Typology of Intimacy
An Emotional Catalog of Booths
M Books, Weimar 2022
Texte in englischer Sprache
160 Seiten mit 70 farbigen und drei schwarz-weißen Abbildungen sowie sechs Zeichnungen
14,8 × 21 cm, Broschur mit Schutzumschlag und zwei beiliegenden Aufklebern
Preis: 23 EUR
ISBN 978-3-944425-25-2
Bude, Stand, Kabine, Kapsel, Zelle, Nische – für das englische Wort „booth“ gibt es viele mögliche Übersetzungen, von denen jede nur einen Teil der ursprünglichen Wortbedeutung wiedergibt. Der Architekt und Publizist Francisco Moura Veiga hat solchen mehr oder minder visuell und akustisch abgeschirmten, kleinen Räumen ein eigenes Büchlein gewidmet. Auf dem schlichten, schwarzen Einband steht in weißen Serifenlettern lediglich der Titel: Typology of Intimacy. Eine Überschrift, die neugierig macht, da es hier um die Verbindung von rationalem Ordnungsdenken und einem inhärent subjektiven Gefühlszustand zu gehen scheint.
Sowohl das Buch als auch eine Serie temporärer Installationen, die der Herausgeber realisiert hat, entstanden 2020 im Rahmen einer Ausstellung in Basel. Zu diesem Anlass plante Veiga eine multifunktionale Kabine mit dem Titel „Booth for All Trades, La Cabine Absolut Pour Tous Echanges Intimes“, die im Raum M54 aufgestellt wurde. Diese Kleinstarchitektur war unter anderem Fotokabine, Telefonzelle und Leseecke zugleich. Eine zweite Installation mit dem Titel „Hiding Booth“ folgte 2022 in der Galerie M Books in Weimar, in deren angegliedertem Verlag auch das Buch erschienen ist. Veiga zufolge sei die Publikation mehr als eine Dokumentation dieser räumlichen Auseinandersetzungen mit Architektur gewordener Intimität. Es sei der Kern seiner Beschäftigung mit dem Thema.
Bereits beim ersten Blättern fällt angesichts des kompakten Formats eine eindrucksvolle inhaltliche Dichte auf. Auf eine Einleitung des Herausgebers folgt ein kurzes Interview mit dem Psychoanalytiker und -therapeuten Vasco Santos über die mögliche Bedeutung von Intimität. Vascos assoziative, bewusst uneindeutige Antworten setzen den Tonfall für den Rest der Publikation. In dem darauffolgenden Kapitel „Questions of Typology“ erzählen acht Nutzer*innen von ihren Erfahrungen mit unterschiedlichen „booths“. Dabei reichen die persönlichen Berichte vom Beichtstuhl bis zur Peep-Show. Die zweite Hälfte des Buches nennt sich „Emotional Catalog“ und ist der Frage gewidmet, welche Räume noch als „booth“ interpretiert werden können. In jeweils ein paar Abbildungen und einem kurzen Text – manchmal nicht länger als wenige Wörter – interpretieren 31 Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Architekt*innen, Fotograf*innen und Wissenschaftler*innen die Typologie. Das Ergebnis ist ein facettenreiches Potpourri aus Fotografien, Zeichnungen und Auslegungen, das zur eigenen Interpretation des Begriffs anregt.
Ein charmantes Detail sind zwei beiliegende Aufkleber im Stil
der berühmten typologischen Tafeln des klassizistischen Architekten
Jean-Nicolas-Louis Durand aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die
Aufkleber zeigen feine Linienzeichnungen der beiden von Veiga
realisierten Kabinen. Aufmerksam Lesende werden bemerken, dass auf
der Innenseite des Schutzumschlags insgesamt acht leere Felder in
exakt derselben Größe wie die Aufkleber zu finden sind – zwei davon
mit den Namen der „booths“ beschriftet. Die Publikation ist also
nicht nur ein Katalog, sondern auch ein Sammelalbum. Die sechs
leeren Felder lassen hoffen, dass es bald weitere Kabinen geben
wird. -np