Campus in Billund

Kreisrunde Oberlichter und Bullaugen

Als 1968 in Billund, einer dänischen Kleinstadt in Südwestjütland, das erste Legoland eröffnete, eine aus Kunststoffsteinchen nachgebaute Miniaturwelt, ahnte vermutlich niemand, dass etwa 50 Jahre später Lego als einer der größten Spielzeughersteller der Welt ein Headquarter einweihen würde, das genauso bunt, lebhaft und spielerisch zusammengestöpselt wirkt. Geplant vom Architeekturbüro C.F. Moeller, ist ein ganzer Campus entstanden, der nicht nur lichte Arbeitsplätze bereit hält, sondern auch Orte als soziale Treffpunkte.

Gallerie

Geschäft und Spiel

Die bunten Kunststoffsteinchen mit kreisrunden Noppen auf der Oberseite, die sich in Aussparungen an der Unterseite weiterer Klemmbausteine drücken und auch wieder lösen lassen – ein kinderleichtes Prinzip mit nahezu unendlich vielen Kombinationsmöglichkeiten – werden inzwischen in verschiedenen Serien und Produkterweiterungen in mehr als 130 Ländern verkauft. Die Lego Group ist nach finanziellen und urheberrechtlichen Krisen wieder auf Erfolgs- und Expansionskurs und benötigte deshalb mehr Platz. Bereits vor der Corona-Krise wurde die Lieferkettenstrategie global wie regional angepasst, um nachhaltiger, umweltschonender und auch finanziell sparsamer sowie schneller auf den tatsächlichen Bedarf reagieren zu können. Es wurden beispielsweise Prototypen von Lego-Bausteinen aus PET-Flaschen hergestellt. Ein weiteres wichtiges Geschäftsmodell ist die Verknüpfung von physischen und digitalen Spielsachen.

Das Architekturbüro C.F. Moeller entwarf die neue Zentrale mit 54.000 m² für 2.000 Angestellte in Billund, dem Stammsitz der Firma seit der Gründung in den 1930er-Jahren. Der Planungs- und Bauprozess erfolgte über fünf Jahre in mehreren Abschnitten (mehr s. Bauwerke zum Thema) und ist nunmehr abgeschlossen. Der Vergleich zwischen den Entwurfsmodellen aus Legosteinen und der gebauten Realität ist dabei frappierend.

Campus als Funktionsmischung
Der Firmensitz enthält jedoch nicht nur Büroarbeitsplätze, sondern auch ein Auditorium, eine Caféteria, Gemeinschaftküchen, Spiel- und Sportbereiche, ärztliche Versorgung, ein Hotel für die internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus der ganzen Welt anreisen, ergänzt um Atrien, ein Gewächshaus auf dem Dach, sogar einen Minigolf-Parcours – alles eingebettet in einen öffentlich zugänglichen Garten.

Die Funktionsmischung ist Programm, deshalb ist das Headquarter auch kein monofunktionaler Block, sondern ein aus drei- bis viergeschossigen Klötzen mit Innenhöfen zusammengesetzter Campus. Ein Doughnut-artiger Ring sticht heraus, er beherbergt die Cafeteria. Zwei auskragende Quader in quietschgelbem Gelb thronen als Besprechungsräume auf dem begrünten Dach.

Oberlichter, Bullaugen und Fensterwände

Das Herz des Campus' ist ein großes Atrium. Eine spiralförmige Treppe à la Guggenheim New York, jedoch in Quietschgelb, erschließt die vier Ebenen und dient zugleich als Galerie und Logenplatz für Events. Dieser Raum wirkt, als sei man innerhalb eines Legosteins – denn die kreisrunden Noppen finden sich als geometrisch sauber geordnete Oberlichter an der Decke und belichten das Innere. Diese Oberlichter-Kreise werden zusätzlich durch ringförmige Laibungen plastisch betont. Die Kernprodukte des Konzerns, die Legosteine, tauchen hier gestalterisch auf, indem sie als riesige Videoscreen-Würfel von der Decke hängen.

Kreise, Quadrate und sowie Rechtecke im Format der Doppelsteine sind auch die Grundlage für die Proportionierung der Fenster. Bodentiefe Fensterwände wechseln sich ab mit Reihen kreisrunder Bullaugen, die wiederum ausgestanzten Noppen ähneln.

Die verschiedenen Fensterformate resultieren nicht nur aus den Anforderungen der unterschiedlichen Nutzungen. Mit ihren Varianten tragen sie maßgeblich dazu bei, atmosphärisch äußerst abwechslungsreiche Büroarbeitsplätze zu schaffen. Dies ist keinesfalls eine monotaktisch gerasterte Büroorganisation, die Hierarchie in der Zuordnung von genormten Flächengrößen und -zuschnitten mit entsprechenden standardisierten Büromöbeln spiegelt. Stattdessen sind die Arbeitsplätze als eine Mischung aus einzelnen und kollaborativen Clustern über den Campus verteilt. Sitzlaibungen, Sitzstufen, hölzerne Bänke mit Kissen in Primärfarben, aber auch Ohrensessel am Kamin, Tresenhocker und Sofalandschaften bilden flexible und informelle Inseln und sollen zu einem spielerisch-innovativen Denken anregen. Selbst die Deckenleuchten sind kreisrund und ähneln wiederum den Noppen.

Einige der klassischen Doppelsteine mit acht Noppen finden sich überdimensioniert als Paneele an der Fassade wieder, und zwar im Lego-typischen Farbkontrast Gelb zu Hellgrau, also Stein zu Grundplatte. Fast alle Räume werden mit Tageslicht natürlich belichtet und bieten Ausblicke in den Garten, in begrünte Höfe oder kleine Parks.

Farben, Materialien und Energie

Zugunsten einer einfachen Orientierung innerhalb des Campus haben die Treppen und Verbindungswege zwischen den acht Gebäudeblöcken jeweils unterschiedliche Töne aus der Lego-Farbpalette, beispielsweise hellgrün, lila oder rot. Diese Farbtöne finden sich dann korrespondierend im Bodenbelag.

Die Verwendung spezieller Gipskartonplatten im Innenausbau reduzierte den Verbrauch von Konstruktionsabfall und CO2-Emissionen. Für die Mülltrennung wurden zehn verschiedene Kategorien eingeführt. Das gesamte Außenmobiliar wurde aus recyceltem Lego-Kunststoffabfall gefertigt. Auf den mit robuster Fette-Henne-Pflanzen begrünten Dächern wird das Regenwasser gesammelt und für die Bewässerung der endemischen wie biodiversen Gärten genutzt. Etwa 4.000 Solar-Paneele auf einem benachbarten Parkhaus versorgen den Bürokomplex mit Energie. Der Campus ist mit dem LEED-Goldstandard zertifiziert. -sj

Bautafel

Architektur und Landschaftsarchitektur: C.F. Møller Architects, Kopenhagen
Projektbeteiligte: K.G. Hansen & Sønner, Grindsted (Konstruktion); Niras, Allerød (Fachingenieure); Randi by Eco Schulte, Menden (Türdrücker)
Bauherr/in: Kirkbi, Billund
Fertigstellung (letzter Bauabschnitt): 2022
Standort:
Billund, Dänemark
Bildnachweis: Adam Mørk, Kopenhagen; C.F. Møller Architects, Kopenhagen

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