Schutz gegen Lärm aus fremden Räumen
Hinweise für die Objektplanung
Zur Begrenzung des Lärms aus fremden Räumen werden laute und leise Räume nach Möglichkeit im Grundriss getrennt angeordnet. Weiterhin ist eine ausreichende Schalldämmung der trennenden und flankierenden Bauteile zu gewährleisten. Der Nachweis der Mindestanforderungen erfolgt nach DIN 4109-1: Schallschutz im Hochbau – Teil 1: Mindestanforderungen bzw. DIN 4109-2: Schallschutz im Hochbau – Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen oder Beiblatt 1 zur Norm DIN 4109. Üblicherweise wird die Luft- und Trittschalldämmung der maßgebenden bauakustischen Systemgrenzen nachgewiesen (z.B. Wohnungstrennwände und -decken, Treppenraumwände, Treppenläufe und ‑podeste, Wohnungseingangstüren, Haustrennwände usw.).
Gallerie
Das Bau-Schalldämm-Maß einschaliger Bauteile hängt maßgeblich von der flächenbezogenen Masse ab. Zur Masse einschaliger Bauteile zählen baulich verbundene Schichten dazu, wie Putze oder Verbundestrich. Der Putz muss hierbei „nass” eingebaut worden sein (kein „Trockenputz”). Weitere Einflussfaktoren sind die Schallausbreitung über flankierende Bauteile und möglicherweise im Gefüge vorhandene Undichtigkeiten und Hohlräume. Undichtigkeiten treten bei einschaligen Wänden vorwiegend im unverputzten Zustand auf, oder bei unplanmäßigen Spalten und Öffnungen.
Zwei- und mehrschalige Bauteile wie zum Beispiel eine Massivdecke mit schwimmendem Estrich oder eine doppelte Haustrennwand mit Fuge sind durch die der Schallausbreitung zugrundeliegenden Schwingungsvorgänge komplexe Systeme. Im physikalischen Modell werden sie durch zwei gekoppelte Massen beschrieben. Die Trennfuge mit ihrem bauüblichen, relativ geringen Abstand überträgt die Schwingungen des einen Bauteils auf das andere und wirkt dabei als Feder. Dieser Anregungseffekt lässt sich durch Füllung der Trennfugen mit Dämmstoffen etwas dämpfen, aber nicht verhindern.
Bei Masse-Feder-Systemen ist der Resonanzeffekt zu beachten. Resonanz bedeutet, dass bei einer bestimmten Frequenz die Amplituden der angeregten Masse größer werden als die Amplitude der Anregung selbst. Die Resonanzfrequenz, bei der dieser Effekt auftritt, hängt ab von der Bauteilmasse, dem Schalenabstand und der dynamischen Steifigkeit einer möglicherweise vorhandenen Dämmschicht. Sie kann nach der Tabelle 1 aus dem Beiblatt 2 zur Norm DIN 4109 berechnet werden.
Die Schalldämmung mehrschaliger Bauteile hängt stark von der Frequenz ab: Bei Frequenzen unterhalb der Resonanzfrequenz entsprechen zweischalige Bauteile in ihrer Schalldämmung einem einschaligen Bauteil. Im Bereich der Resonanzfrequenz kann es zu einer erhöhten Schallübertragung und zu unerwünschten Nebengeräuschen kommen. Erst oberhalb der Resonanzfrequenz wird die zusätzliche Luft- und Trittschalldämmung der zweischaligen Bauweise wirksam.
Daher sollte bei zweischaligen Konstruktionen die Resonanzfrequenz rechnerisch so niedrig wie möglich eingestellt werden. Ein typisches Beispiel für die frequenzabhängige Dämmwirkung ist das sogenannte „Estrichdröhnen” bei Stahlbetondecken mit schwimmendem Estrich. Trittgeräusche mit bestimmter Anregungsfrequenz führen zu gut wahrnehmbaren, dröhnenden Geräuschen im darunterliegenden Raum. Aufgrund des zweischaligen Systems lässt sich das Estrichdröhnen bei Stahlbetondecken mit schwimmendem Estrich physikalisch nicht verhindern. Durch die höhere Masse moderner Estriche mit integrierter Fußbodenheizung nimmt dieser Effekt jedoch zu. Um die Störwirkung zu reduzieren, sollte angestrebt werden, eine Dämmschicht mit ausreichend geringem dynamischen E-Modul und ausreichender Dicke anzuordnen. Eine ähnliche Frequenzabhängigkeit tritt auch bei der nachträglichen Verbesserung einschaliger Wände auf, zum Beispiel bei Bestandsgebäuden. Beim Einbau von Vorsatzschalen ist auf eine ausreichende Dicke der Fuge zwischen den beiden Schalen zu achten, damit sich die gewünschte schalldämmende Wirkung oberhalb einer möglichst geringen Resonanzfrequenz einstellt.
