbüro mit weißer Farbgebung neu interpretiert.

Die frühere Kassenhalle dient nun als Konferenzzentrum für das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Große Falt-Schiebetüren ermöglichen eine flexible Raumteilung der lichtdurchfluteten Halle.

Gallerie


Alt und Neu im Dialog

In einigen Räumen beider Gebäude wurden Eichenparkettböden sowie hölzerne Wandvertäfelungen und Türlaibungen als Zeugnisse ihrer Entstehungszeit erhalten und aufgearbeitet. Den Innenausbau aus Gründerzeit und Nachkriegsmoderne kombinierten die Planer*innen mit zeitgemäßer technischer Ausstattung und Mobiliar. Im Gegensatz zur wuchtigen äußeren Erscheinung sind die Innenräume licht und freundlich: Helle Wandfarben, großzügige Fensteröffnungen und verglaste Dachkonstruktionen sorgen für eine luftig angenehme Arbeitsatmosphäre. -sms

Bautafel

Architektur: KSP Engel, Braunschweig / Berlin
Projektbeteiligte: Dr. Ing. Pelle Ingenieurgesellschaft, Berlin / Ingenieurbüro Ulrich Grabsch, Altenburg / TWP Hochtief Infrastructure, Essen / Ingenieurbüro Doliva, Berlin / Assmann Beraten + Planen, Berlin (Tragwerksplanung); Planungsgruppe M + M AG, Leipzig / Knott & Partner VDI, Berlin (TGA-Planung); nsp Landschaftsarchitekten Stadtplaner, Hannover (Landschaftsarchitektur); Christoph Alertz, Hochtief Infrastructure, Essen (Bauphysik); TPG technische Prüfgesellschaft, Berlin (Brandschutz); Dr. Peter Lemburg, Berlin / SGR - Stefan Grell Restaurierung, Berlin (Beratung Denkmalschutz); GeoTeam Gesellschaft für Hydrologie und Altlastenerkundung, Berlin (Gebäudeschadstoffe); Drees & Sommer - Advanced Building Technologies, Stuttgart (Zertifizierung für Nachhaltiges Bauen)
Bauherr*in: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Berlin
Standort: Mauerstraße 29, 10117 Berlin
Fertigstellung: 2022 (Haus 1), 2023 (Haus 2)
Bildnachweis: Fritz Brunier und David Hiepler

Baunetz Architekt*innen

Fachwissen zum Thema

Falttüren bestehen aus einer fast schon beliebigen Anzahl von vertikalen Elementen, die über gelenkige Scharniere verbunden zu einer Art Zickzack zusammengeschoben oder – wie der Name sagt – gefaltet werden.

Falttüren bestehen aus einer fast schon beliebigen Anzahl von vertikalen Elementen, die über gelenkige Scharniere verbunden zu einer Art Zickzack zusammengeschoben oder – wie der Name sagt – gefaltet werden.

Türarten

Falttüren und Faltwände

Sie lassen sich im Zickzack zu einem schmalen Flügelpaket zusammenschieben und nehmen im geöffneten Zustand besonders wenig Raum ein.

Grabkapelle auf dem Württemberg, mit dem Opaion des Pantheons in Rom als Vorbild

Grabkapelle auf dem Württemberg, mit dem Opaion des Pantheons in Rom als Vorbild

Fensterarten

Himmelsauge

Die kreisrunden Fenster in der Mitte einer Decke, die meist als Kuppel, Wölbung, Kegel oder Konus konstruiert sind, lassen Licht von oben einfallen.

Mittelrisalit mit zwei Turmaufsätzen, dreiteilige Staffelung in Sockel, Bel Etage und Aufsatz, Oper in Zagreb, 1895 von den Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Herman Helmer erbaut. Als "Logo-Farbe" ist das Gebäude in Habsburgergelb gestrichen, genau wie das Schloss Schönbrunn, in dem der Kaiser von Österreich-Ungarn residierte. Die Eingangstür ist exakt in der Mittelachse der Schaufassade.

Mittelrisalit mit zwei Turmaufsätzen, dreiteilige Staffelung in Sockel, Bel Etage und Aufsatz, Oper in Zagreb, 1895 von den Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Herman Helmer erbaut. Als "Logo-Farbe" ist das Gebäude in Habsburgergelb gestrichen, genau wie das Schloss Schönbrunn, in dem der Kaiser von Österreich-Ungarn residierte. Die Eingangstür ist exakt in der Mittelachse der Schaufassade.

Türarten

Portal, Pforte, Portikus

Eingänge als Gesicht des Hauses

Das Portalfragment des Gemeindehauses in der Berliner Fasanenstraße erinnert an die in der Reichspogromnacht beschädigte Synagoge.

Das Portalfragment des Gemeindehauses in der Berliner Fasanenstraße erinnert an die in der Reichspogromnacht beschädigte Synagoge.

Materialien/​Werkstoffe

Spolie

Vom einzelnen Stein bis zum ganzen Portal: Spolien sind eine wertvolle Materialressource, die zugleich Auskunft gibt über die Haltung von Auftraggebern und Planenden.

Bauwerke zum Thema

Die einst offenen Höfe erinnern mit umlaufenden Galerien und Reihen von Rundbogenfenstern an Kreuzgänge in Klöstern.

