Bauernhaus in München-Riem
Rettung und Umbau zu zwei Wohneinheiten mit Bädern aus Beton
Durch das Einfügen eines gewaltigen Betonprismas stabilisierte der Architekt Peter Haimerl ein weitgehend verfallenes Bauernhaus in München-Riem und verwandelte es in ein Wohnhaus für zwei Familien. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, rund acht Kilometer östlich des Stadtzentrums, erfuhr eine grundlegende Sanierung – 20 Jahre Leerstand hatten deutliche Spuren hinterlassen. Als eines der letzten Zeugnisse der bäuerlichen Vergangenheit Riems stand es unter Denkmalschutz; 2013 erwarb es der Immobilienunternehmer Stefan F. Höglmaier und beauftragte Haimerl mit dem Umbau.
Gallerie
Während der Wohnbereich des Altbaus noch relativ intakt war, konnten vom Stall- und Scheunenteil nur die Außenwände erhalten bleiben. Der im Schnitt quadratische, auf einer gekappten Spitze stehende neue Betonkörper stützt das Dach und die übrige Bausubstanz. Er durchdringt das Bauernhaus, verzahnt alt und neu. So entstehen außergewöhnliche Innenräume mit Wänden und Decken, die einen starken Kontrast zur restaurierten Bausubstanz bilden.
Die erste Wohneinheit (im Folgenden A genannt) nimmt den Hauptteil des Erdgeschosses und die Hälfte des Obergeschosses ein. Die zweite Wohneinheit (B) beschränkt sich im Erdgeschoss auf eine schmale Zone, teilt sich mit Einheit A das Obergeschoss und setzt sich im Dachgeschoss fort. Beide bieten rund 150 Quadratmeter Wohnfläche und werden an der zur Straße abgerückten Südostseite erschlossen: die erste Wohnung über den historischen Haupteingang, die zweite über das ehemalige Scheunentor.
Die Fassade des Bauernhauses ist mit von Hand aufgetragenem Kalkputz überzogen, die alten Sprossenfenster wurden aufgearbeitet und durch innen liegende Isolierglasflügel ergänzt. In das neu gedämmte Dach wurden Dachflächenfenster integriert und es erhielt eine neue Deckung mit Biberschwanzziegeln. Vor dem Haus, wo sich in früheren Zeiten der Misthaufen befand, steht nun eine große hölzerne Funktionsbox: Sie dient als Lagerraum, bietet Platz für Mülltonnen und Fahrräder sowie eine Sitzgelegenheit mit verschieblichem Dach.
Küche und Bad
Um die niedrige Geschosshöhe im ehemaligen Wohnbereich des
Bauernhauses auszugleichen, wurde der Boden dort abgesenkt. Die
restaurierte Haustür (zu Einheit A) führt in einen langen Flur mit
dem Wohnraum sowie einem Arbeits- bzw. Gästezimmer zur Linken.
Helle Holzdielen bedecken den Boden, die Wände sind weiß verputzt.
Ein kleines Bad und ein Gäste-WC sind zwischen Wohn- und
Gästezimmer angeordnet. Das Bad erhält Tageslicht über ein Fenster
an der Südwestfassade und ist mit einer ebenerdigen Dusche
ausgestattet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs befindet
sich ein großer Raum mit lang gestreckter Küchenzeile an der
rückwärtigen (nordwestlichen) Außenwand. Hier wurde das historische
Mauerwerk sichtbar belassen und an vier Stellen durch versetzt
angeordnete, kleine Fenster durchbrochen, um Tageslicht
hineinzuführen. Die Küchenzeile ist mit unbehandeltem Fichtenholz
bekleidet. Im Kontrast zum alten Gemäuer steht der homogen
hellgraue Boden sowie der eingeschobene Betonkörper, dessen
Untersicht Teil der Raumdecke ist. Ein steiler Treppenaufgang führt
ins Obergeschoss: Geringe Raumhöhen, Türen mit hohen Schwellen und
niedrigen Stürzen, unebene Holzdielen sowie alte Holzwände mit
Farbresten erinnern an die Geschichte des Wohnhauses. Zwei
Schlafräume, ein WC, ein Hauswirtschaftsraum und ein modernes, aus
Beton gestaltetes Bad befinden sich hier. Vor einem Lichtschacht
ist eine großzügige Badewanne in den Boden integriert, der Waschtisch
steht gegenüber.
Das ehemalige Scheunentor als Zugang zu Einheit B wurde
erneuert, die dahinter liegende Öffnung ist vollständig verglast.
Dieser Gebäudeteil wurde durch den Betoneinbau gänzlich
umstrukturiert. Die Räume sind als Split-Level konzipiert: vom
abgesenkten Erdgeschoss, in dem sich ein Gästezimmer befindet, über
eine offen gestalte Wohnküche im Obergeschoss bis hin zu einem
Wohnraum mit Galerie und zwei Schlafzimmern im Dachgeschoss. Der
Boden im Erdgeschoss ist mit Fichtenholzdielen ausgestattet, die
Treppenstufen sind ebenfalls daraus gefertigt. Wände und Decken
haben Sichtbetonoberflächen oder sind weiß verputzt. Zur
Schalldämpfung sind einige Wandflächen mit grauem Nadelfilz
versehen. Die Böden in den oberen Etagen sind mit hellgrauem
Fließestrich ausgeführt. Die historischen Kehlbalken des Dachstuhls
bleiben sichtbar und durchdringen die modernen Einbauten. Als
Reminiszenz an die verrußten Küchen alter Bauernhäuser ist im
Obergeschoss eine schwarz gestaltete Küchenzeile mit Herd in die
Wand integriert. Ihr gegenüber steht eine ebenfalls schwarze
Küchenzeile mit Spüle, deren um 45 Grad geneigte Seitenwange die
Schräge des eingestellten Betonprismas aufnimmt. Zentral im
Wohnraum des Dachgeschosses, geprägt durch viele Schrägen und
verwinkelte Raumnischen, befindet sich ein massiver Schacht mit
offenem Kamin. Eine lange hölzerne Sitzbank steht ihm gegenüber.
Der Raum ist durchweg puristisch gestaltet, die Galerie ermöglicht
Einblick bis zur Eingangsebene. An den Kaminschacht schließt ein
kleines Bad mit WC, Dusche und Waschtisch an, das sowohl über den
Flur als auch über das Elternschlafzimmer erschlossen wird.
Letzteres verfügt zusätzlich über einen Waschtisch sowie eine
geräumige Badewanne unterhalb eines breiten Dachfensters mit
Ausblick zum Himmel.
Bautafel
Architekten: Peter Haimerl Architekten, München
Projektbeteiligte: a.k.a. Ingenieure, München (Tragwerksplanung); IB Cirtec, Landshut (HLS-Planung); Hans Schelle & Söhne Bauunternehmung, München (Kalkputz Außenwand, Betonarbeiten)
Bauherr: Euroboden, Stefan F. Höglmaier, München
Fertigstellung: 2015
Standort: Stockerweg 11, 81829 München, Riem
Bildnachweis: Edward Beierle für Euroboden, München
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