Zur Sicherstellung der Trittschalldämmung zwischen fremden Bereichen ist eine zweischalige Bauweise grundsätzlich erforderlich. Die entsprechende bauliche Trennung wird auch als „schalltechnische Entkoppelung” bezeichnet. In der folgenden Tabelle 9 werden die maßgeblichen Anwendungsfälle zusammengestellt:
Tab. 9: Zur Trittschalldämmung erforderliche schalltechnische Entkoppelung: Übersicht wesentlicher Anwendungsfälle
Haustrennwände zwischen Doppel- oder Reihenhäusern werden zweischalig mit Trennfuge ausgeführt. Die bauliche Trennung reduziert die Übertragung von Trittschall aus Decken und Treppen in benachbarte Wohnbereiche und ist auch bei der Dachkonstruktion und bei der Verblendschale von zweischaligem Verblendmauerwerk erforderlich. Fundamentbereiche werden baupraktisch nicht schalltechnisch entkoppelt, da der Körperschall ohnehin im angrenzenden Baugrund weitergeleitet wird und eine Fundamenttrennung nur teilweise wirksam wäre. Außerdem können unterschiedliche Gebäudesetzungen auftreten. In der Norm DIN 4109-1:2018 werden für Reihen- und Doppelhäuser daher an die Trittschalldämmung der Bodenplatten geringere Anforderungen gestellt als an die horizontale Trittschalldämmung von Decken oder Treppenläufen und -podesten. Unplanmäßige Schallbrücken durch Fremdkörper in der Schalenfuge (zum Beispiel versehentlich hineinfallende Baustoffreste) sind unbedingt zu vermeiden, da sie die trittschallmindernde Wirkung der Trennung erheblich reduzieren können.
Treppenläufe und Podeste in Geschossbauten müssen schalltechnisch entkoppelt eingebaut werden. Die Entkopplung verhindert die Trittschallübertragung von den Treppen über die Treppenhauswände oder Deckenplatten in fremde Bereiche. Häufig werden Stahlbeton-Fertigteile mit geeigneten Entkopplungselementen verwendet (Abb. 1). Die Trennung des schwimmenden Estrichs auf der Podestplatte ist durch Randdämmstreifen sicherzustellen (Abb. 2).
Auf Geschossdecken einwirkender Trittschall wird lotrecht und horizontal übertragen. Zur ausreichenden Trittschalldämmung ist in beiden Fällen eine Stahlbetondecke mit schwimmendem Estrich erforderlich. Zur Reduzierung der horizontalen Trittschallausbreitung werden die Estrichbereiche zu den Treppenhäusern hin im Türbereich baulich getrennt. Trittschalldämmung und Randdämmstreifen müssen in allen Fällen sachgerecht und sorgfältig ausgeführt werden, damit keine Schallbrücken entstehen. Trittschallreduzierende Schallbrücken sind nachträglich schwierig zu lokalisieren, ihre Instandsetzung ist aufwändig und führt zu erheblichen Belastungen der Bewohner und Bewohnerinnen. Zur Sicherstellung der erforderlichen Qualität ist daher eine Fremdüberwachung der eingebauten Trittschalldämmung und des Randdämmstreifens vor dem Estricheinbau empfehlenswert (Abb. 3). Nur in wenigen Fällen ist eine vollständige Trennung nicht möglich, beispielsweise bei Abläufen von Duschen oder Badewannen.
Für den Nachweis der Schalldämmung werden die Rechenwerte für das bewertete Schalldämm-Maß und den bewerteten Norm-Trittschallpegel von mehrschaligen Wänden und Decken den „Bauteilkatalogen” (Norm DIN 4109-31:2016 bis DIN 4109-36:2016) bzw. DIN 4109 Beiblatt 1:1989 entnommen. Die Einhaltung der Werte kann durch Überprüfung des tatsächlich vorhandenen bewerteten Bau-Schalldämm-Maßes bzw. des vorhandenen bewerteten Norm-Trittschallpegels im Rahmen einer baubegleitenden Qualitätssicherung (DIN 4109-11) erfolgen. Die schalltechnische Messung sollte durch eine sachverständige Prüfstelle erfolgen, die regelmäßig an Ringversuchen teilnimmt.