Die einst offenen Höfe erinnern mit umlaufenden Galerien und Reihen von Rundbogenfenstern an Kreuzgänge in Klöstern.

Kultur/​Bildung

Oberschule IES Práxedes Mateo Sagasta in Logroño

Rundbogenfenster mit silbrig schimmerndem Edelstahlgewebe als Schutzhülle in multifunktional nutzbaren Patios

Der Torre di Santa Maria ist ein erhalten gebliebener Wachturm, der 1295 als Teil des vierten Stadtmauer-Rings der norditalienischen Stadt Udine erbaut wurde.

Der Torre di Santa Maria ist ein erhalten gebliebener Wachturm, der 1295 als Teil des vierten Stadtmauer-Rings der norditalienischen Stadt Udine erbaut wurde.

Sonderbauten

Torre di Santa Maria in Udine

Transformation eines spätmittelalterlichen Verteidigungsturms in ein vielfältig nutzbares Kulturzentrum namens „La Vetrina dell’ingegno“.

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Zum Seitenanfang

Entlang der Mauerstraße in der Berliner Friedrichstadt erstreckt sich die ehemalige Hauptgeschäftsstelle der Deutschen Bank über zwei neobarocke Gebäude.

Entlang der Mauerstraße in der Berliner Friedrichstadt erstreckt sich die ehemalige Hauptgeschäftsstelle der Deutschen Bank über zwei neobarocke Gebäude.

Büro/​Verwaltung

Neuer Dienstsitz für zwei Bundesministerien in Berlin

Erhalt und Sanierung zweier Gebäude aus der Kaiserzeit

Der Kornversuchsspeicher befindet sich in der Europacity, nördlich des Berliner Hauptbahnhofs, am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.

Der Kornversuchsspeicher befindet sich in der Europacity, nördlich des Berliner Hauptbahnhofs, am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.

Büro/​Verwaltung

Kornversuchsspeicher in Berlin

Sanierung und Revitalisierung eines Industriedenkmals

Auf dem Areal einer ehemaligen Mehlfabrik am Ufer des Suzhou und mitten in der Millionenstadt Schangai erhebt sich der von Heatherwick Studio entworfene Neubau 1.000 Trees.

Auf dem Areal einer ehemaligen Mehlfabrik am Ufer des Suzhou und mitten in der Millionenstadt Schangai erhebt sich der von Heatherwick Studio entworfene Neubau 1.000 Trees.

Büro/​Verwaltung

Geschäfts- und Bürohaus 1.000 Trees in Schanghai

Gebirge mit Bäumen

Der Planungs- und Bauprozess erfolgte über fünf Jahre in mehreren Abschnitten und ist nunmehr abgeschlossen: der Lego-Campus in Billund ist fertig.

Der Planungs- und Bauprozess erfolgte über fünf Jahre in mehreren Abschnitten und ist nunmehr abgeschlossen: der Lego-Campus in Billund ist fertig.

Büro/​Verwaltung

Campus in Billund

Kreisrunde Oberlichter und Bullaugen

Das nach Plänen vom Büro Jürgen Mayer H. umgestaltete Gebäude SW35 befindet sich in einem südlichen Stadtteil von Stuttgart.

Das nach Plänen vom Büro Jürgen Mayer H. umgestaltete Gebäude SW35 befindet sich in einem südlichen Stadtteil von Stuttgart.

Büro/​Verwaltung

Bürogebäude SW35 in Stuttgart

Camouflage-Muster auf Fensterbändern und Fassadenpaneelen

Mitten in der dänischen Stadt Vejen erhebt sich das neue Rathaus und zieht Blicke auf sich.

Mitten in der dänischen Stadt Vejen erhebt sich das neue Rathaus und zieht Blicke auf sich.

Büro/​Verwaltung

Rathaus in Vejen

Großformatige stehende Fenster mit expressiven Klinkerlaibungen

Das Carlsberg-Quartier, in dem der heutige Weltkonzern Carlsberg Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Bierproduktion begann, befindet sich mitten in Kopenhagen.

Das Carlsberg-Quartier, in dem der heutige Weltkonzern Carlsberg Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Bierproduktion begann, befindet sich mitten in Kopenhagen.

Büro/​Verwaltung

Hauptverwaltung Carlsberg in Kopenhagen

Raumhohe Fenster aus recyceltem Kupfer

Zehn Jahre nach der Errichtung des Kölner Bürohauses wurde der Innenhof, abermals nach einem Entwurf des Düsseldorfer Architekturbüros SOP, mit einen zweigeschossigen Einbau versehen.

Zehn Jahre nach der Errichtung des Kölner Bürohauses wurde der Innenhof, abermals nach einem Entwurf des Düsseldorfer Architekturbüros SOP, mit einen zweigeschossigen Einbau versehen.

Büro/​Verwaltung

Einbau in ein Bürogebäude in Köln

Haus im Haus mit drehbaren Lamellen und verschiebbaren Wänden

Architektur voller Licht: Maximal-Schiebefenster

Konkurrenzlos schmal mit vertikalen Profilansichten von 2 mm: Das Schiebefenster cero IV von Solarlux.

Partner-Anzeige